Dienstag, 31. Januar 2012

Die Regierung Correa festigt ihre Macht im Staat

5 Jahre ist die Regierung nun an der Macht. Die ersten zwei Jahre waren der Kampf um eine neue Verfassung und die Durchsetzung des neuen Programmes. Dann saß die Regierung fest im Sattel. Seitdem wird der gesamte Staat umgekrempelt. Alte bestehende Ordnungen wie etwa die Standesvertretungen wie Ärztekammern, Architektenvereinigungen und andere wurden entmachtet. Staatliche Gremien übernahmen die Kontrolle der einzelnen Berufssparten, angeblich, um der Korruption vorzubeugen. Doch die Anerkennung ist nur unwesentlich leichter geworden.
Das Finanzwesen, schon bei vorigen Präsidenten effektiver geworden. bringt immer mehr Steuern ein, die die Regierung für ihre Riesenprojekte dringend nötig hat. Dann galt es, unliebsame Störer auszuschalten. Der Regierungsapparat und seine Informationspolitik wurden gestrafft und für die Opposition absolut abgeschottet. Was frühere Regierungen nie geschafft haben: Heute erfährt man keine einzige Information aus Regierungskreisen, die nicht zuerst durch die Regierungsmedien zuerst veröffentlicht werden. Dann wurde die Presse kontrolliert. Banken und andere finanzielle Potenzen des Landes waren in Radio -und Fernsehkanälen Teilhaber. Das wurde per Gesetz verboten und Macht entflochten. Bleiben noch die Zeitungen, die nicht alle auf Seiten der Regierung stehen. Gegen die laufen seit einem Jahr mehrere sich dahinziehende gerichtliche Verfahren. El Universum, die größte Zeitung des Landes, soll 90 Mio. Dollar Strafe an den Präsidenten zahlen. Die restlichen Medien sind sehr vorsichtig geworden.
Die Lehrer der Schulen werden seit dieser Regierung besser und pünktlich besoldet, auf der anderen Seite müssen sie aber Fortbildung betreiben und Prüfungen ablegen. Die alten Seilschaften der Lehrergewerkschaft verliert somit Anhänger und Einfluss. Das war die Hochburg der Marxisten - Leninisten.
Im Gesundheitssektor hat die Regierung wohl die größten Anstrengungen unternommen. Der staatliche Gesundheitsdienst hat neue Krankenhäuser, Spitzenausrüstung und landesweite effektive Programme zu verzeichnen. Privater Medizin ist das eine ernstzunehmende Konkurrenz geworden. Die Menschen wandern scharenweise zur fast kostenfreien Gesundheitsversorgung des Staates.
Seit einigen Monaten durchforstet die Regierung ihre eigenen Reihen. Es wurden Verwaltungsbeamte, Ärzte und Krankenhauspersonal und Bedienstete quer durch die staatlichen Behörden über Nacht entlassen und durch andere ersetzt. Nach heftigem Widerstand haben sich die Wogen in diesem Bereich geglättet.
Vor kurzem wurde die gesamte Justiz durchkämmt. Alle Richter hatten zentrale, schriftliche Examen abzulegen. In diesen Tagen werden alle Gerichte neu besetzt. Ganz oben dabei sind die Parteigefährten des Präsidenten, obwohl in erster Linie nach Begabung ausgewählt wurde.
Jetzt ist eine neue "Untersuchung" im Gange. Letzten Samstag in der wöchentlichen Botschaft des Präsidenten an die Nation angekündigt, durchkämmen seit Montag Kommissionen die nicht staatlichen Universitäten auf Beachtung aller Richtlinien hin. Das Personal wird auf Qualifikation untersucht. Und die Richtlinien reichen weiter als man denkt. Einer unserer Ärzte hat sich in der staatlich angeordneten Arbeitsmedizin in einem Masterprogramm fortgebildet. Jetzt wollte er seine Abschlussarbeit zu Daten unseres Missionshospitales in Shell schreiben. Das Thema wurde von staatlichen Stellen abgelehnt, weil unser Hospital angeblich nicht repräsentativ für die Bedürfnisse der Menschen der Region wäre. Er muss die Arbeit nun mit Daten eines staatlichen Hospitales schreiben.
Die Regierung Correa baut den Staat um. Das ist ihr offenes Programm. Die Errungenschaften der Regierung sind erstaunlich gut und nach wie vor die Mehrheit der Menschen begeistert. Dabei nimmt der Umbau aber allmählich bedrohliche Formen an. Jede Einzelmaßnahme hat ihren guten Hintergrund und räumt mit jahrzehntelangem Schludrian auf. Aber die Kontrolle eines zentral regierten Staates wird langsam zur Zensur.
Wie kocht man einen Frosch? Indem man ihn ins Wasser wirft und dieses langsam Stück um Stück erwärmt. Dann merkt er die Bedrohung nicht und springt nicht heraus.

Montag, 23. Januar 2012

Kulturveränderungen

Dieser Tage war ein Ärzteteam unserer Mission im Urwald. Bisher kann der Ort nur mit dem Flieger erreicht werden, aber sie sind schon kräftig dabei eine Straße dorthin zu bauen. Gerufen wurden sie von den dortigen Lehren einer Sekudaria, also einer weiterführenden Schule bis zum ecuatorianischen Abitur. Die Mediziner sollten die Schüler untersuchen. Das klang alles gut, bis das Team dort ankam und mit den wirklichen Tatsachen konfrontiert wurde: Sie sollten die Kinder lediglich auf Geschlechtskrankheiten hin testen. Das war zunächst ein Schock, aber weil sowohl ein Arzt als auch Ärztinnen im Team waren, klappten die Untersuchungen und konnte zu den einzelnen Schülern Vertrauen aufgebaut werden. Die Lehrer waren wütend, weil sie die Ergebnisse nicht erzählt bekamen. Das Ergebnis war erschütternd. Schülerinnen der oberen Klassen hatten im Schnitt mindestens 3 verschiedene Sexualpartner pro Jahr und bei vielen dieser Begegnungen wurde Gewalt angewendet. Aber auch fast jeder Lehrer war in dieser Richtung tätig. Zur Belohnung gab es dann eben bessere Noten. Was die Lehrer wirklich wissen wollten, war, wer der Jungen oder Mädchen Geschlechtskrankheiten aufwies und somit ein persönliches Risiko für die Lehrer darstellt. In den höheren Klassen hatte so gut wie alle regelmäßigen sexuellen Verkehr.
Das ist kein Einzelfall. In der Schule unserer Gemeinde in Mondayacu wurde jetzt ein Kurs angeboten, um die Mädchen auf die Union Libre vorzubereiten. Union Libre ist eine Form der staatlich geregelten Partnerschaft. Die beiden sind dann zwar nicht verheiratet, aber es werden Besitz - und Verantwortungsbereiche darin geregelt. Die Trennung ist leichter als bei Heirat. Man braucht keinen Anwalt, um einen Scheidungsprozess zu durchlaufen. Der gemeinsame Besitz wird geteilt, aber es bestehen weiterhin Pflichten für die gemeinsamen Kinder. In dieser Schule wie in vielen anderen sind viele Mädchen in den höheren Klassen schwanger. Manche leben mit ihrem Partner zusammen andere nicht. Sie brauchen Hilfe in den Fragen des Alltages. In diesem Dorf gibt es seit Jahren keine offizielle Hochzeit mehr, gibt es keine verheirateten Paare, nur solche der Union Libre.
Wie kommt das?
In der Kultur der Indianer ist es üblich, dass Mädchen vergewaltigt werden. Das war schon immer so und gehört bis zu einem gewissen Grad zum Leben dieser Menschen. Von daher erscheint es vielen nicht so schlimm. Man muss eben darüber hinweg kommen und sich einen "Beschützer" = Mann suchen. Zum anderen hat das moderne Leben dem Urwald auch seinen Stempel aufgedrückt. Mädchen heiraten dort normalerweise mit um die 15 Jahre. Das ist aber die Zeit, in der sie jetzt zur Schule gehen müssen. Der Schulweg ist oft lang und damit gefährlich. Viele wollen eigentlich nicht, aber der Druck der Gesellschaft bringt sie zur Schule. Für die Lehrer sind sie Freiwild. Die Lehrer sind oft nicht genügend ausgebildet zum Unterrichten in den Städten - dann eben ab in den Urwald, wo sie auch frustriert sind. Dort aber sind sie eine Autorität, gegen die die Eltern auch oft machtlos sind. Sie nützen ihre Macht aus.
Abtreibung ist in Ecuador offiziell verboten. Aber im Regenwald hat man seit Menschengedenken seine "Pflanzen" zur Abtreibung. Viele Apotheken verkaufen unter derm Ladentisch Abtreibungsmittel an und die ersten Organisationen bieten unter statlichem Stillschweigen ihre Dienste an. Auf der Rückseite von Strassenschildern stehen mit Hand geschrieben Telefonnummern für "sichere Abtreibungen".
Die Kultur der Indianer ist im Umbruch. Das zeigt sich derzeit vor allem im Bereich Familie und Sexualität. Die Regierung ist stolz auf die neuen Initiativen im Urwald und zeigt sie in Progagandasendungen. Die Fassade trügt. Und wer hilft diesen Jugendlichen wirklich?

Sonntag, 15. Januar 2012

Großer Staatsbesuch in Quito

Vergangene Woche war großer Bahnhof in Quito angesagt. Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinejad besuchte Quito. Vorher war er in Venezuela bei Hugo Chávez gewesen, dann in Nicaragua und Cuba. Der Abschlussbesuch fand in Quito statt. Eine Stadtrundfahrt durch Quito mit ein paar begeisterten Zuschauern aber auch einem riesigen Polizei - und Militäraufgebot versuchten die Proteste anderer Quiteñer gegen Meinungsfreiheit und die Unterdrückung der Frauen im Islam zu übertünchen.
Der Besuch ist der dritte Staatsbesuch der Länder Iran und Ecuador untereinander. Rafael Correa hatte seinerzeit einen ersten Besuch in Teheran begonnen und sich neue Verbündete erhofft. Im September 2011 kam der Vizepräsident des Irans in den Andenstaat und jetzt der Staatspräsident selbst.
Diese Besuche derzeit dienen der Außenpolitik des Irans. In allen bilateralen Gesprächen steht an erster Stelle die Bestätigung, dass der Iran das Recht zur friedlichen Nutzung der Atomenergie hat. Das haben alle besuchten Staaten bestätigt - dann lange nichts und schließlich auch Gespräche zu Wirtschaftsfragen. Aber da wird es gleich sehr dünn. Iran ist für Kuba und Nicaragua kein wirklicher Wirtschaftspartner. Venezuela hat wenig zu bieten außer Öl und das bietet der Iran auch. Was diese beiden Staaten verbindet, ist der abgrundtiefe Hass gegen die USA. Venezuela kämpft mit seiner Wirtschaft. Über 30% Inflation spricht eine deutliche Sprache. Was kann da der Iran helfen? Und in Ecuador ist es auch nicht anders. Knapp eine Mio. Dollar Waren hat Ecuador im vergangenen Jahr in den Iran ausgeführt, bei knapp 300 000 Dollar Einfuhren. Vergleichbar mit den Handelbeziehungen, die Ecuador mit Russland hat, macht das 0,16% aus. Mit anderen Worten: Die kommerzielle Seite kann man aus unserer Sicht vergessen.
Die insgesamt 500 Iranis, die hier in Ecuador leben, sind meist Händler, die mit ihrem Heimatland wenig gemeinsam haben. Sie leben, wenn sie überhaupt ihren Glauben ernst nehmen, in Ghettos. Die meisten von ihnen unterscheiden sich in ihrem Lebensstil nicht von den Ecuatorianern.
Was also verbindet diese lateinamerikanischen Staaten mit Persien? Es ist die große Politik: Wenn wir gemeinsame Feinde haben, dann müssen wir Freunde sein. Der Iran braucht internationale Anerkennung gerade in diesem Moment der Spannungen mit den USA und der Androhung, notfalls die Straße von Hormus für die Ölschifffahrt zu sperren. Die USA ihrerseits haben einige Warnungen ausgesprochen, Irans Staatspräsident nicht zu empfangen, aber dabei ist es geblieben. Weltgeschichte wird bei dieser Rundreise nicht geschrieben. Das weiß auch Rafael Correa, der Ahmadinejad auch nicht auf dem Flugplatz empfangen hat, wo er mit 2 Std. Verspätung ankam, sondern erst im Präsidentenpalast. Und eine große Pressekonferenz wurde kurzerhand in eine offizielle Verlautbarung der Gesprächsprotokolle und Absichtserklärungen umgewandelt. Da ist Correa schlauer als Hugo Chávez, der mit Irans Staatspräsidenten Vieles gemeinsam, hat. Chávez ist 13 Jahre, Ahmadinejad 11 Jahre im politischen Geschäft. Der eine übertrumpft sich in Hasstiraden gegen die USA, der andere gegen Israel und die USA mit Äußerungen, die jeder Grundlage entbehren wie: Es habe nie einen Holocaust gegeben. Ein Beispiel mehr, wie Hass verbünden kann aber auch blind macht für die Wirklichkeit.

Sonntag, 8. Januar 2012

Änderungen in Quito im Neuen Jahr

Quito, die Hauptstadt Ecuadors, ist eine der Millionenstädte Lateinamerikas, die nicht mehr so stark wächst. Während in den 70 Jahren Tausende von Dorfbewohnern in die Stadt zogen und sich durch Landbesetzung, die später legalisiert wurden, neue Stadtviertel bildeten, ist die Stadt nun bei 2 Mio. Einwohnern angekommen mit einem Wachstum aus sich heraus ohne großen Zuzug von außen her. Die Stadt hat in den letzten Jahren große Anstrengungen für die peripheren Viertel unternommen. Fast alle sind an Wasser - und Abwassersysteme sowie die Stromversorgung angeschlossen. Der Fortschritt ist greifbar. Beispielsweise war einer der größten Verkaufsschlager die Waschmaschine. Bisher wurde fast ausschließlich von Hand auf dem Waschstein vor dem Haus die Wäsche gesäubert.

Und am deutlichsten ist die Zahl der Autos in der Stadt gewachsen. Die Straßen sind selbst bei Nacht hoch frequentiert. Zu bestimmten Zeiten läuft man genauso schnell wir das Taxi fährt. Den Privatwagen lässt man gerne zuhause, denn einen Parkplatz gibt es kaum und wer falsch parkt, ist innerhalb von Minuten abgeschleppt mit hohen Kosten und langem Papierkrieg, den Wagen wieder auszulösen.

Die Stadt baut und baut und verschieden Fronten:
1)Durch die vielen Häuser und zubetonierten Gärten wird der Regen zu einem zunehmenden Problem. Quito liegt in einer Wanne am Fuß des Pichinchavulkans. Bei Sturzregen fließen innerhalb von Minuten riesige Wassermengen ins Zentrum und verwandeln die Straßen in Flüsse. Wenn die Wasserkollektoren überlastet sind, können sie zusammenbrechen und dann große Löcher in die Stadt reißen, so geschehen vor 3 Jahren im Zentrum. So hat die Stadt mehrere Tunnel fürs Abwasser ins Tal gegraben, Arbeiten, die man kaum sieht
2) Neue Straßen und andere Verkehrspolitische Maßnahmen müssen den Verkehr regeln.

Das alles kostet Geld und so werden zum Neuen Jahr die Abgaben erhöht.
- Die Grundstückssteuern für Häuser steigen. Wer allerdings noch in den ersten Monaten bezahlt, erhält bis zu 10% Preisnachlass. Ab Juni gilt dann einen Preisaufschlag.
- Geschäfte müssen höhere Steuern bezahlen und diese Abgabe ist mit der allgemeinen Steuer verbunden.
Wer sein Haus verkauft und in eine neue Immobilie umzieht zahlt jetzt statt 1/2% ganze 5%. Ecuatorianer tuen das häufig. Der Wechsel bei gekauftem Eigentum wird jetzt deutlich teurer.
- Und die Sicherheit wird größer geschrieben. Mehr städtische Polizisten sollen jetzt für mehr Sicherheit sorgen. 15% Aufschlag zur Grundstückssteuer sind für die Sicherheit gedacht. Ob das reicht mag mancher bezweifeln. Viele haben deswegen einen privaten Wachdienst engagiert.
- Die Kraftfahrzeugsteuer steigt ebenfalls. Da halten sich aber die Steigerungen in Grenzen. Höhere Preise zahlt man heute beim Neuwagen. Dort sind die Abgaben für den Staat enorm gestiegen.
Die Tendenz ist klar. Die Abgaben müssen erhöht werden, weil die Bedürfnisse wachsen und neue Straßen oder bessere Verkehrsanbindungen wir eine zukünftige Metro kosten enorme Mittel. Aber dafür haben die Bürger wohl alle Verständnis. Für etwas, was die tägliche Not wie die verstopften Straßen, lindert, gibt man eher als für Dinge, die weit weg sind.

Sonntag, 1. Januar 2012

Jahresrückblick 2011

Zum Jahresende wird überall Bilanz gezogen, sei es in der Familie, um Freunde und Verwandte auf dem Laufenden zu halten, oder sei es bei Regierungen, um sich der Bevölkerung darzustellen oder die Weichen neu zu stellen. Was also waren die Höhe - was die Tiefpunkte 2011 in Ecuador?
Die Regierung Rafael Correa sitzt fest im Sattel. Sie ist durch Schwierigkeiten gegangen und hat offizielle Unterstützer verloren. Im Mai hat eine Volksabstimmung stattgefunden mit 10 Fragen, die teilweise wenig Zusammenhang zeigten. Viele fragten, warum der Präsident diese Fragen durchboxen wollte und bisher loyale Mitstreiter seiner Partei wandten sich dabei der Opposition zu. Da es sich nicht um eine Personenwahl, sondern eine Volksabstimmung mit JA oder NEIN handelte, gewann der Präsident den Volksentscheid landesweit. Dazu gehören auch neue Verantwortlichkeiten der Presse und persönliche Haftung der Journalisten. Seitdem ist die Pressefreiheit in Gefahr, aber es gibt bislang nur einen Fall, den der grüßten Zeitung des Landes, die dafür ein gerichtliches Verfahren am Hals hat, das sich seit Monaten hinzieht und eine Streitwert von 90 Mio. Dollar hat und den der Präsident wegen Rufschädigung einklagt. Die letzte Urteilsverkündigung steht in Kürze an, ein Hauptangeklagte Journalist dieser Zeitung suchte und fand politisches Asyl in Miami.
Ein weiteres Ereignis dieser Volksabstimmung ist das Verbot von Tierkämpfen mit tödlichem Ausgang. Hahnenkämpfe werden jetzt heimlich ausgeführt und bei der "Fiesta die Quito" werden die traditionellen Stierkämpfe mit Matadores aus Spanien bis fast ans Ende durchgeführt. Dann schleift man den Stier hinaus, um ihm dort abseits des Publikums den Todesschuss zu versetzen. Das ist ein Wechsel, der Folgen haben wird.
Probleme bereitet die Sicherheit vor allem in den Großstädten. 2011 ist jeder 4. Quiteñer einen Raub, Hauseinbruch, Überfall oder anderen kriminellen Akt erlebt. Das ist eine Steigerung, die kaum jemand noch versteht. Überall sucht man nach Lösungen. Ursache dafür ist nicht die Armut. Die Arbeitslosigkeit sank 2011 auf 5,5%, so niedrig wie lange nicht. Die Wirtschaft legt zu, vor allem beflügelt durch steigende staatliche Investitionen. Es ist die verstärkte Mobilität durch ein deutlich verbessertes Straßennetz und es ist der Einfluss aus Kolumbien. Die klassische Guerilla wie die FARC werden schrittweise zurückgedrängt. Das klingt günstig. Aber die Wirklichkeit zeigt, dass das Vakuum von kleinen, lokalen Banden gefüllt wird, die sich vom Drogenhandel finanzieren und schwerer zu fassen sind. Es vergehen keine zwei Wochen, in den die Polizei nicht einen Verbrecherring in Quito und Umgebung aushebt. Sie haben sich auf Computerdiebstahl, besonders Lap-Tops spezialisiert, rauben systematisch Häuser aus oder überfallen Geschäfte. Der Autodiebstahl ist etwas zurück gegangen, dafür sind Motorräder stärker gesucht. Und bei allem wird immer wieder deutlich, dass die hiesigen Verbrecher häufig Verbindungen zum mexikanischen Mafia haben. Immer noch zahlen Ecuatorianer tausende von Dollar, um illegal in die USA zu gelangen, nur, um dann irgendwo in Mexiko zu verschwinden, Teil der mindestens 50 000 Toten dieses Jahres im Eintrittsstaat südlich der USA. Die wenigen, die lebend zurück kehren sind nicht negatives Beispiel genug, diesen illegalen Weg aufzugeben. Die Lockrufe der illegalen Werber sind stärker.
2011 hat die Regierung mit dem illegalen und oft gesundheitsgefährlichen Bergbau Schluss gemacht. Es kam oft zu erhitzten lokalen Protesten. Dafür sollen die Menschen jetzt in offizielle staatliche Gesellschaften aufgenommen werden, aber das wird eine große Umstellung für diese freischaffenden Menschen sein. Der Natur wird diese Maßnahme gut tun.
Auch 2011 hat die zunehmende Verstaatlichung des Lebens zugenommen. Mittlerweile regelt der Staat alles, ist der wichtigste Arbeitgeber, bestimmt die Richtung. Dabei nimmt die Staatverschuldung zu. Dazu werden Bilanzen auch mal umgedeutet, um nicht als Schulden zu erscheinen. Ob der Sozialismus des 21. Jahrhunderts allerding auf mittlere Frist eine Chance zum Überleben hat, ist zu bezweifeln. Bisher hat der Sozialismus auf lange Dauer nirgends Überlegenheit gezeigt. Das wird sich auch 2012 in Ecuador beweisen.