Montag, 30. September 2013

Letzter normaler Krankenhausalltag in Shell

Heute war wie Ferienstimmung, keine sonstigen Ordnungen galten. Die Hälfte des Personals wurde ohnehin entlassen. Da gab es keine Rücksichtnahme. Die andere Hälfte geht in 3 Monaten - auch nichts zu befürchten. Freundschaften und Verbindungen sind wichtiger.
Wir hatten noch eine letzte kleiner Operation - überall Bilder und Gruppen von Mitarbeitern, die mit einander sprachen und ihre Zukunft erklärten. Natürlich auch viele Tränen des Abschieds. Viele haben noch keine klare Zukunft. Ich glaube, es gab heute mehr Fotos als auf einer Hochzeit.
Aber auch die Anschlussuntersuchtung, letzte Anweisungen, mit dem vielen Geld, das sie ausgezahlt bekommen auch vorsichtig umzugehen. Dann wurde es zunehmend ruhiger im Hospital. Die stationären Patienten waren schon entlassen worden. Doch dann noch ein Notfall - stationäre Aufnahme für mindestens eine Nacht. In der Sprechstunde tauchte um 16.30 noch ein Mann mit Sprunggelenksfraktur auf, die dringend operiert werden muss, also das Team nochmals zusammen gerufen. es gibt keinen Rufdienst mehr aber sowhl der Anästhesist als auch zwei Schwestern kamen sofort. Sie bekommen keine Überstunden mehr bezahlt - aber das machen sie gerne. Wieder Bilder der letzten, wirklich allerletzten OP. Der Patient überglücklich, sonst hätte er eine Wochen warten müssen.
Und es fanden sich auch Schwestern für eine weitere Nachtwache und morgen will sogar die Küche wiederkommen für ein Frühstück für die beiden Patienten - alles aus Liebe zu ihrem alten Hospital und ohne Bezahlung. Würde in Deutschland eine fristlos entlassene Arbeitskraft nochmals für einen freiwilligen Nachdienst ohne Bezahlung wiederkommen?

Heute hatte ich in der Sprechstunde 5 weitere Patient die dringend operiert werden müssen und keine Ahnung von der Krankenhausschließung hatten.  Und alle Patienten erzählen uns, was das Hospital Del Oriente für sie und ihre Familien für eine Bedeutung hatte und hat. Plötzlich das Aus. Das versteht keiner.
Morgen gibt es einen Marsch der Bevölkerung von Shell für ein neues Hospital. Die Gemüter sind erhitzt. Interessanterweise war die offizielle und angekündigte Pressekonferenz im Hospital am Tage nach der Verkündigung der Schließung nicht sehr ergibig. Große Fernsehkanäle kamen am Tag danach, erhielten aber keine Chance. So haben sie sich der Bilder und nachrichten bedient, die ich am Abden nach der Verkündigung einer aufgebrachten Menge zu erklären versuchte, vermutlich zum Ärger der Missionsleitung. Die aber waren zu feige, sich der Situation zu stellen. So sind jetzt die Aufrufe für ein neues Krankenhaus im Umlauf und das hilft uns landesweit.
Und bei aller Kritik und Sorgen, ob wir das große Projekt wirklich schaffen kommen dann die vielen kleinen ermutigungen Gottes, dass Leute uns ihre Mitarbeit spontan anbieten, wir Ärzte haben, die kommen wollen und viele, viele, viele hinter uns stehen im Gebet. Bei allem Stress ist es eine aufregende Zeit. Wir hoffen, dass sie nicht allzulange so bleibt.

Donnerstag, 26. September 2013

Aus für das Hospital Vozandes del Oriente in Shell

Die Entscheidung für das Hospital Vozandes del Oriente in Shell ist gefallen. Heute wurde verkündet, das wir am 30. Sept. 2013 die stationäre Behandlung beenden und auch den OP schließen und am 31. Dez wird endgültig geschlossen. Zur gleichen Zeit erhielt ich durch den Direktor unserer Mission ein Schreiben, dass unser Plan der Übernahme des Hospitales vom Missionsvorstand abgelehnt wurde. Das Hospital soll endgültig geschlossen werden. Es gibt keine Zukunft mehr. Den Regionaldirektor nach den Gründen der Ablehnung befragt gab es eine dreifache Antwort:
1) Sie können das Hospital nicht an einen Missionar der gleichen Organisation verkaufen. Das war auch nie geplant, denn nicht wir als Ehepaar sondern eine zu gründende Stiftung wird der Besitzer sein.
2) Sie glauben nicht, dass wir es finanziell schaffen werden. Dabei haben wir allein dieses Jahr bewiesen, dass wir aus dem Defizit heraus sind. Aber die Altlasten und andere Bürden der Mission lassen die roten Zahlen bestehen.
3) Der Hauptgrund aber ist, dass wir der Mission viel zu wenig Geld für die Übernahme geboten haben. 1,5 Mio reichen nicht. Angebliche finanzielle Studien haben höhere Werte ermittelt.
Damit sind wir abgeschmettert worden. Es war eine doppelte Niederlage, aber auch der echte Grund für einen Neuanfang. Jetzt können wir wirklich von vorne anfangen. Und wir haben eine engagierte Belegschaft hinter uns. Die verlieren alle jetzt oder in drei Monaten die Arbeit mit der gesetzlichen Abfindung. Die Reaktion war für uns umwerfend. "Wir danken HCJB für die vielen Jahre des segensreichen Wirkens hier..." "Wir werden auch weiter für Euch Leiter von HCJB beten und gebt unseren Dank weiter..." Das hätte ich in einem deutschen Krankenhaus unter den Umständen sicher anders gehört.
Nach der Enttäuschung kam aber dann die Ermutigung: Wir machen weiter. Gott hat uns gerade in den letzten Tagen so viele Zeichen der Ermutigung gegeben. Wir haben den Auftrag, weiter zu machen. Und wir haben es heute unseren fast ex-Mitarbeitern nochmals gesagt. Jetzt kommt Plan B:
Wir bauen ein neues Hospital in Shell. Es gibt Leute, die bereit sind, uns Land zu schenken. Einige haben angeboten, die erste Zeit ohne Lohn zu arbeiten. Manches mag im Überschwang gesagt worden sein, aber er kam Freude und Mut auf. Die Stimmung schlug in Freude uns Aufbruch um.

Was tun wir jetzt: Zuerst wird eine gemeinnützige Gesellschaft gegründet nach allen gesetzlichen Normen. Ecuadorianer sollen die Leitung haben. Der Vorstand soll aber unabhängig von der täglichen Arbeit sein und das Sagen haben. Dann können wir Gelder sammeln und langsam anfangen.
Geplant ist ein 30 - Betten Hospital, aber wir beginnen mit einer Sprechstunde, dem Minimum, was man braucht, aber für schrittweise Erweiterungsmöglichkeiten. Und wir wollen Menschen aus allen Ländern in den Bau und die Entwicklung einbeziehen. Es muss ein gemeinsames geistliches #Erlebnis werden.
Wie Klaudia heute beim Treffen sagte: Wir nehmen heute Abschied vom Missionshospital Vozandes del Oriente und beginnen mit dem christlichen Hospital Shell. Dank für alles Begleiten im Gebet!!!!

Mittwoch, 25. September 2013

Warum die staatliche Medizin in Ecuador an ihre Grenzen kommt

Unser Krankenhaus macht in wenigen Tagen mit der stationären Behandlung zu und uns tun die Menschen leid, denen wir seit vielen Jahrzehnten verbunden sind. Hier nur eines der Beispiele von heute aus der Sprechstunde:
Eine Frau, heute 63 und bisher gesund, ist jetzt nur mehr ein Wrack. Vor einem Jahr ging sie ins staatliche Gesundheitssystem mit einer massiven Blasensenkung, so dass sie kaum noch weite Strecken laufen konnte. Dort stellte man fest, dass sie einen Blasenvorfall hatte, aber die Gebärmutter ebenfalls nach unten fiel. Also sollte beides gleichzeitig operiert werden. Vor 9 Monaten wurde sie operiert, aber der Spezialist für Blasenanhebung hatte zu viel zu tun, folglich wurde nur die Gebärmutter entfernt - der Rest auf später verschoben. Also hat sich für die Frau nichts geändert.
Aber bei der Operation stellte man beiderseits Leistenbrüche fest. Das aber musste ein anderer Facharzt operieren - also wieder neue Termine. Schließlich vor 7 Monaten die Operation der beidseitigen Leistenbrüche. Doch die Patienten kann immer noch keine weiteren Strecken gehen. Dafür hat sie jetzt einen Dauerschmerz der linken Leiste. Vermutlich ist da ein Nerv mit eingeklemmt worden. Immer wieder wird sie vertröstet. Die Schmerzen würden besser werden. Also bewegt sich die Patientin kaum noch. Ihre Psteoporose nimmt zu. Folglich gibt es weitere Schmerzen - im Rücken, im Knie etc. etc.
So kommt sie nach fast einem Jahr Leiden zu uns, erst einmal wegen der anderen Schmerzen. Dann im Gespräch kommt die ganze - hoffentlich die ganze Geschichte heraus.
Derzeit klagt die Patientin über Beschwerden durch Osteoporose - inzwischen auch über die Knochendichte bestimmt und bestätigt. Also gibt es auch da Medizin, die aber mangels fehlender Termine nicht regelrecht verabreicht wird. Außerdem ist diese Therapie wissenschaftlich nicht bewiesen, teuer, nicht richtig verabreicht - aber wer will da urteilen.
Die Patienten leiden am staatlichen System unter mehreren Problemen:
1) Alles ist kostenfrei. Das ist anziehend - aber jeder Arzttermin muss gebucht werden. Ein Arzt hat 10 min. pro Patient und es gibt keine Extrazeit, denn dann wird der Sprechstundenraum für andere gebraucht. Also muss man fertig werden und irgendwo Zeit gewinnen. Lange Gespräche sind nicht möglich.
2) Es gibt Spezialisten für alles - aber wenige, die medizinisch einen Überblick haben. Wie oft in der Welt gehen Patienten im Wirrwar der Spezialisten verloren, nicht nur in Ecuador?

Unser Angebot: Ein Gespräch - das dauerte länger, bringt uns weniger Geld, aber die Familie horcht auf. Jetzt wollen wir uns auf das Wichtigste einstellen:
1) Die Blasensenkung und die operationsbedingten Schmerzen der Leiste beschränken die Patientin. Daher rührt die Osteoporose. Die aber wird nicht durch Medikamente, sondern durch Bewegung, normale Arbeit behandelt. Eine 63-Jährige gehört auch in Ecuador nicht zum alten Eisen.
2) Das sind die Gründe, warum wir davon überzeugt sind, dass unser Hospital noch eine Zukunft hat.  Wir brauchen nicht noch weitere "Spezialisten", die nicht nur ihr Fachgebiet sehen. Wir brauchen einheimische wie ausländische Mitarbeiter, die über das Fachwissen zusammen arbeiten.
Ein christliches Hospital der Zukunft ist nicht nur auf unser Land Ecuador beschränkt. Wir sind dabei, ein Hospital der Zukunft zu entwickeln - der Spezialisten, aber der Zusammenarbeit in Einzelfällen, um Menschen eine ganzheitliche Zukunft zu geben. Daran arbeiten wir und sehen unsere Zukunft.

Sonntag, 22. September 2013

Ecuador und Texaco

Da steht er vor laufenden Kameras und am nächsten Tag veröffentlicht die nationale Presse das Bild unseres Präsidenten Rafael Correa mit seiner von Rohöl verschmierten Hand. "La mano sucia de Chevron" = die schmutzige Hand Chevrons ist das derzeitige Thema in Ecuador. Er zeigt die Umweltverschmtzung durch frühere Ölfirmen. Die Kampagne kommt zu einer Zeit, in der das Land gespalten ist. Die Regierung hat beschlossen, im Yasuni Nationalpark jetzt Öl für viele Milliarden Dollar zu fördern, was die Staatskasse bei den ehrgeizigen Plänen unserer Regierung auch dringend braucht. Die Staatsverschuldung ist enorm gestiegen. Andererseits haben Firmen in der Vergangenheit hier im Lande "abgesahnt" und sich dann davon gemacht. Eine davon und die größte war Texaco, die heute zum Chevronkonzern gehört. Zwischen 1964 und 1990 war Texaco im Norden Ecuadors und hat Erdöl gefördert. Dann waren die Einnahmen wohl nicht mehr rentabel und Texaco verließ das Land. Geblieben sind über 100 Gebiete, wo Erdöl auf der Oberfläche liegt, Flüsse und Seen verseucht sind. Der Lebensraum der Indianer ist deutlich eingeschränkt. Das zu sanieren kostet eine Unmenge Geld. Aber es geht auch darum, den Menschen hier in Land klar zu machen, dass so etwas heute nicht mehr passiert. Denn automatische denkt jeder, was da im Yasuni Nationalpark alles geschehen könnte.
Im November 1993 hat Ecuador die Firma Texaco bereits verklagt. 76 Geschädigte klagten über den Staat in den USA. Der Vorgang zog sich lange hin, bis sich im Mai 2001 der dortige Richter nicht für zuständig betrachtete. 2003 lief daraufhin ein Strafverfahren Ecuadors gegen Chevron vor Ort in Ecuador in Lago Agrio, der Region, in der das Öl gewonnen worden war. Chevron wurde zu 9 Mrd. Dollar Wiedergutmachen verurteilt, zahlte nicht und nach hiesigem Recht stieg die Strafe bei Nichtzahlung auf derzeit 19 Mrd. Dollar.
Dann verklage Ecuador die Firma beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag.  Dort hat Chevron in diesen Tagen Recht bekommen und verklagt jetzt seinerseits Ecuador zum Zahlen der Prozesskosten und evt. der Rufschädigung. Und natürlich gehen hier die Wogen der Gefühle hoch. Viele erkennen das Urteil aus Holland nicht an.
Tatsache ist, dass Texaco viel Schaden hinterlassen hat. Das war damals üblich und würde heute so nicht mehr passieren. Das könnte sich keine Ölfirma so leisten. Aber genauso muss man die staatlichen Behörden an den Pranger stellen, die nicht beizeiten kontrolliert haben. Und was steht von Verantworung wirkliche  in den damaligen Verträgen? Da passierte etwas im Urwald und sahen nur einige wenige Indianer. Die waren unwichtig und hatten keine Lobby.
Aber wird sich das im Yasunipark nicht wiederholen, auch wenn Ecuador jetzt das Öl selbst fördert.??? oder doch? Die Geschichte zeigtr, dass die Pipeline zur Küste hin immer wieder einmal bricht. Erdbeben, Erdrutsche und auch mal Anschläge haben immer wieder zu örtlichen Katastrophen geführt. Aber es wird heutzutage besser aufgeräumt und entsorgt. Aber dennoch, irgendwo muss das schwarze ausgelaufene Gold gelagert und entsorgt werden. Das wird sich auch am Yasuni wiederholen. Der Staat muss aufpassen und braucht auch in Zukunft Kontrollbehörden, die auch einmal unbequeme Berichte abgeben müssen, die dann auch zu Änderungen führen. Aber in einem zentral geförderten Staat ist das oft nicht erwünscht. Das Ergebnis werden unsere Kinder und Enkel erleben.

Sonntag, 15. September 2013

Die letzten Tage Hospital Vozandes in Shell - Impressionen

Es sind die letzten Tage bei "vollem" Betrieb unseres Hospitales. Die einheimischen Mitarbeiter ahnen, was kommt, aber wissen es offiziell noch nicht. In 2 Wochen werden ca. 40 der 60 Mitarbeiter fristlos entlassen. Sie bekommen ihre Abfindung nach den Gesetzen des Landes, aber es tut uns mehr als weh. Denn ab dem 01.Oktober wird wohl nur noch ambulante Therapie bis Jahresende angeboten.
Dieses Wochenende:
Drei Mitarbeiter machen am Samstag die ambulante Sprechstunde am Morgen. Ich hatte 15 Patienten. Doch es war kein normaler Tag, denn zur Übergabebesprechung um 08.00 kamen wir nicht. Ein Unfall ganz in der Nähe.
Einer mit stärksten Rückenschmerzen ohne Knochenbruch - aber er bekam kaum Luft und wir mussten ihn zur Schmerztherapie stationär aufnehmen.-
Dessen Sohn war tief bewusstlos mit eingedrücktem Schädel und blutete fürchterlich. Also gleich in den OP, Schädeldecke angehoben, einen Bluterguss des Gehirns drainiert. Mehr können wir nicht machen. Außerdem hat er eine Halswirbelfraktur. Wir haben ihn so schnell wie möglich stabilisiert, Blut gegeben – Intensivtherapie -  und er muss verlegt werden.
Und dann - obwohl die Familie Beziehungen hatten DIE Katastrophe: Wir warten von 10.00 - 19.30 auf die Verlegung nach Quito.
Flugzeuge gibt es - aber die bekommen keine Erlaubnis für die Flughäfen Shell, Macas, Laracunga oder Quito, weil der Patient aus einem privaten Krankenhaus kommt. Der Staat hat neue Normen und die begünstigen staatliche Einrichtungen. Es lebe der Sozialismus! Schließlich bitten wir um einen Krankenwagen zur Verlegung in ein staatliches Krankenhaus in Quito (5 - 6 Std. Fahrt). Jede der staatlichen Institutionen lehnt den Transport ab. Die Familie kämpft mit all ihren Beziehungen. Wir haben längst keine Möglichkeiten mehr. Die Verlegung in der Nacht mit einem unserer Ärzte - in Quito angekommen, wird die Mutter mit dem Sohn nett empfangen mit den Worten: "Kommt der als Organspender?" Der Transport war zu spät. Der 19-jährige Patient verstirbt in den Morgenstunden in Quito.
Wir aber machen mittlerweile weiter mit einer Ellenbogenfraktur eines Mannes, der eigentlich am Morgen operiert werden sollte. Der Arme kommt erst am frühen Nachmittag dran. Denn an diesem Wochenende kamen die Augenärzte aus Quito, operieren Katarakte und andere  Augenleiden. Und Kinder brauchen dazu die Vollnarkose.
Der Nachmittag war frei. Da kommen aus der Provinzhauptstadt andere Patienten. Eine davon ist schwanger und hat beim Zuschauen eines Fußballturniers einen Ball direkt auf den Bauch abbekommen - 22. Schwangerschaftswoche. Frage: Ist dem Kind etwas geschehen. Aber es gibt in einem 150 Betten regionalen Schwerpunktkrankenhaus niemanden, der einen Ultraschall machen kann. Die ganze Familie war dankbar, dass ein Chirurg das hier machen konnte. Sie sind beruhigt. Und so geht der Tag weiter. Nachts ist es ruhig. Aber gleich am Morgen eine Frau mit starken Bauchschmerzen. Ursache: Ein Spulwurm in der Gallenblase, ein andere hat einen Knochen beim Hühnchen Essen im Rachen, einer blutet aus dem Magen....... ein ganz normales Wochenende......
Daneben ein Gottesdienst am Sonntagmorgen mit sehr interessierten Patienten, Angehörigen, Besuchern und Mitarbeitern. Wir beten auch für die Familie des Jungen, der inzwischen in Quito verstorben ist. Wir haben ihm eine Chance gegeben - jetzt bleibt Trauer zurück. Und auch die Mitarbeiter müssen erst einmal damit fertig werden. Wir sind ein Team und jeder hat sein Bestes gegeben. Tod und Leben liegen hier so nahe beieinander.
Es sind nur noch 2 Wochen bis zum Schließen des Hospitales. Es ist traurig zu sehen, dass es allein aus finanziellen Gründen geschieht. Gibt es eine Zukunft? Wir sind bereit weiterzumachen!!!!

Das Hospital Vozandes del Oriente ist am Ende

Lange durften wir als Missionare nichts sagen. Jetzt hat es gerade unser Leiter der Mission in alle Welt hinausposaunt. Gleich danach kam die Weisung, nichts zu sagen. Dann wieder Entwarnung. Wir fühlen uns an der Nase herumgeführt.
Fakt ist: Unser Hospital in Shell wird ab 01. Oktober zur Tagespflege - Therapie degradiert und am 31. Dez. 2013 zugemacht. Offiziell muss das noch vom Vorstand festgelegt werden, aber es wurden schon erste definitive Anordnungen erlassen, obwohl die Vorstandssitzung erst am 19 und 20. Sept stattfindet.

Was heißt das im Klartext und das tut uns besonders weh:

Nach dem 20 Sept. werden ca 40 der 60 einheimischen Angestellten bis zum 30. Sept entlassen. Sie erhalten eine Abfindung nach hiesigen Gesetzen, die beträchtlich ist, weil es eine fristlose Kündigung ohne Schuld des Angestellten ist. Davon können sie einige Zeit leben. Aber es ist ein Schock und es wird ein Tränenmeer geben. Die anderen ca. 20 Mitarbeiter gehen Ende des Jahres.
Uns tut das besonders weh, weil wir es seit fast 2 Monaten wissen, es keine Vorstandsentscheidung ist, sondern eine Entscheidung unserer Chefs und rein aus finanziellen Gründen. Begründet wird es mit ecuatorianischen Gesetzen und keiner unserer Chefs hat die Stirn, es unseren Mitarbeitern selbst zu sagen. Das darf unsere einheimische Verwaltungsleiterin den Mitarbeitern ins Gesicht schleudern. Ihr merkt, dass sich auch bei uns so einiger Groll angestaut hat und wir täglich darum ringen, dennoch für unsere Leiter zu beten und sie zu akzeptieren.
Es geht hier nicht um uns. Wir könnten in Quito noch einige Zeit arbeiten oder anderswohin gehen und dann in Rente. Es fehlen nur noch gut 2 1/2 Jahre. Aber Gott hat Klaudia schon vor langer Zeit das Projekt einer Kapelle aufs Herz gelegt. Das ist zu einem gemeinsamen Plan Vieler gewachsen mit einem immer klareren NEIN von Seiten unserer Mission. Seit Juni sind wir dabei, einen Plan zur Übernahme des Hospitales auszuarbeiten. Wir finanzieren mit 5% des Umsatzes unsere Missionszentrale in den USA, bekommen aber auch einiges zurück in Form eines Computerprogrammes etc. Es gibt alte Verträge mit einer Art von Gewerkschaft, die uns jedes Jahr kosten. Schon allein, wenn diese Beträge wegfallen, sind wir aus dem Defizit. Dieses Jahr haben wir mit weniger Missionaren und mehr einheimischen Mitarbeitern bewiesen, dass wir finanziell überleben können. Mit neuen, engagierten Menschen und frei von alten Bindungen sind neue Wege möglich. Seit 1985 (Inauguration des neuen Gebäudes des Hospitales) hat die Mission nichts zum medizinischen Fortschritt beigetragen. Wir sind medizinisch veraltet und brauchen dringend neue medizinische Geräte.
Argument der Mission ist, dass es jetzt ein staatliches und kostenfreies Gesundheitssystem gibt, das uns unwichtig macht. Im Mai 2013 ist in der nahen Provinzhauptstadt Puyo ein nagelneues staatliches 150 Bettenhospital eröffnet worden. Im Juni war bei uns wenig los.- Seit Juli sind wir gefragt wie nie zuvor, auch wenn man bei uns bezahlen muss. Wir sind überzeugt, dass das sozialistische staatliche System auf Dauer nicht funktioniert und sie suchen unsere Dienste (und bezahlen unsere Dienste nach ca. 6 Monaten) immer mehr. Die Patienten bestätigen uns das jeden Tag.
Was ist unser Plan? Zunächst warten wir bis zum 20. Sept. 2013. Dann kommt die definitve Antwort unseres Vorstandes. Unsere Mission will die Abfindung des alten Hospitales von uns bekommen - dafür erhalten wir Gebäude - Rechte - etc. Das sind geschätzte 1,5 Mio. Dollar. Dann müssen wir neue Ziele umsetzen. Wir brauchen ein neues Computer - Abrechnungssystem, Verwaltung etc. etc. Intern gibt es eine Unmenge von staatlichen Regelungen zu erfüllen. Und wir werden mit wenig Personal anfangen, langsam und vorsichtig erweitern zum 24 Std. Service 7 Tage die Woche.
Schließlich wird renoviert, ein neues Röntgensystem mit Computertomographie und einer Resonanzmagnetischen Untersuchung sind das Ziel. Wir hoffen, einen Röntgenarzt zu begeistern. Er bringt die Maschinen, wir die Gebäude und Patienten. Neue - alte Missionare haben die Hilfe zugesagt.
Zunächst aber muss die Mission in  Raten ihre Abzahlung erhalten, geschätzte fast 2 Mio Dollar.
Vor allem aber, und das hat längst begonnen, sind wir mit den Einheimischen im Gebet versammelt. Wir ringen um einen nationalen Vorstand, der das Vorhaben im Gebet und persönlicher Verantwortung übernimmt. Wir brauchen auch Hilfe von außen von Computerspezialisten, Leuten vom Bau, Elektrikern und sonstigen Handwerkern, Publicity Experten, Verwaltungsfachleuten, Ärzten und Schwestern in Kurzeinsätzen.........
In den letzten Wochen haben wir viele Wunder erlebt und sind in unserem Vorhaben unterstützt worden. Wir wissen, dass es klappen wird. Es ist Gottes Krankenhaus, das von einem Missionshospital zu einem national geführten christlichen Krankenhaus zur Selbständigkeit geführt wird und ein leuchtendes Beispiel im Osten Ecuadors sein wird. Gott hat uns eine Verheißung gegeben: Als die Assyrer Jerusalem belagerten - der ganze Nahe Osten war Assyrien untertan und der jüdische König Hesekiel verzweifelte (2. Kön.19,29 + 30): "Kein Pfeil wird in die Stadt fliegen, aber das Darumherum ist zerstört worden durch die Assyrer: Im ersten und im zweiten Jahr werdet Ihr essen, was von selber wächst. Erst im dritten Jahr werdet Ihr die Früchte Eurer eigenen Felder genießen dürfen." Wir sind auf 2 Jahre Dürre eingestellt. Wir freuen uns auf Mitarbeit, nicht gleich in Geld, zuerst im Gebet und im Suchen Seines Willens. Wir melden uns bald wieder.

Sonntag, 8. September 2013

Was läuft so abseits der offiziellen Nachrichten ab.......

Die geplante Ölförderung im Yasuni - Nationalpark erregt nach wie vor die Gemüter der Menschen nicht nur in Ecuador. In vielen Städten des Landes gab es Protestkundgebungen auf der einen Seite und an zentralen Plätzen auch Versammlungen für den Plan der Regierung. Dabei wird aber auch eine zunehmende Auseinandersetzung deutlich. Die Regierung beschuldigt Gruppen, junge Leute zu verführen, wenn sie sie zu Protesten ermuntern. Solche Drahtzieher gegen die Regierung sollen demnächst juristisch zur Verantwortung gezogen werden. Dafür darf man jederzeit den Mund aufmachen. Es wird deutlich, dass unter dem Deckmantel der Indoktrination andere Stimmen mundtot gemacht werden sollen.

Sichtbar wird das wieder einmal an der Presse: Erstens sind die Grenzen des Yasuni-Parkes nicht genau bestimmt. Der Zugang ist staatliche geregelt. Touristen dürfen nur in bestimmte Gebiete, wo sie unter sich sind. Die künftigen Ölfördergebiete darf man nur mit staatlicher Genehmigung betreten, muss anschließend als Journalist seinen Bericht mit Bildern abgeben und genehmigen lassen. Dann erst darf der Bericht veröffentlicht werden. Wenn das keine Zensur ist...

Und dass erst jetzt das Ölgebiet vorbereitet wird, stimmt wohl auch nicht. Die Petroindustrie hat schon seit 3 Jahren Straßen dort gebaut. Die Förderung ist längst beschlossene Sache, auch wenn sie erst vor knapp einem Monat der Öffentlichkeit bekannt gegeben wurde.

Der Regierung geht das Geld aus. In den Behörden wurde jetzt zuerst der Rotstift angesetzt werden. Dort soll weniger Personal mehr leisten. Die Verwaltung soll verschlankt werden, auf der anderen Seite sammelt der Stadt immer mehr Daten. Private Krankenhäuser müssen immer mehr Daten über ihre Patienten abliefern.
Auch werden zunehmend medizinische Dienste an private Anbieter ausgelagert. Die sind aber gar nicht davon begeistert. Sie erhalten ihr Geld nach staatlich festgesetzten Preisen erst nach manchmal 8 Monaten.

Ein  anderes Beispiel sind die Menschen, die in Rente gehen. Bei dem hiesigen Patronatssystem ist der Arbeitsgeber verpflichtet, dem ausscheidenden Mitarbeiter einen einmaligen hohen Betrag zu zahlen. Das ist etwa bei einem Mitarbeiter im Reinigungsdienst unseres Hospitales nach 35 Jahren gute 25.000 Dollar. Danach erhält der ehemalige Mitarbeiter eine monatliche Rente von der staatlichen Rentenkasse. Diese einmalige Zahlung nutzen viele, um sich für den Lebensabend ein kleines Geschäft aufzubauen, denn die Rente ist oft nicht genug. Viele Lehrer des staatlichen Dienstes würden jetzt gerne in Rente gehen. Der Staat gibt ihnen aber "Staatspapiere", die sie in 5 - 9 Jahren einlösen dürfen. (wenn sie dann noch leben). Also gehen viele eben nicht in Rente.

Der Monat September ist saisonbedingt immer ein schwacher Monat für private Krankenhäuser. Die Schule beginnt und die Menschen brauchen das Geld für ihre Kinder. Also werden medizinische Behandlungen verschoben. Wir erleben derzeit das ganze Gegenteil und wenn wir die Menschen fragen, warum sie zu einem privaten Hospital kommen statt des kostenlosen Dienstes in staatlichen Häusern, erhalten wir die Antworten: Dort sind wir eine Nummer und werden auch bei Notfällen wie offenen Knochenbrüchen auf später vertröstet, werden als Patienten angeschrien und keiner hat Zeit für uns. Das ist auch so, weil das Personal total überlastet ist. Etwa in der Sprechstunde hat ein Facharzt 10 min pro Patient. Er kann aber nicht etwa langsamer arbeiten und dann eben länger bleiben, weil sein Behandlungszimmer ab der bestimmten Stunde von einem weiteren Arzt gebraucht wird. Dieser Druck führt eben dazu, schnell zu machen.
Wir erleben derzeit eine zunehmende Müdigkeit der Bevölkerung gegen die Regierungspolitik und zunehmenden Druck gegen Gegner. Das Klima wird rauer. Wenn jetzt das Haushaltsgas teurer und der Benzinpreis angehoben werden soll, gerät das System noch mehr ins Wanken. Der Sozialismus gerät in eine Bewährungsprobe!