Sonntag, 29. Juli 2012

Eine andere Form der Justiz

In der neuen Verfassung Ecuadors haben die einzelnen Ethnien ihre Kultur als gleichwertig zugesprochen bekommen.  War bisher der Zentralstaat und seine Denkweise für alle Stämme das Maß, gelten jetzt verschiedene Richtlinien. So werden Streitigkeiten unter den Indianerstämmen Im Urwald anders geurteilt als etwa ein Autodiebstahl in einer Stadt. Das scheint manchem ungerecht, aber Ecuador macht derzeit Erfahrungen, wie Gerechtigkeit auf verschiedene Weise wiederhergestellt werden kann. Beispiele lieferten dieser Tage die Indianer des Hochlandes um Otavalo, der großer Touristenstadt mit ihrem bekannten  Markt.

Neben Textilien verdienen die Menschen dieser Region ihr Geld mit Viehzucht. Was Bethlehem seinerzeit für Jerusalem war, ist diese Region für die Hauptstadt Quito: Lieferant für Tiere, weniger als Opfertiere als mehr für den Schlachthof. Und wo es Reichtum gibt, schleichen sich auch Gauner ein. So ist Viehdiebstahl dort gang und gäbe. In machen Tälern des Hochlandes haben die Viehzüchter Straßenkontrollen eingerichtet, die den Verkehr aus einem Tal kontrollieren. Aber im Gebiet um Otavalo sind viele Straßen gebaut und sogar geteert worden. Das erleichtert auch den Viehdieben die Arbeit. Über $ 42 000 schätzt man dort den Diebstahl von Schafen, Pferden und Rindern in der letzten Zeit. Die Polizei kann da wenig helfen, denn die meisten dieser Tiere sind längst irgendwo geschlachtet und verkauft worden. Also bleibt den Indianer nichts anderes übrig, als sich selbst auf die Lauer zu legen und die Diebe in flagranti zu erwischen. Und was passiert dann?
Sie werden nun nach der üblichen Indianermethode bestraft. Ein Richter gibt nach Prüfung der Tatsachen sein Placet. Die ganze Region versammelt sich in einem Sportstadion und die Verurteilten, zuletzt zwei Männer und eine Frau stehen in Unterhosen in der Mitte. Da werden sie von allen beschimpft, mit eiskaltem Wasser bespritzt, mit Brennnesseln am ganzen Körper geschlagen und erhalten 9 kräftige Stockhiebe, dass die Haut aufplatzt. Zusätzlich wird ihr Auto mit Benzin übergossen und verbrannt. Dann sind sie frei. Sie können sich von ihren Wunden erholen. Der Gerechtigkeit ist Genüge getan, aber sie werden in Zukunft wie Geächtete behandelt.
Mir gefällt diese Art der Justiz. Der Lynchjustiz ist Einhalt geboten. Ein Richter muss die Schuld bestätigen. Die Diebe verlieren vielleicht mehr als sie gestohlen haben, aber es muss sie ja etwas kosten. Sie können nicht mehr so einfach ein neues Auto kaufen und weitermachen wie bisher und es geschieht vor aller Augen, zuletzt bei 5000 Zuschauern im Fußballstadion. Damit sind sie gesellschaftlich isoliert für lange Zeit. Die Geschichte wird weiter erzählt und bleibt lebendig. Auf diese Weise wurden 3 Banden von Viehdiebstahl um Otavalo in der letzten Zeit "juristisch haftbar gemacht. Wie würden wir in Deutschland da etwa einen Ladendieb abstrafen und welche folgen hätte das in der Öffentlichkeit?

Donnerstag, 26. Juli 2012

Auf dem Weg zum Sozialismus

Der politische Weg der Regierung Correa hat uns viele Änderungen beschert. Der Staat wurde von Grund auf erneuert. Die sozialen Verbesserungen etwa im Gesundheitswesen, aber auch beim Erwerb von Eigenheimen und der Straßenbau können sich sehen lassen. Ecuador hat einen riesen Sprung nach vorne gemacht. Aber das alles kostet Geld und das wird der Regierung immer knapper. Die Subvention von Gas und Sprit wagt keiner anzutasten. Da sind schon Regierungen vorher gescheitert. Also versucht man es nun mit anderen Mitteln. Menschen geben Geld aus für Geräte und Autos. Da setzt jetzt der Staat an. Einer der großen Renner derzeit sind Waschmaschinen. Mehr und mehr Ecuatorianer verzichten auf eine Hausangestellte und kaufen sich stattdessen etwa eine Waschmaschine, was vor 20 Jahren nur die Ausländer und reiche Leute taten. Der Markt boomt. Aber Waschmaschinen stellt hierzulande keiner her im Gegensatz zu Herden und Kühlschränken. Also werden Waschmaschinen jetzt mit einer höheren Einfuhrsteuer belegt und die Menge der Einfuhren beschränkt. Gleiches gilt für das Lieblingsspielzeug der Ecuatorianer - das Mobiltelefon und Flachbildfernseher. Mit Einfuhrbeschränkungen und höheren Zöllen werden die Staatseinnahmen verbessert und das Geld beschränkt, das dafür ins Ausland geht. Jeder darf beim Betreten des Landes nur noch ein Mobiltelefon mit sich führen. Bei Auto passiert derzeit das Gleiche, aber nur die Einfuhren werden verteuert. Das führt aber seltsamerweise zu einer ähnlichen Preisentwicklung bei den hierzulande zusammen gebauten Fahrzeugen. Die hiesige Wirtschaft versucht sich gesund zu stoßen. So besitzt ein vor drei Jahren eingeführter Toyota heute beim Verkauf noch seinen Neupreiswert.
    Überall wird an der Preisspirale gedreht, so dass sich das Leben derzeit enorm verteuert, frei nach dem sozialistischen Muster: Dem Volk alles so billig wie möglich! Aber das Volk muss die Rechnung direkt oder indirekt bezahlen.
    Der neueste "Fortschritt" der Regierung nach einem hervorragenden Straßenbau ist nun die Geschwindigkeitsbeschränkung. Noch vor 5 Jahren war die Verkehrsüberwachung lasch. Dann wurde die theoretische Führerscheinprüfung alle 5 Jahren eingeführt, was die meisten Menschen auch begrüßt haben. Die Fahrpraxis hat sich deutlich gebessert. Dann wurden die Strafen für Verstöße in kurzen Abständen auf das 10 - 20 - fache erhöht und die Polizeipräsens vervielfältigt. Jetzt hat die Polizei im großen Stile mobile Radargeräte erhalten und über Nacht wurden die Strafen nochmals verdreifacht - und jetzt kommt Gefängnis dazu. Wer in einer geschlossenen Ortschaft statt der maximal 50 km/h über 60 fährt, wer auf Umgehungsstraßen statt der Höchstgeschwindigkeit  90 über 120 km/h fährt, wer auf Landstraßen statt der 100 km/h über 135 fahrt, zahlt 292 Dollar Strafen und kommt außerdem für 3 Tage ins Gefängnis. Außerdem verliert er oder sie 10 Punkte der 30 des Guthabens jedes Führerscheinbesitzers. Bei 0 Punkten ist die Fahrerlaubnis weg. Aber das Schlimmste ist die "Kurvenregelung". Selbst auf einer Straße der schnellsten Kategorie ist die Höchstgeschwindigkeit in Kurven 60 km/h. Über 75 km/h winkt der Knast! Wann ist es eine Kurve und wann nicht? Wer definiert das?
    Mit den neuen Regelungen ist der Korruption wieder einmal Tür und Tor geöffnet. Die Polizisten werden "gewinnen"  und der Staat auch. Es sollen bereits in den ersten Tagen über eine halbe Million Dollar in die Staatskasse geflossen sein.
    Das Schlimmste aber ist die Presse. Bei gefassten Straftätern wie Mördern werden mittlerweile die Gesichter unkenntlich gemacht. Auch hier ist jemand unschuldig, bis er rechtkräftig verurteilt ist. Aber die ersten Verkehrsopfer wurden von einer Presse in allen Einzelheiten gefilmt und der Öffentlichkeit vorgeführt. Es ist der Bildzeitungsstil, der sich an der Not der anderen freut.
    Die jetzigen Regelungen sei es in der Steuer - oder Zollpolitik laufen auf einen alles regulierenden Staat hinaus. Ecuador steckt mitten drin im Sozialismus. Jetzt aber sind wir auch noch auf dem Weg zu einem Polizeistaat und die Polizei, die noch vor gut 1 1/2 Jahren gegen den Präsidenten revoltierte, wird jetzt gebraucht und ist vollauf beschäftigt. Und wie viel verdienen die Polizisten jetzt nebenbei? Alle in der Staatsführung sind zufrieden. Und nicht nur die Reichen werden zur Kasse gebeten.

Sonntag, 1. Juli 2012

Eine Kuh, die man melken kann

Unser sozialistischer Staat investiert in die Zukuft. Straßen werden gebaut, die Infrastruktur des Landes verbessert. Es geht merklich bergauf. Auch auf dem Gesundheitssektor werden Millionen investiert. Viele Dienste sind gratis und die staatliche Sozialversicherung mit eigenen Krankenhäusern bieten einen sehr effizienten Service an. Die privaten Krankenversicherungen haben es schwer und private Hospitäler geraten immer mehr in Schwierigkeiten, damit Schritt zu halten. Ab heute werden die Preise für private Arztbesuche und andere ärztliche Leistungen landesweit festgeschrieben. Wer zuviel fordert, kann gerichtlich belangt werden. Der Staat hat schon lange verkündet, dass das Gesundheitswesen in seiner Hand liegt. Weitere Forderungen sind in Arbeit. So muss jedes Hospital demnächst einen Umweltingenieur anstellen. Alle 6 Montae gibt es Forderungen, Einzelheiten über Patientendaten dem Gesundheitsministerium zu melden. Dafür werden aber auch kostspielige Behandlungen und Diagnostik übernommen, wie das Programm zur Früherkennung bestimmter genetischer Erkrankungen bei Neugeborenen.
All das ist nicht billig. Kredite im Ausland bekommt Ecuador derzeit nicht so einfach. Zwar geben Länder wie Kanada Gelder, aber nur für bestimmte Projekte wie das staatliche Tuberkuloseprogramm. Selbst China gibt Kredite nur für eigene Projekte wie den Bau von Kraftwerken. Die Rückzahlung erfolgt nicht in Geld, sondern in Öllieferungen. Woher also Kredite nehmen? Eine der wenigen Kühe, die dafür Milch geben ist das staatliche Sozialsystem IESS = Instituto Ecuatoriano de Seguro Social. Es ist eine Mischung aus Krankenkasse mit eigenen Ambulanzen und Hospitälern, der Altersversorgung, aber auch der Möglichkeit Kredite für den Bau eines Hauses oder Stipendien für die Universität ähnlich dem Bafög zu erhalten. Solange das Barril Erdöl wie im April für 112 US-Dollar verkauft werden konnte, sprudelten die Staatseinnahmen. Doch derzeit liegt der Rohölpreis bei 81 Dollar, was alle Finanzplanung durcheinander bringt und das 8 Monate vor der nächsten Wahl, wo die Regierung mit eindrucksvollen Fakten gewinnen möchte. Über 1,3 Mrd. Dollar hat sich die Regierung aus der Rentenkasse des Landes geborgt. Dabei wissen Statistiker, wie es weiter geht. Ecuador wächst bevölkerungsmäßig noch, aber die arbeitende Schicht, die einbezahlt, hat nur noch wenige Kinder. Diese Entwicklung ist die gleiche wie in modernen Staaaten. Spätestens 2030 wird das System zahlungunfähig. Und dazu kommen noch die Kredite, die der Staat sich herausnimmt und nicht weiß, wie er sie zurückzahlen soll. Deswegen raten Experten schon heute die Rate der Einzahlungen zu erhöhen. Derzeit werden 21% des Lohnes einbezahlt, 11% der Arbeitgeber, 10% der Arbeitnehmer. Eine Anhebung auf 16% werden gefordert. 
Insgesamt hat sich der Staat aus internen Quellen des Landes über 6 Mrd. Dollar geborgt. Das Gesundheitssystem verschlingt Millionen. Menschen gewöhnen sich an den besseren Service, ohne etwas Besonderes dafür zu tun. Ihnen wird Sand in die Augen gestreut. Irgendwann kommt die Retourkutsche. Schon jetzt werden privaten Anbietern des Gesundheitswqesens Auflagen erteil, die staatliche Häuser zwar offiziell aber in der Praxis nicht erfüllen müssen. Da gerät etwas aus dem Gleis. Die Kosten werden die Ecuatorianer einmal tragen müssen, aber vermutlich erst nach den nächsten Wahlen. Es lebe de3r Sozialismus deds 21. Jahrhunderts!!!

Die derzeitige Außenpolitik Ecuadors

Südamerika ist derzeit wieder einmal unruhig. In Paraguay ist ein unblutiger Staatstreich verübt worden. Über Proteste einiger Bewohner ländlicher Gebiete und hartem Durchgreifen der Regierung mit einigen Toten ist der linke Präsident und Ex-Priester Fernando Lugo des Amtes per Gerichtsbeschluss enthoben worden. Dahinter steckt viel mehr als nur eine Gerichtsverhandlung. Nach mehreren Jahrzehnten in der Regierungsgewalt hat die herrschende Partei ihre Macht verloren und nur auf eine Gelegenheit gewartet, die Macht zurück zu gewinnen. Jetzt ist der ehemalige Vizepräsident Federico Franco ans Ruder gekommen. Das Land soll wieder zur Ruhe kommen, aber außenpolitisch brodelt es. Die linken Regierungen in Argentinien, Venezuela, Ecuador und Bolivien erkennen die neue Regierung in Paraguay nicht an. Jetzt wurde Paraguay auch offiziell aus dem Mercosur, der wirtschaftlichen Staatengemeinschaft Südamerikas ausgeschlossen. Doch die katholische Kirche, die Wirtschaft und der Kongress unterstützen den neuen Präsidenten Franco.
Ähnliche Staatsumbildungen haben wir in Ecuador zweimal erlebt. Derzeit ist kein Umsturz hierzulande zu erwarten, aber unser jetzigen Präsident war seinerzeit beim letzten Umsturz Wirtschaftsminister. Aber so ganz ruhig ist es derzeit auch nicht, wehren sich doch Indianer des Hochlandes gegen den praktischen Rausschmiss eines Provinzgouverneurs durch die Regierung.
Viel mehr Bauchschmerzen bereiten der hiesigen Regierung zwei andere Tatsachen.
1) Julian Assange, der Gründer von Wikileaks, hat in der ecuatoriniaschen Botschaft von London politisches Asyl beantragt. Die Auslieferung an Schweden ist ja nur die geplante Durchgangsstation nach USA. Die Regierung Correas lässt sich viel Zeit mit der Entscheidung, denn dann würde die Zahl der Feinde Ecuadors beträchtlich steigen. Dieses Thema ist derzeit heiß diskutiert im Land.
2) Die internationale Bankenaufsicht hat Ecuador auf die schwarze Liste gesetzt, auf gleicher Höhe mit Bolivien. Argentinien und Venezuela befinden sich auf der grauen Liste der Länder mit Geldwäsche. Was bedeutet das praktisch? Internationale Geschäfte und der Geldtransfer sind erschwert oder manchmal ganz unmöglich. Manche Banken haben die Geschäfte mit Ecuador eingestellt. Manche Touristen können hier kein Geld mehr von Bankautomaten abheben. Bestellungen per internet können nicht mehr getätigt werden. Zusammen mit mehreren U-Booten, die an der Küste gefunden wurde und die bis zu 15 Tonnen Drogen transportieren können, wird deutlich, dass wir mehr gegen die Drogenkartelle unternehmen müssen. 
Und einen großen Staatsbesuch hatte Quito in den Letzten Tagen zu verzeichnen: Der weißrussische Staatschef Alexander Lukashenko wurde in Quito empfangen und Ecuador unterzeichnete Verträge zum Kauf von Waffen aus dem in Europa isoliertem Land. In einer Zeit des Fußballs und der ausgetreckten Finger auf den politischen Machtkampf in der Ukraine war es die Zeit Weißrusslands, internationale Geschäfte zu machen.