Montag, 25. März 2013

Die Kriminalität sucht und findet ihre Wege

Der Nachtbus fährt aus Quito Richtung Küste. Die Menschen nutzen diese Art der Beförderung, um Übernachtungsmöglichkeiten zu sparen. Es sind die langen Fahrten in die großen Städte oder nach Hause. Man hat eingekauft und ruht sich jetzt aus. Plötzlich stehen 3 oder 4 der angeblichen Passagiere auf. Das Licht geht an, die restlichen Passagieren starren in die Mündungen von Revolvern und werden ihrer Habseligkeiten wie Geld, Schmuck, Mobiltelefone, Computer etc. beraubt. Auf einer einsamen Strecke, wo meist auch die Handys kein Signal empfangen, haben die Diebe leichtes Spiel. Keiner kann sich wehren, am wenigsten der Fahrer. Dann verschwinden die Gauner im Dunkeln der Nacht. Irgendwo wartet ein Wagen auf sie. Bis die Polizei gerufen werden kann, sind sie längst über alle Berge. Wer sich wehrt wird brutal zusammengeschlagen, was die anderen Passagiere einschüchtert. Den Männern nehmen sie nicht selten die Schuhe ab, damit diese nicht schnell irgendwohin nachlaufen können.
636 Mal passierte das im letzten Jahr insgesamt aber 4 % weniger als das Jahr 2011. Dennoch ist es ein lukratives Geschäft für über 2 Mio. Dollar Jahresgewinn der Banditen. Sie fahren als unschuldige Passgiere unter falschem Namen mit, lösen ihr Ticket und fristen so ihr Auskommen.
Selten gelingt es, die Gauner zu fassen, etwa, wenn sie vergessen haben, ein Mobiltelephon abzuschalten und man sie so lokalisieren kann. Die Aufklärungsrate ist minimal. Die Busgesellschaften versuchen dem entgegenzuwirken etwa mit Kameras, die alles aufzeichnen sollen. Doch die werden von den Dieben zerstört, bevor diese den Bus verlassen. Manche Busse werden vor dem Verlassen des Startbahnhofes versiegelt, doch das wirkt auch nicht. Viele Busfahrer verdienen sich ein Zusatzgeld, indem sie unterwegs Passagiere zusteigen lassen. Da ist dem Verbrechen Tür und Tor geöffnet. Jetzt fordert die Polizei ein GPS-System für jeden Bus, damit darüber auf jedem Ort des Landes Alarm gegeben werden kann. Kameras mit getrennter computergesteuerter Aufzeichnung wird vorgeschlagen, damit nach zerstörter Kamera die Aufzeichnungen erhalten bleiben.  Jetzt wird über Untersuchung mit den Metalldetektoren auf den Ausgangsbahnhöfen nachgedacht. Immer mehr ähnelt das Busfahren in Ecuador der Abfertigung der Flugzeuge.
Aber die Busse sind nicht allein Ziele des Angriffs. Viele LKWs, die kleine Läden beliefern, sind ebenfalls Ziel für Überfälle. Die Fahrer, die Milch, Getränke und andere Artikel zu den tausenden kleiner Läden bringen, kassieren dort vor Ort für die Ware. Am Ende der den Gaunern bekannten Tour warten dann gelegentlich der Abkassierer irgendwo an einer Kreuzung oder Ampel und steigt zu. Manche Firmen haben Safes im LKW angelegt, den selbst der Chauffeur nicht öffnen kann. GPS und andere Sicherheiten sind notwendig.
Solange es im Lande noch große Funklöcher für Mobiltelefone gibt und die Aufklärungsquote dieser Verbrechen so gering ist, solange ist das Risiko des schnellen Geldes relativ gering. Also reizt es, zu Überfallen. Es bedarf großer Anstrengungen, das zu verringern. Das wird so schnell nicht geschehen.

Mittwoch, 20. März 2013

Der Op-Marathon ist vorüber

Der Grund, dass ich sowohl die Präsidentschaftswahlen in Ecuador als auch viele andere Ereignisse nicht kommentieren konnte lag an den 3 Wochen Operationen für behinderte Kinder in Quito. Die Arbeit war mehr aus verschieden Gründen:
- Wir hatten mehr Patienten als je zuvor, 36 im Op.
- Wir waren insgesamt 20 Ärzte, einige Neue.
- Zwischendurch gab es die Konferenz mit dem Vizepräsidenten und seinem Büro zu organisieren. Am letzten Tag abends um 18.00 harrten noch über 350 Teilnehmer bis zum Schluss aus, obwohl ihr Flieger schon weg war und sie mit dem Nachtbus 12 - 18 Std. heimfahren mussten.
- Die meisten Patienten wurden vom Nationalen Sozialsystem bezahlt, aber die verlangen viel mehr Papierkram, Nummern und Zahlen.
- 5 Mal war ich zwischendurch nachts am Flughafen, früher ein Katzensprung von 5 min, jetzt 45 km einfach und warten.........  der Flug verspätet, keine genauen Ansagen, der Koffer falsch abgeholt...... Ich kenne den neuen Flughafen nun gründlich und auch einmal am Sonntagnachmittag de 3 x 200 Personenschlage vor den Automaten der Ticketmaschinen fürs Parken.
Aber die drei Wochen haben sich gelohnt. 20 Ärzte, die engagiert die Kinder behandelt haben, jeder ein Spezialist, der bis in die Kleinigkeiten geht, viel Diskussion vor der Op., in der Narkose vor dem Anfang der Operation, manchmal auch "Gezanke", was das Beste für das Kind sei. Da hat jeder sein Können gezeigt. Operationen, die so und so im Buch stehen, aber aus verschieden Gründen hier anders gemacht wurden. Eines wurde deutlich: Der große Meister und Initiator Prof. Dr. Gage hat uns wieder alle zusammen gebracht, aber die Angelegenheit läuft längst selbständig. Neue Könner stehen auf und zeigen mir und anderen, was es Anderes und Besseres gibt. Und selbst wenn Prof. Gage uns nicht mehr die bis zu 7 Seiten Op - Berichte schreibt und die Oberaufsicht hält - immerhin wird er dieses Jahr 75 Jahre alt - bekräftigt jeder, dass wir auf jeden Fall weitermachen werden - zum Wohle der Kinder aus Ecuador und dem Norden von Perú. Und jeder Ausländer kommt auf eigene Kosten und beteiligt sich oft noch an den Kosten für die Patienten, die nicht zahlen können.
Was bleibt langfristig für Ecuador? In Gesprächen mit verantwortlichen Ärzten aus dem Vizepräsidentenbüro (einige sind unsere Bekannten) wurde klar, dass wir weiter an der Verbreitung der modernen Behandlungsmethoden arbeiten müssen. Es geht NICHT um bessere Ausstattung der staatlichen Hospitäler mt Geld und Ausrüstung. Es geht um Verbreitung von Wissen und Operationsmethoden. Das wollen wir nächstes Jahr tun in workshops und Anleitungen am Patienten. Ecuatorianische Ärzte sollen mit ihren Patienten kommen. Wir teilen uns in Gruppen auf und erklären in Einzelgesprächen 10 oder mehr Ärzten, was das Beste für ihre Kleinen wäre. Den Rest müssen sie tun.
36 Patienten wurden dieses Jahr behandelt. Das ist die Grenze einer Gruppe. Wir müssen neue Wege finden, um die Behandlung effektiver und weitgreifender zu verbreiten. Danke für alle Begleitung!!!

verspätete Nachricht

Ein besonderer Tag:               Quito, 05. März 2013      
Im 18. Jahr führen wir nun die Operationen bei behinderten Kindern durch. Angefangen hat alles durch die Initiative eines der Pioniere dieser Arbeit aus den USA, der als engagierter Christ seine Kenntnisse Kindern in weniger reichen Ländern zugutekommen lassen wollte. Jetzt treffen sich hier jährlich die besten Chirurgen dieser Richtung aus vielen Ländern Lateinamerikas für 3 Wochen und geben ihre Erfahrungen an Kinder Ecuadors und der Umgebung weiter. Es ist für mich ein Höhepunkt des Jahres, dieser Erfahrungsaustausch und die vielen praktischen Tipps für die seltsamsten Krankheiten. Im Zentrum der Therapie steht aber die Behandlung zerebralgeschädigter Kinder.
Dann geschah etwas nicht Geplantes. Hintergrund ist, dass manche Ärzte, die durch unsere Schule der Vozandeskrankenhäuser gegangen sind, derzeit hohe Ämter in der Regierung bekleiden, einige davon beim Vizepräsidenten. Der Vizepräsident ist hier unter anderem für die Behinderten zuständig. Der derzeitige und scheidende Vizepräsident Lenin Moreno hat eine tiefe Spur in 4 Jahren seines Amtes hinterlassen. Er sitzt selbst im Rollstuhl. Das ist auch der Grund, warum er keine zweite Amtszeit mehr möchte, obwohl er so beliebt ist und eine gute Arbeit geleistet hat, so dass man ihn für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen hat. Er hat die Behinderten des Landes durch etliche Kampagnen und neue Gesetze gestärkt.
Vor einem guten Monat, als die Kunde von unserem diesjährigen Behandlungsmarathon für die behinderten Kindern publik wurde, fragte man mich an, ob wir nicht ein Symposium zu diesem Thema durchführen wollten. Nach mehreren e-mails zu den möglichen Teilnehmern stand der Entschluss fest. Wir sagten als Team zu. Alle sind gewohnt, zu diesem Thema Vorträge zu halten, als waren die Themen schnell verteilt.
Es gab Verzögerungen durch die Karnevalszeit. Das Büro des Vizepräsidenten leistete Großes und organisierte innerhalb von 2 Wochen einen großen "Event" in einem der besten Hotels Quitos. Als ich am zweiten Tag den einleitenden Vortrag halten konnte, stellten die Hotelangestellten über 100 neue Stühle in alle möglichen Ecken. 525 offiziell gemeldete Teilnehmer neben vielen in den Gängen stehenden lauschten begierig, aus allen Provinzen des Landes. Es gab Gespräche über Gespräche zum Thema zerebralgeschädigte Kinder. Der Vizepräsident kam selbst für eine knappe Stunde und würdigte das Thema. Die Türen stehen offen für diese behinderten Kinder. Es war ein Fest, an dem wir auch unseren Leiter, Prof. Dr James Gage feierten. Das 18. Jahr seiner Initiative hat begonnen. Er ist inzwischen fast 75 Jahre und operiert nicht mehr. aber er schreibt uns liebenswerterweise die langen und detaillierten Op-Berichte  und ist mit seiner Erfahrung immer noch der Kopf der Bewegung. Andere aus den USA kommen und bekräftigen, dass sie es weiterführen wollen. Und es kommen Ecuatorianer dazu. Das macht Mut. Sie wollen das in anderen Häusern ebenfalls einführen, aucn wenn da noch viele Fragezeichen nach der ersten Begeisterung zu verzeichnen sind.
Unsere Bewegung ist wahrgenommen worden. Die Patienten strömen. Wir müssen unser Wissen jetzt weitergeben. Das wird die nächste Aufgabe sein und sie ist nicht einfach. Denn eingefahrene Wege in der Behandlung dieser Kinder lassen sich über Nacht nicht verbessern. Und wer diesen Tag miterlebt hat wird nicht gleich zum Experten für Spastiker. Das haben uns manche der Teilnehmer wissen lassen.
Diese Konferenz mit dem persönlichen Erscheinen des Vizepräsidenten gibt uns eine zwar nicht offizielle aber doch wichtige Anerkennung, denn eigentlich dürfen Ausländer hier so etwas nicht mehr machen. Die Zeit der Einmischung von Außen ist offiziell vorbei.
Ich freue mich für unsere behinderten Kindern. Hier können wir weitermachen und wissen einflussreiche Freunde hinter uns. Das macht Mut. Danke für alle Gebet in einer arbeitsreichen Zeit.