Mittwoch, 30. März 2011

Marco und sein Spielzeug


Mitten während eines Gewitters ein weiterer Donnerschlag, wenn auch etwas anders. 10 Minuten später lautes Geschrei am Hospitaleingang. Eine kreischende Mutter bringt ihren 7-jährigen Sohn im Schockzustand zur Notfallaufnahme. Von beiden Händen gibt es nur noch wenige Reste und das Kind ist blutüberströmt. Wir ziehen alle Register. Beiden Lungen sind kollabiert und bluten. Das Gesicht, der Hals und der Brustkorb zeigen tiefe Wunden, der Brustkorb ist offen und blutet aus großen Gefäßen und beide Augen sind durchlöchert.
Der Junge hat eine Stange Dynamit gefunden und in der Hundhütte neben seinem Haus mit einem Streichholz entzündet. Da half auch nicht, dass es die Stange im Sand verbuddeln wollte. Seinem Vetter, der dahinter stand, erging es nicht ganz zu schlimm.
Jetzt ist gut eine Woche vergangen. Die Hände sind beide am Handgelenk amputiert, die Lungenwunden sind am Verheilen, er braucht kein Beatmungsgerät mehr und ist fieberfrei. Auch die tiefen Wunden in Gesicht, Hals und Brustkorb heilen erstaunlich gut. Ein Auge hat sich soweit erholt, dass er Gegenstände erkennen kann, mit dem anderen sieht er (noch?) nicht.
Die Entlassung steht an. Jetzt ist die Frage, wie es weiter geht. Eine Welle der Hilfe ist angelaufen. Drei Fernsehstationen waren im Krankenhaus, um Geld für die Behandlung zu suchen.
Für das Kind beginnt jetzt ein langer Prozess eines anderen Lebens. Da werden wir viel Geduld und Hilfe brauchen: Zwei Prothesen als Handersatz, vielleicht weitere Operationen, um die Unterarme zu einer Greiffunktion umzubilden. Die Augen brauchen sicher noch viel Hilfe.
In allem aber zeigt sich auch ein familiäres Drama. Das Kind stammt aus einer kurzen Liebschaft der Mutter mit einem Militär, der längst eine andere Frau und Familie hat. Ein neuer "Mann" zog ins Haus, der wenig Verantwortung zeigte und sein Dynamit zu Fischen im Schuppen versteckt hat. Das wird jetzt nicht mehr zum Fischen gebraucht. Aber jeder der Erwachsenen denkt an sich, nicht aber an die Kinder und so ist das Unglück passiert. Jetzt kam es zu einer teuren Lehre. Der Vater des Kindes hat jetzt die Vaterschaft offiziell an den neuen Vater abgetreten, den "schwarzen Peter weiter gegeben bis hin zur offiziellen Namensänderung und sich aus dem Staub gemacht.

Leben zwischen zwei Extremen

Wir arbeiten in einem Ausbildungskrankenhaus. Bei uns gehen Medizinstudenten und Ärzte in der Facharztausbildung ein und aus. Auch viele andere Mitarbeiter unseres Hospitales machen ein Zusatzstudium. Etwa als Schwesternhelferin studieren sie nebenberuflich, um das Schwesternexamen abzulegen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie wissbegierig Ecuatorianer sind. Sie wollen aufsteigen, belegen Fernkurs an der Uni, um sich neben der Arbeit fortzubilden. Diese Menschen zeigen ein zielstrebiges Leben. Es sind vor allem die Frauen, die heutzutage ein Hospital prägen. Auch der Arztberuf ist in Ecuador zu über 50% weiblich bestimmt. Und sie leisten Großes. Wenige in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner sind verheiratet und noch weniger von ihnen haben Kinder. Wenn doch, dann betreut die Oma oder eine Hausangestellte das Kind, denn die dreijährige Facharztausbildung ist anstrengend mit durchschnittlich jeder 3. Nacht Rufdienst. Bei den Krankenschwestern sieht es nicht viel anders aus. Fragt man diese Menschen nach ihrer Motivation, so ist es klar, dass frau heute einen Beruf haben muss. Sie will eigene Sicherheit haben, falls die Ehe schief geht und sie will sich selbst verwirklichen. Diese Ziele sind den jungen Menschen seit dem Kindergarten eingetrichtert worden. Sie sind widerspruchsloses Allgemeingut geworden. Nachteil: Keine Zeit für Familie, wenig Zeit zum Zusammenwachsen als Ehepaar, hohe Scheidungsrate auch unter Christen. Ein ständiges Suchen nach einer guten Arbeitsstelle, aber dafür ein höherer Lebensstandard.

Das andere Extrem erleben wir in unserer Quichuagemeinde in Mondayacu am Rande des Urwaldes. Auch dort gehen alle auf die Schule, aber der Standard ist nicht so hoch, dass man in die großen Städte zum Studieren gehen kann. Die wenigen, die es versucht haben, sind gescheitert oder haben die Verbindung zum Dorf verloren. Also gibt es zwei Chancen. Man studiert an einer nahen Universität, aber nur schleppend, weil es etwas kostet und man mit dem Abschluss auch nicht automatische eine Arbeit findet. Besser gleich arbeiten gehen, aber für einen Hungerlohn. Dann reicht es für ein Handy und ab und zu ein Fest. Solchen Jugendlichen etwas von Lebensplanung erzählen zu wollen ist wie gegen eine Wand zu reden. Sie suchen lustlos Arbeit, am besten über Beziehungen, nicht über Ausbildung und zu einer Familie reicht es auch nicht. Zwar möchten sie Kinder haben und viele Mädchen fangen damit schon während der Schulzeit damit an, was zur Unterbrechung ihrer Schulzeit führt, aber geheiratet wird gar nicht oder erst sehr spät. Es gibt zwar viel mehr Kinder im Dorf als in den Städten, aber wenige wirklich intakte Familien, egal ob sie Christen sind oder nicht. Man lebt in den Tag hinein immer auch der Suche nach dem Geld für morgen.

Im Gleichnis vom reichen Jüngling zeigt Jesu, wie schwer es für Reiche ist, ins Reich Gottes zu kommen und zu einem erfüllten Leben. Wir müssen die richtige Lebensentscheidung fällen, dann werden wir im Sehen leben, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten. Reich sind die einen wie die anderen, die einen haben mehr Geld, haben ihren Beruf, konzentrieren sich auf Karriere, Haus etc. Den anderen ist der Geldverdienst auch so wichtig, dass sie Familie und Zukunft vergessen. Wie schwer ist es doch für beide Gruppen, ins Reich Gottes zu kommen. Und wir merken, wie schwer wirkliche Verkündigung ist. Wir können sie nur vorleben.

Montag, 28. März 2011

Kindersterblkichkeit in Ecuador

Seit Wochen hält ein Thema in Ecuador die Gemüter in Bewegung, die Sterblichkeit von Neugeborenen. Die Regierung hat sich Ziel gesetzt, alle Schwangeren einschließlich Geburt und die Kinder bis zu 5 Jahren kostenfrei zu betreuen. Die Kosten trägt das staatliche Gesundheitssystem. Und so haben Privatkliniken dagegen einen schweren Stand. So sind die meisten Frauen zu staatlichen Einrichtungen gegangen, um dort ihr Kind zur Welt zu bringen. Doch die waren oft überfordert. Ecuador weist bei 14 Mio. Einwohnern fast halb so viele Geburten auf wie Deutschland mit über 80 Mio. Bewohnern, nämlich 279 000 Geburten im letzten Jahr. Doch seit einiger Zeit kriselt es in den großen Geburtszentren. In Guayaquil, der großen Hafenstadt am Pazifik, starben eine Reihe Neugeborener durch eine nachgewiesene übertragene Infektion. Das hat zu Schlagzeilen geführt und eingehenden Untersuchungen. Ein Ergebnis war, dass der Keim in den Seifenspendern saß und von dort weiter verbreitet wurde. Ein weiterer kleinerer Skandal zeigte sich im Süden in Cuenca und in Loja und schlie0lich in Santo Domingo. Letztere Stadt ist die schnellst wachsende Region des Landes, neu gekürte Provinzhauptstadt, Drogenumschlagszentrum und Stadt mit viel Kriminalität. Dort platzt alles, von der Verkehrsplanung, über kontrollierten Wohnungsbau bis hin zum Krankenhaus aus den Nähten. Im dortigen staatlichen Krankenhaus wurden Neugeborene in Kartons gelegt, mussten sich zwei einen Platz in einer Wärmhalteeinheit teilen. Und entsprechende Probleme gab es, die die Regierung mit werbewirksamen Aktionen zu übertünchen versuchte. Das alles waren neuralgische Punkte, die sicher nicht den normalen Alltag des Landes darstellten, aber für Schlagzeilen sorgten. Die Seifenspender wurden ausgewechselt, neue Geräte wurden eiligst angeschafft. Jetzt geht die Regierung zu Gegenangriff über und zeigt die internationalen Erfolge auf.
Im Vergleich steht Ecuador bei der Kindersterblichkeit in Lateinamerika genau im Mittelfeld. Nummer eins und alle in den Schatten stellend ist Kuba mit 0,3% = 3 Kinder auf 1000 Geburten und Schlusslicht Bolivien mit 2,2 und weit abgeschlagen Haiti mit 2,7% Kindersterblichkeit. Man muss wissen, dass in dieser Statistik alle Kinder enthalten sind, die auch nicht überleben können, weil sie einen schweren Herzfehler, eine andere schwerwiegende erbliche Erkrankung haben und die ersten 28 Tage nicht überleben. Das ist in Deutschland anders, weil viele dieser Kinder vorher schon abgetrieben werden. Ein direkter statistischer Vergleich ist deswegen nicht möglich. Aber Ecuador liegt immer noch vor Brasilien, das natürlich mit seinem riesigen Gebiet und vieler ländlicher Regionen Probleme mit der Gesundheitsvorsorge aufweist. Abgeschlagen in Lateinamerika sind Guayana, Bolivien und Haiti, aber das hat politische Gründe.
Ecuador liegt im ranking in der Mitte, aber das ist kein Ruhmesblatt füe eine sozialistische Regierung, die führend sein will. Sie hat eine wichtiges Instrument, die Zukunft des Landes, die Neugeborenen in die Hand genommen. Doch an vielen besonders kritischen Punkten war sie überfordert oder hatte schlechte Berater. Die Schlagzeilen haben sie aufgescheucht. Doch noch gibt es keinen Grund, sich zufrieden zurück zu lehnen. Jeder Säugling der stirbt, warum auch immer, ist einer zuviel. Und das wissen die Menschen hier, besonders die Eltern.

Sonntag, 20. März 2011

Wenn zwei das Gleiche haben......

Diese Woche hatten wir ziemlich viele Patienten. Es kamen viele Unfälle, jede Menge Patienten mit Bauchschmerzen aus den verschiedensten Gründen und viele geplante Operationen nach Feiertagen zu Fasching. Und so hatten wir, was äußerst selten vorkommt, alle Betten belegt. Unter den Patienten war einer mit einer ernsthaften Knochenvereiterung. Der musste isoliert werden, bekam während der Operation einen äußeren Spanner zur Knochenstabilisierung und eine spezielle Antibiotiumtherapie. Dieser Patient David ist seit langer Zeit unser Patient. Er hatte vor 8 Monaten sein Bein auf Oberschenkelhöhe durch einen Motorradunfall zu 80% amputiert. Der Erhaltungsversuch war positiv, aber nach Entfernung alle äußeren Hilfen war der Oberschenkel wegen erneut aufflammender Entzündung wieder gebrochen. Hoffentlich heilt er jetzt.
Aber Daniel ist engagierter Christ und arbeitet mit anderen Missionaren im Gemeindebau hier in Oriente Ecuadors zusammen. Seine Freunde kümmern sich rührend um ihn und bezahlen auch große Teile der Rechnung.
Und da ist da Walter. Das ganze Gegenteil. Beide sind ähnlich alt, aber Walters Leben ist eine Serie von Problemen, vor allem mit Drogen. Und so wurde er mit einer Gruppe Freunden verletzt, als ein Auto mehrere Personen erwischte. Walter wurde mit Oberschenkelbrüchen beidseits schließlich operiert, war aber von Anfang an nie schmerzfrei. 2 1/2 Monate später kam er zu uns mit völlig instabilen Frakturen und Fieber. Wir entfernten den infizierten und verbogenen Marknagel, schienten durch äußeren Spanner den Knochen - und legten ihn aus Platzmangel neben David. Es stellte sich heraus, dass sie beide den gleichen multiresistenten Keim haben (Staphylokokkus aureus).
Und zwei, die isoliert sind, nicht einfach das Zimmer verlassen und sich zu anderen Patienten gesellen dürfen, haben viel Zeit, sich miteinander zu unterhalten. So haben sich beide viel von einander erzählen können. Das hat Walter neugierig gemacht. Da ist einer viel schlimmer dran als er selbst und klagt nicht, hat Schmerzen, aber hat eine Hoffnung, weil er eine Perspektive im Leben besitzt, die ihm selbst abhanden kam. So kam Walter an den Punkt, sein Leben zu überdenken und hat eine Entscheidung gefällt, Jesu nachzufolgen und sich von ihm leiten zu lassen. Seine Mutter ist Mitglied einer Gemeinde weiter südlich im Oriente. Diese Gemeinde betet für den "verlorenen Sohn" und hat auch eine große Kollekte zur Deckung der Krankenhauskosten veranstaltet. Wir sind gespannt aus das Dauerergebnis, denn Seelenregungen sehen wir oft, aber mit wenig Tiefgang. Walter braucht gerade jetzt unser Gebet. Wenn zweie das Gleiche haben und isoliert sind, kann das auch manchmal ein Segen sein.

Wo ist die Grenze?

Nachbarn mögen sich oft nicht besonders und es bedarf einer Kleinigkeit, da fallen einem sofort die Sünden des Andern ein. So bauen sich Konflikte auf, die meist sehr schwer zu beenden sind. Das gilt auch für ganze Staaten. Und ganz besonders Lateinamerika ist ein Konglomerat von Staaten, die sich oft genug bekriegt haben. Erst vor 11 Jahren haben Ecuador und Peru offiziell Frieden geschlossen nach dem letzten Krieg in den 90-er Jahren, der immerhin 6 Wochen gedauert hat.
Nach wie vor aber streiten sich Peru und Chile. Zwar ist die Grenze seit dem Salpeterkrieg 1879 festgelegt, in dem Bolivien seinen Zugang zum Meer endgültig verlor und die bolivianische Martine nur noch auf dem 3 800 m hohen Titicacasee üben kann. Doch auch Peru und Chile sind sich bis heute spinnefeind. Denn seit gut 30 Jahren haben fast alle Staaten der Erde die Grenzen neu definiert und weit ins Meer hinein geschoben. Begannen vorher internationale Gewässer schon wenige Meilen vor der Küste, wurden diese Stück um Stück auf inzwischen 200 Seemeilen also über 320 km ausgedehnt. Das hat zwei Gründe: Längst ist die Fischindustrie ein wichtiger Bestandteil der Volkswirtschaften geworden, vor allem vor der Pazifikküste Südamerikas im kalten Humboldtstrom. Und als zweites weiß man nie, was der Meeresboden alles an wertvollen Stoffen einschließlich Erdöl enthält. Also haben alle Küstenstaaten mittlerweile diese 200 Seemeilenzone eingeführt und das ist der Streitpunkt zwischen Peru und Chile, in dem Ecuador eine Vermittlerrolle zufällt, bevor das vor den dafür vorgesehenen internationalen Schiedsgerichtshof in Den Haag in den Niederlanden gebracht werden soll.
Warum aber dieser Streit? Nun, an der Grenzstadt Arica, der nördlichsten Stadt Chiles macht das Meer einen Knick nach Westen, wenn man aus Peru kommt. Chile behauptet: Wenn man von der Küste aus horizontale Linien parallel zum Äquator zieht, erhält man eine Karte, die unabhängig von der Form der Küstenlinie ist und das wäre unabhängig von jeweiligen Standorten und klar zuzuordnen.
Peru dagegen zieht von jedem Punkt der Küste eine Linie 90° zum Land und misst dann die 200 Seemeilen und kommt so an der Grenze zu einem Verlauf, der viel weiter nach Süden reicht. Peru wäre bereit, das strittige Gebiet an der Grenze zu teilen. So streiten sich beide Staaten um ein Gebiet von ca. 35 000 km2. Derzeit ist es, wie gesagt ein Streit ums Prinzip, aber wer weiß, was das in der Zukunft noch alles birgt.
Ecuador hat ein Interesse an parallelen Grenzverläufen zum Äquator, weil sich sonst das gleiche Problem mit Peru ergibt, nur dass es um ein geringeres Gebeit geht.
Im Vertrag von Jamaika von 1981 haben die Staaten zwar unterschrieben, nicht in fremden Gewässern zu fischen, aber damals dachte man nicht an evt. Bodenschätze. Oft genug haben sich Wüsten wie die Atacamawüste oder andere scheinbar nutzlose Landschaften später als besonders wertvoll erwiesen. Und so geht der Streit weiter, soll aber noch dieses Jahr in Den Haag entschieden werden. So oder so, der Streit in den Köpfen der Menschen aus Peru oder Chile wird so schnell nicht vergessen sein, Er hat eine lange Geschichte. Aber eines scheint sicher. Deswegen wird es heutzutage wohl keine kriegerische Auseinandersetzung mehr geben. Gut, dass es internationale Schiedsstellen gibt.

Verkehrspolitik in Ecuador

Viele Autos auf den Straßen ist ein Zeichen für einen gewissen Wohlstand eines Volkes. Vor 20 Jahren kamen nur wenige Ärzte unseres Krankenhauses in Quito mit dem eigenen Fahrzeug zur Arbeit. Heute suchen die Medizinstudenten schon einen Parkplatz in Hospitalnähe. Gab es vor 20 Jahren in der Provinzhauptstadt Puyo in der Nähe von Shell noch nicht mal einen Kühlschrank zu kaufen, hat ein vor zwei Jahren eröffneter Autoverkäufer den nationalen Rekord von 136 verkauften Neufahrzeugen in der ersten Woche geschafft. Autos sind derzeit gefragt wie nie zuvor. Aber damit müssen auch die Regeln des Verkehres verschärft werden. Und das merkt man allenthalben.
Quito ist verkehrsmäßig so verstopft, dass seit fast einem Jahr "Pico y Placa" eingeführt wurde. Je nach Endnummern des Nummernschildes gibt es einen Werktag in der Woche, an dem man zu den Spitzenzeiten morgens und abends das Auto nicht benutzen darf. Und Tausende haben da schon saftige Strafen bezahlt. Das Fahrzeug wird dann bis zu drei Tagen aus dem Verkehr gezogen.
Falsch geparkte Autos werden derzeit in den großen Städten rasch abgeschleppt. Die Polizei kommt mit dem Abschleppwagen - zwei Photos als Beweise und nach 10 - 15 min ist das Auto zu einem Sonderparkplatz der Polizei unterwegs. Da gibt es kein Verhandeln mit dem Polizisten mehr, kein Schmiergeld, um das zu verhindern.
Der Führerschein muss hierzulande alle 5 Jahre erneuert werden. Dazu gehört eine schriftliche Prüfung und ab einem bestimmten Alter auch ein Reaktionstest. Ab 65 Jahre muss die Fahrerlaubnis alle 2 Jahre erneuert werden. Jeder Fahrer besitzt 30 Punkte, die er und sie bei Verstößen verliert. Bei Null ist der Führerschein ungültig. Bisher hat die Polizei zwar die Strafzettel ausgefüllt, vielfach aber die Daten nicht in die zentrale Datei eingegeben, so dass man mit einem blauen Auge davon kam. Das hat sich aber geändert. Es gab Taxifahrer, die schon minus 90 Punkt auf dem Konto hatten und trotzdem noch fuhren. Das ist jetzt zu Ende. Unklar ist derzeit nur, wann und wie man verlorene Punkte wieder zurückgewinnen kann.
Jetzt geht die Polizei den Busfahrern nach. In den Städten sind die Unfälle mit Bussen stark zurück gegangen. Die Überwachung ist besser. Jetzt fahren hier und da Polizisten in zivil die ganze Strecke mit und schreiben die Vergehen des Fahrers auf. Bleibt noch die Kontrolle der Überlandbusse. Monatlich einmal erleben wir einen schweren Busunfall mit oft vielen Toten.
Und es wird auf der anderen Seite viel getan, um die Strassen sicherer durchgängiger zu machen. Hier und da entstehen Umgehungsstrassen, werden Hauptverkehrsachsen mehrspurig ausgebaut. Da zahlt man dann gerne auch eine Mautgebühr, wenn man erkennt, was mit dem Geld gemacht wird.
Bewährt hat sich auch eine kleine obligatorische Autoversicherung, die der Staat vor 3 Jahren eingeführt hat. Man zahlt im Schnitt so ca. 50 Dollar pro Jahr ein. Damit ist das Auto versichert und jeder Mensch, der innerhalb oder außerhalb dieses Fahrzeuges bei Unfall verletzt wird, ist bis zu einer Höhe von $ 2.500,- bei der ärztlichen Behandlung abgedeckt. Das klingt für deutsche Ohren wenig, ist aber ein guter Anfang und reicht bei über 90% der Fälle für die gesamte Behandlung.
Die Zeiten, in denen jeder fahren kann, wie er oder sie will, sind auch in Ecuador vorbei. Mit zunehmendem Verkehr ist eine stärkere Regelung notwendig und wird auch durchgeführt. Vielen Ecuatorianern (und auch manchen Ausländern) fällt es aber noch schwer, alle diese Regeln auch einzuhalten. Auf dem Lande hinkt der Erneuerungsprozess natürlich etwas nach. Dort muss oftmals die Polizei es noch lernen, dass die Regeln auch für sie gelten. Aber man merkt die Änderungen hin zu einem modernen Miteinander mit internationalen Regeln.

Sonntag, 13. März 2011

Das japanische Erbeben - Auswirkungen in EC

Während alle Welt auf Japan schaut und mit den Menschen dort mit zittert wegen der nuklearen Katastrophe nach all der Zerstörung ganzer Dörfer und Städte, hatte die Küste Amerikas einige Stunden Zeit, um sich auf die ankommende Flutwelle vorzubereiten. Die Regierung Ecuadors hat nach dem Bekanntwerden der Stärke des Bebens sofort den Notstand für die Küstenregion ausgerufen. Militär und Polizei haben die Menschen in Galapagos und an der Küste evakuiert. Alle verfügbaren Busse und LKWs wurden eingesetzt. Bis zum Nachmittag waren alle Menschen evakuiert, teilweise nur auf höher gelegene Gebiete, teils weiter weg ins Landesinnere. Die Dezentralisierung der Regierung und mehr Verantwortung auf Provinz und lokaler Ebene haben funktioniert. Es kam kein Mensch zu Schaden. Dafür ist der Sachschaden groß.
Zuerst trafen die Wellen in Galapagos ein ca. 19.30 Festlandortszeit ein, wo sie einige Zerstörung in Tierreservaten anrichteten. Brutplätze von Vögeln wurden überschwemmt. Dort ist aber die Gefahr noch nicht gebannt, Noch immer treffen in unregelmäßigen Anständen hohe Wellen ein. Für die Bewohner der Insel besteht aber keine Gefahr mehr.
Anders an der Festlandküste. Insbesondere in Santa Rosa de Salinas auf einer Landzunge bis tief ins Meer hinein trafen die Wellen kurz nach Mitternacht hart auf. Über zwei Meter hohe Wellen überschwemmten die Uferregion. Fast alle kleinen Fischerboote im Hafen und am Strand sind zerstört oder zumindest stark beschädigt. Manche der Boote stehen mitten im Ort und im Meer um den Ort treiben jede Menge Holzteile. Erste Schätzungen gehen von 240 völlig zerstörten Fischerbooten und noch viel mehr beschädigten Schiffchen. Eine Unzahl Familien an der Küste haben nun keine Chance, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Da ist sicherlich baldige staatliche Hilfe erforderlich.
Inzwischen sind alle Menschen wieder zurück gekehrt. Der große Touristenstrom ist aber erst einmal unterbrochen, da keine weiß, wie es weiter geht. Zu viele kleine Meereswellen, die in unterschiedliche Richtungen laufen, können sich jederzeit lokal zu größeren Wellen aufschaukeln. Keiner kann das exakt berechnen. Und so halten sich die meisten Menschen erst einmal dem Strand fern. Doch die Evakuierung und der Schutz der verlassenen Dörfer und Strandregionen war eine Meisterleistung des Katastrophenschutzes, den es noch gar nicht lange in Ecuador gibt und der sich bisher nur auf Erdbebenhilfe und Vulkanausbrüche spezialisiert hatte. Und der Präsident hat schnell reagiert, was ihm bei den Menschen sicher große Achtung und Zuspruch gebracht hat.
Bleibt natürlich immer die bange Frage: Was, wenn ein Erdbeben direkt vor unserer Küste geschieht und die Evakuierungszeit viel kürzer ist. Man sieht aber auch, dass ein Erdbeben sehr weit weg auch über tausende von Kilometern noch große Zerstörungskraft besitzt.

Donnerstag, 3. März 2011

Der Mann, der niemals klagt


Unser derzeit liebster Patient im Hospital ist unser ehemaliger Krankenhausseelsorger Jesús Montero. Sein Zimmer ist derzeit das meist besuchteste. Dort wird gebetet und gehen Besucher getröstet wieder weg. Nun ist er selbst Patient. Wir haben bei ihm einen bösartigen Tumor in fortgeschrittenem Stadium entdeckt. Den zu behandeln ist es eigentlich schon recht spät und er hat jetzt beschlossen, keine Chemotherapie und auch keine große Operation machen zu lassen. Die wäre sehr zeit- und kostenaufwendig. Jesús hat beschlossen, sein Leben in Gottes Hand zu lassen und anzunehmen, was kommt. Er hat viele Menschen hier im Missionshospital begleitet, viele bis zum Tod. Und er kann beurteilen, was es heißt, sein ganzes Geld für vielleicht ein klein wenig mehr Lebenszeit einzusetzen.
Angefangen hat alles, als der Schneider aus dem Hochland nach Shell kam. Seiner Werkstatt gegenüber befand sich damals die Bibelschule und viele der Schüler unterhielten sich mit ihm. Da wurde die Saat gelegt. Später fand er gut bezahlte Arbeit bei einer Erdölgesellschaft, die am Curarayfluss nach Öl suchten. Dort kam er zum lebendigen Glauben an Jesus. In Abendkursen in der Bibelschule Shells, in gemeindeeigener Ältestenausbildung und Radiokursen von HCJB hat er über viele Jahre seine Ausbildung bekommen. Seit 1977 war er Krankenhausseelsorger am Missionshospital in Shell, anfangs ohne offiziellen Titel und ohne Bezahlung, aber mit glühendem Herzen und einer Liebe bei Einzelbesuchen am Krankenbett. Er wollte anfangs die Stelle gar nicht antreten, weil es sicher Studiertere als ihn gab, aber schließlich überzeugte ihn die Jonageschichte. Wen Gott ruft, der sollte nicht davon laufen.
Dabei wurde ihm persönlich kein Leid erspart. Eine Knieverletzung hinterließ ein steifes Knie, Zwei seiner 3 Kinder verstarben mit 7 und mit 13 Jahren an Nierenversagen. Seine Frau verlor er vor 7 Jahren an Brustkrebs. Vielleicht hat ihn das zu einem so einfühlsamen Seelsorger gemacht. Und so ist sein Krankenzimmer heute ein Ort, wo sich andere Rat holen. Er macht beim Laufen auf dem Flur den anderen Mitpatienten Mut und ich habe nicht eine einzige Klage gehört. Wir beten mit ihm, dass Gott ein Wunder tut und den Seelsorger heilt, der genau ein Jahr in Rente ist, aber immer noch bei uns im Hospital Patienten besucht. Wir beten um ein Wunder, auch wenn es menschlich gesehen zu spät ist.