Montag, 21. November 2016

Der Riese und der Zwerg

In diesen Tagen begrüßte Ecuadors Staatspräsident Rafael Correa einen der mächtigsten Männer der Welt hier in Quito. Chinas Präsident Xi Jinpeng besucht derzeit Lateinamerika, begann seinen Besuch hier und weilte zwei Tage in Ecuador, wo er das größte Wasserkraftwerk, den Cora - Codo Sinclair einweihte, das mit über 2 Mrd. Dollar von China hauptsächlich finanziert und gebaut wurde. Dort wurde ein ganzer Fluss durch einen fast 25 km langen Tunnel umgeleitet und erzeugt jetzt Energie für das ganze Land.  Es ist der erste Besuch eines chinesischen Staatschefs in Ecuador und er zeigt die Zukunft an. China möchte auch weiterhin präsent bleiben. 90 große chinesische Firmen arbeiten in Ecuador mit 114 Mrd. Dollar, die sie hierzulande investiert haben. Sie sind in erster Linie beim Kraftwerksbau engagiert, bei allen 8 Großprojekten des Staates, aber auch beim Straßen - und Brückenbau, bei der Erdölförderung und beim zukünftigen Kupferabbau im Hochland. Die ehrgeizigen Regierungsprojekte der Wasserkraftwerke gehen zu Ende. Jetzt gilt es, weiter zu denken und neue Großprojekte ins Auge zu fassen. Doch Ecuador hat in einer Zeit des Verfalls des Ölpreises wenig Wirtschaftskraft. Deswegen sind die Kredite Chinas an Ecuador auch deutlich gestiegen Fast 14 Mrd. Dollar schulden wir dem asiatischen Wirtschaftsriesen ein Drittel aller Auslandschulden. Ecuadors Sicherheit ist das Erdöl und das ist bereits zu großen Teilen an China verpfändet.
Chinas wirtschaftliche Außenpolitik läuft aber anders als bei anderen Ländern. Sie kommen mit ihren Firmen, aber auch mit ihren Arbeitern. Die wohnen dann in Containern unter sich und haben mit der Außenwelt wenig gemeinsam.  Hiesige Arbeiter warb man für den Niedriglohnsektor an und sie mussten hart arbeiten. Es gab und gibt Klagen über Klagen über das Essen, die Hygiene und Betreuung in der Arbeitersiedlungen und über die Bezahlung. Bei einer chinesischen Firma zu arbeite, ist kein Zuckerschlecken. Immer wieder musste das Arbeitsministerium eingeschalten werden. Und auch die Firmen hielten nicht immer ihre vertraglichen Zeiten und Ziele ein, wo der Staat Ecuador sich dann in der Presse rühmt, diese Firmen mit einer Millionenstrafe abgekanzelt zu haben.
Wie geht es weiter. Weitere Großprojekte kann Ecuador derzeit nicht stemmen. Außerdem stehen Wahlen an und die Regierungspartei wird unter einem anderen Präsidenten Lenin Moreno weiter machen. Allerdings wird sie die absolute Mehrheit einbüßen und die nächsten Jahre werden der Wirtschaft einen weiteren Schrumpfungsprozess bescheren. Jetzt kommt es für die Chinesen an, sich in viel kleinere Projekt einzubringen. Da ist die Autoindustrie. Chinesische Wagen erobern nach und nach den hiesigen Markt. Die ersten werden hier zusammengebaut. Im Straßen - und Brückenbau, in der Neuerrichtung der Infrastruktur besonders der Küste nach dem Erdbeben im April 2016, in Wasserleitungssystemen werden die Chinesen präsent sein. Und auch im Einzelhandel machen sich die Asiaten breit, nicht immer zur Freude der hiesigen Händler. Aber auch für Ecuador bieten sich neue Möglichkeiten, das Ungleichgewicht im Handel von 1 : 4,5 zu begegnet. Unsere landwirtschaftlichen Produkte sind dort mehr und mehr gefragt wie Bananen, Mangos, Krabben und Fischereiprodukte, aber zunehmend auch Blumen. Man spricht von 20 - 30% Steigerungsraten im Export. Das spornt an.
So ist der Besuch des ersten Staatschefs China in Ecuador ein doppeltes Zeichen. China möchte auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten präsent bleiben und denkt an seine Zukunft. Aber auch für Ecuador gibt es eine Zukunft. Der Blick weg von Nordamerika und Europa hin nach Asien scheint sich auszuzahlen.   

Nachruf auf meinen Schwiegervater Hans Gerhards,

 der am 21. November 2016 im Alter von fast 97 Jahren friedlich und für immer von uns gegangen ist.

Kennengelernt haben wir uns, weil ich mich für seine Tochter Klaudia interessierte. Die erste Begrüßung war kühl und distanziert. Vielleicht weil auch ich aus einfachen  Verhältnissen komme in das Haus eines Managers einer internationalen Firma. Er hatte sich hochgearbeitet, besaß Russisch- und beste Englischkenntnisse im Gegensatz zu mir. Aber mein Sitzfleisch hat sich gelohnt. Nach Jahren der Ablehnung, dann der Duldung, war ich letztendlich akzeptiert und mit der Promotion Teil der Familie.
Hans Gerhards war niemals kleinlich. Ich denke an einen Spanienurlaub, aus dem wir mit seinem kaputten Auto heimkamen, hinten eine große Beule, vorne der Motor mit gerissenem Zylinderkopf. Er hat alles stillschweigend auf eigene Kosten reparieren lassen.

Gegen seine starke Persönlichkeit anzukommen, musste ich lernen. Er waren harte, aber immer faire Schlagabtausche und beide Seiten haben sich daran gehalten, auch wenn es Überwindung kostete. So konnten feste Familienbande wachsen. Die Enkel haben ein Übriges getan. Das Haus Gerhards in der Friedrich Ebertstr. 99 war Mittelpunkt der Sippschaft, besonders als die Wolffs vor über 27 Jahren nach Ecuador zogen.
Selbstverständlich wohnten wir bei Deutschlandbesuchen dort.

Es war für Klaudias Eltern nicht einfach, uns so weit weg ziehen zu lassen, aber sie waren die ersten, die uns in den Anden besuchten. Sie taten es bis zum Jahre 2000 jedes Jahr. Wir haben ihnen durch Geldumschichtung und einen Kredit unser Haus in Quito zu verdanken, das nicht nur der Familienmittelpunkt, sondern auch das Zentrum für eine große Jugendgruppe wurde.

Die Enkel, die einer nach dem anderen nach Deutschland zurückkehrten, mussten ebenfalls lernen, mit einem dominierenden aber führsorglichen Großvater zurechtzukommen, was seine Zeit brauchte. Wenn das Eis gebrochen war, opferte sich der Großvater für sie auf. Knausrich war Hans Gerhards nie. Er gab gerne und viel.

Die letzten Jahre tat es sich schwer, Hilfe von außen anzunehmen von fremden Leuten, die ins Haus kamen. Es kostete ihn und bei zunehmende Verwirrtheit im Alter konnte er auch schon gelegentlich wütend werden ohne nachtragend zu sein. Aber sobald ein Urenkel zu Besuch kam, wurde er zum Kind und konnte mit ihm auf dem Teppich mit Autos spielen. In der Küche hängt heute noch die Liste mit den 16 Namen, die zum Schluss für ihn zu lang wurde.

Es geht der Patriarch unserer Familie mit dem man einen Abend genießen konnte, sich in seiner Umgebung wohlfühlte, der immer geteilt hat. Ich bin als Schwiegersohn an ihm gewachsen und könnte mir keinen besseren Schwiegervater wünschen. Wir haben vor meiner Rückreise nach Ecuador vor wenigen Tagen voneinander Abschied genommen und wussten, dass es für beide Seiten für immer war.  Danke lieber Papa!!!

Mittwoch, 16. November 2016

Trump, der neue US - Präsident, aus hiesiger Sicht

Interessant, den US Wahlkampf und dessen Ergebnis einmal aus verschiedenen Blickwinkeln zu beobachten. Die Deutschen und die meisten Europäer standen auf der Seite Clintons. Laufend wurden Meinungsumfragen veröffentlicht, die Hillary Clinton mehr oder weniger weit vorne sahen und nur wenige sahen auf die einzelnen Bundesstaaten, die es zu gewinnen galt. In Talkshows Europas waren hier und da auch Trumpanhänger eingeladen, aber wirklich überzeugt haben sie nicht und so kam dann der große Katzenjammer mit dem Ergebnis der Wahl.
In Lateinamerika waren sie vorsichtiger. Zwar machen den Latinos auch heute noch die vielen starken Worte Trumps gegen die Einwanderer und die Illigalen Angst. Auch soll die Mauer nach Mexico zur Festung ausgebaut werden. Aber man hat wesentlich leiser auf Seiten Clintons gestanden, ja viele haben sich dann doch für Trump entschieden. Die wenigen US-Amerikaner, die wir kennen, haben mehrheitlich für Trump gestimmt, weil sie gegen Clinton waren und im Milliardär die einzige Alternative sahen.
Jetzt ist die Wahl vorüber und alle Seiten versuchen, mit dem Ergebnis leben zu können. Starke Worte werden jetzt auf beiden Seiten relativiert und selbst Trump ist wesentlich zahmer und kompromissbereiter geworden.
Jetzt wird hier in Ecuador an die Vergangenheit mit Trump erinnert. 2001 hat er die damalige Botschafterin Ecuadors zu einer Benefizveranstaltung für das Rote Kreuz nach Florida eingeladen und er duldete kein Nein, wie sich Yvonne Baki erinnert. Es war genau die Zeit, als auf Galapagos ein Tanker mit viel Öl auf Grund lief und eine Umweltkatastrophe auslöste. In dieser Zeit begann sich Trump für Ecuador zu interessieren und lernte, dass die Galapagosinseln zu Ecuador und nicht, wie er dachte zu Peru gehören. Er wollte helfen und tat das auf seine Weise. So beschloss er, die Miss Universum - Wahlen nach Ecuador zu verlegen. Und so kam es 3 Jahre später. Er kam mit seiner damaligen Verlobten Melanie, die ein Jahr später seine dritte Frau werden sollte. Das Medienspektakel der Miss Universum Wahl geschah im Norden Quitos unter Präsident Lucio Gutierrez unter Umgehung aller möglichen steuerrechtlichen Regeln. Für das 5 Millionen-Spektakel wurden keinerlei Steuern entrichtet. Es war Trump, der in dieser Nacht brillierte, nicht die hiesige politische Elite. In dieser Zeit sprach man davon, dass Trump sich in Ecuador wirtschaftlich engagieren wollte, Hotels in der Sierra und der Küste kaufen wollte. Aus alle dem wurde nichts. Es war seine einmalige Show hier in Ecuador. Heute ist der Besuch von damals eine nette Geschichte und man ist froh, dass Trump Ecuador wohl nicht in schlechter Erinnerung hat.
Ansonsten ist man hierzulande mehr mit dem eigenen Wahlkampf für Februar 2017 beschäftigt und so sind die USA erst einmal weit entfernt. Die entscheidende Phase kommt wohl erst danach und da ist Trump schon im Amt und besser berechenbar. Solange hält man sich fein zurück und will nicht negativ auffallen. Auch die anderen Lateinamerikanischen Staaten haben mit sich selbst zu tun. In Brasilien kocht es innenpolitisch, Venezuela ist seit Langem im praktischen Ausnahmezustand und auch Argentinien kämpft mit dem Wechsel und der Wirtschaftskrise. In Kolumbien scheint die Zeit der Guerrillabewegungen ein Ende zu finden. So wird wohl erst Mitte 2017 Klarheit herrschen, wie es mit den USA und ihrem Verhältnis zu den südlichen Nachbarn wirklich weiter geht. es ist eine spannende Zeit auf beiden Seiten. Jetzt ist nicht mehr die Zeit der starken Worte.


Dienstag, 15. November 2016

Gefräßige Monster

Derzeit sind fast überall Feiertage im Land, Gründungstage von Städten oder Provinzen und auch die Hauptstadt Quito bereitet sich auf die Feierlichkeiten vor. Der eigentliche Feiertag ist der 06. Dezember, aber gefeiert wird mehr als eine Woche vorher, so dass der 06. Dezember eigentlich der Ausschlaftag ist, bevor es dann fast nahtlos in  die Weihnachtsvorbereitungen geht. Dieses Jahr wird Quito eine ganz besondere Maschine zur Schau stellen. Es wird der Anziehungsmagnet werden - die erste von drei Tunnelbohrmaschinen. Sie kommt aus Bayern und erreichte dieser Tage per Schiff den Hafen von Guayaquil. Jetzt wird sie in Teilen nach Quito geschafft, kein leichtes Unterfangen, denn das Monstrum ist 100 m lang. Zwei weitere solcher Kolosse werden noch erwartet, eine Neue ebenfalls aus Schwanau und eine gebrauchte aus Spanien. 30 m misst die kreisrunde Spitze im Durchmesser und wird sich in die Erde von Quito fressen. Die Maschinen sind für den Bau der Metro geplant. Damit soll ein über 19 km langer Schlauch in den Vulkan Pichincha gefressen werden und das in sicherer Tiefe von um die 20 Metern. 400 m Bohrung sind pro Maschine pro Monat geplant. Die Anfangsstationen sind bereits gebaut und auch zwischendurch große Löcher, die später zu U-Bahnstationen umgestaltet werden, derzeit aber zum Ablassen der Bohrer gedacht sind.
Die Metro ist ein Prestigeobjekt. Wir brauchen auch, was andere Großstädte schon längst haben. Quito ist eine langgestreckte, schmale Stadt. Mit einer Längsachse kann man die meisten Menschen schnell transportieren. Den Rest besorgen dann Busse. Der Verkehr in der fast 2 Millionenstadt ist chaotisch. Es sind vor allem die Busse, die alles verstopfen, auch wenn es mehrere eigene Busspuren gibt. Die Metro soll da eine spürbare Entlastung bringen. Also feiert man derzeit den Fortschritt.

Doch es gibt auch kritische Stimmen. Quito liegt in einer Wanne am Fuß eines Vulkangebirges. Der Vulkan selbst dürfte nicht das Problem sein, aber es gibt ständig meist kleinere Erdbeben. Der Berg arbeitet. Zum anderen waren Teil Quitos kleinere Seen, die trockengelegt wurden. Aber zugeschüttete Bäche transportieren nach wie Wasser in die Wanne in der Tiefe. Es wird also irgendwann zu einem Wassereinbruch kommen, also zu massiver Bauverzögerung. So bleibt auch die Metro nicht ohne Gefahren. Und weil man in 20 und mehr Meter Tiefe geht, wird eine eventuelle Rettung von Passagieren auch schwierig werden.
Einfacher und viel billiger wäre eine oberirdische Schwebebahn zu bauen. Diese Bahn wäre ebenfalls kreuzungsfrei gewesen, bei Bedarf leicht zu erweitern und wenn mal ein Wagen hängen bleibt, kann die Feuerwehr die Menschen über Leitern retten. Wuppertal hat so etwas schon viele, viele Jahre. Seit 1898 in Betrieb, gab bisher nur einen einzigen ernsten Unfall.  Wäre das nicht viel besser für Quito gewesen. Aber Nein, ein Prestigeobjekt muss her und so wird die Riesenbohrmaschine zum Beginn des Wahlkampfes für Februar 2017 zur Schau gestellt, um zu protzen - ein teurer Wahlkampf!