Sonntag, 11. September 2016

Grenzen geklärt

Ecuador hat eine lange Geschichte veränderter und ungeklärter Grenzen. Ursprünglich war die Audiencia de Quito, wie sie in der spanischen Kolonialzeit hieß mehrfach größer als heute. Dann kam die Unabhängigkeit vor 200 Jahren und es bildeten sich die Staaten heraus. In vielen Konflikten verlor Ecuador Gelände an Kolumbien und in der Zeit des 2. Weltkrieges an Peru. Dieser Prozess ist abgeschlossen und es bestehen Friedenverträge mit beiden Nachbarn. Worum sich also noch streiten? Ist nicht alles festgelegt? Weit gefehlt!!
In Kolumbien tobte der Bürgerkrieg mit den Guerrillabewegungen und das dortige Militär kämpfte mit logistischer Hilfe der USA dagegen. Da wurden die Cocaanlagen mit Giftpilzen besprüht, die natürlich auch andere Kulturpflanzen auf der anderen Seite der Grenze zerstörten. Die Guerrilleros richteten Lager im Urwald auf ecuatorianischer Seite ein, die wiederum das kolumbianische Militär angriff, also Operationen auf hiesigem Gelände durchführt. Das führte zu ernsten Konflikten mit den Nachbarn. In der Praxis ist der Friede nach wie vor brüchig.
Aber weltweit hat sich der Grenzstreit auf das Meer verlagert. Im Fernen Osten streiten sich Japan und Russland, China und Vietnam, China und Japan usw. um meist unbewohnte Inselgruppen, weil vielleicht Erdöl vermutet wird. Am wichtigsten aber ist der Streit um Fischgründe geworden. Also ist die Küste längst nicht mehr die Grenze eines Landes. Es geht um eine Gebiet von unterschiedlichen Seemeilen, die ein Staat für sich beansprucht.  Das ist einfach, wenn die Küste geradlinig ist, wenn aber er Kontinent eine Kurve macht, gibt es Streit. Peru und Chile liegen sich darüber seit Jahren in den Haaren.
Ecuador ist da in einer besonderen Lage. Der Golf von Guayaquil liegt nicht weit von Peru entfernt. Da hat man sich mit dem südlichen Nachbarn auf eine Meeresgrenze geeinigt. Aber in Mittelamerika macht die Küste einen großen Bogen und zu Ecuador gehören die 1000 km entfernen Galapagosinseln. Zu Costa Rica gehört die Isla de Coco - mögliche Ursache für Konflikte. Seit 30 Jahren arbeiten Experten an einer Lösung und dieser Tage wurde eine internationale Vereinbarung getroffen auf Galapagos getroffen zwischen Ecuador, Kolumbien, Panama und Costa Rica. Somit sind mögliche Streitpunkte ausgeräumt. Aber es regelt auch den Fischfang in "unserer" Gewässern denn mehr und mehr kommen ausländische Fischfangflotten etwa aus Japan, um Thunfische zu jagen. Da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Aber alleine um Galapagos herum ist ein Gebiet festgelegt, dass über 5 mal größer ist als unser Staatsgebiet.
30 Jahre Vorbereitung ist ein langer Weg für den Frieden auf dem Meer. Jetzt kann der Ozean vor Ecuador Küste wieder friedlich genannt werden, wie ursprünglich sein Name auch meint - PAZ - FRIEDE.

Sonntag, 4. September 2016

Shell-Nachrichten

Wir sind jetzt etwas über 3 Monate im alten Krankenhaus und die meisten Patienten wissen jetzt, dass wir umgezogen sind. Die Zahl der Patienten steigt trotz der Ferienzeit leicht an und auch die Einnahmen sind besser, doch wir arbeiten noch immer an der Grenze. Für Rücklagen reicht es noch lange nicht, die brauchen wir aber. Wenn ein Mitarbeiter kündigt, müssen wir ihn nach dem Patronatssystem auszahlen. Das ist uns jetzt passiert, als eine Ärztin über Nacht kündigte, weil sie im staatlichen System weit mehr verdient. Der August hat uns zusätzlich gekostet, da für September jeder Mitarbeiter ein doppeltes Grundgehalt bezieht. Ich fürchte mich schon vor Ende November. Dann gibt es ein volles Gehalt zusätzlich.
Aber wir sind mit unserem Team sehr zufrieden. Keine verlangt Geld für Überstunden oder für Zeiten nach 18.00. Aber mit zunehmenden Patientenzahlen wird auch mehr gefordert. Die Nachmittage mit kaum Patienten werden weniger.
Unser Labor funktioniert und ist derzeit zu über 60% ausgelastet. Es besteht also noch Spielraum bevor wir eine neue Kraft anstellen müssten.
Der Ultraschall funktioniert. Eigentlich müsste ich die Routineuntersuchungen an einen Techniker abgeben. Doch dann würde derzeit noch nicht einmal sein Gehalt reinkommen. Also müssen wir warten.
Wir haben mit Operationen wie Leistenbrüchen und einfacher Handchirurgie angefangen, alles in Lokalnarkose. Das ist ausbaufähig.
Unsere Apotheke macht mir Sorgen. Sie bedeutet viel Arbeit und wenig Einkommen. Wir haben keine wirkliche Apotheke, dürfen aber Medikamente verkaufen, die unsere Ärzte verschreiben. Fremdrezepte dürfen wir nicht annehmen. Finanziell gesehen lohnt sich dieser Arbeitszeig überhaupt nicht. Unser Verdienst liegt bei monatlich $ 250,- und wieviel Arbeit steckt dahinter. Aber unsere Patienten erzählen uns immer wieder, dass sie hierher kommen, weil sie dann gleich die Medikamente mitnehmen können. Also müssen wir diesen Service anbieten. Doch es ist unserem Personal schwer klar zu machen, dass wir nicht immer das billigste Angebot kaufen müssen. Der Staat schreibt eine Gewinnmarsche von max. 20% vor. Die dürfen wir nicht überschreiten. Kaufen wir jetzt eine billige Tablette für 3 Cent gewinnen wir weniger als bei einer Tablette für 5 Cent. Andererseits vergleichen unsere Patienten sehr wohl die Preise auf dem Markt.
Wenn man das so liest, scheint sich alles um Geld zu drehen. Dem ist nicht so. Wir haben Patienten, die eigentlich wegen Lungenentzündung mit 74 Jahren stationär behandelt werden müssten. Aber sie kommen 2 mal täglich für Infusionen und intravenöse Antibiotika zu uns. Wir haben Patienten mit schwerer Flüssigkeitsmangel stundenlang bei uns, um sie ambulant aufzupäppeln.  Das macht viel Arbeit, bringt uns aber das Vertrauen zurück, dass das Vozandeskrankenhaus ehemals hatte.
Wir denken gleichzeitig an die Zukunft. Ein Architekt wird uns dieser Tage einen detaillierten Plan für die Renovierung des OP-Bereiches geben. Und unsere Frühere Mission Reach Beyond (HCJB) kam auf uns zu mit der Bitte, doch verschiedene Geräte abzukaufen. Da sind zwei Stromgeneratoren für Betrieb bei dem hier häufigen Stromausfall, ein gebrauchtes aber funktionierendes Operationsmikroskop (für Augenoperationen) und die Röntgenanlage. Der Wert in den Büchern liegt bei gut $ 100.000,-. Die Mission bietet uns das Paket (mit MWSt) für 15.000 Dollar an und wir haben zugesagt. Einiges können wir aus Spenden bezahlen, aber ca. $ 10.000,- sind noch nicht gedeckt und wir werden der Kaufvertrag unterschreiben und auf Gottes Hilfe vertrauen. Wir haben bis Februar 2017 Zeit.
Der andere Plan ist das große Projekt, das ganze Krankenhaus zu sanieren, ein Verwaltungs-Labor- Restaurantgebäude anzubauen und die Krankenhausküche sowie die Notaufnahmen auf neuesten Stand zu bringen. Das ist unser Fernziel. Eine ehemalige Mitarbeiterin ist fleißig dabei. Wir werden den Plan später vorstellen.
So kamen wir vom Heute, den operativen Geldsorgen über zufriedene Patienten, bei denen wir einigen das Leben retten durften hin zu Zukunftsplänen, in die wir Freunde, Organisationen und Gruppen einbinden möchten. Aber das wichtigste Anliegen ist: Wir brauchen neue Missionare mit einer geistlichen Vision, Diener am Wort und in ihrem Beruf. Das ist unser dringlichstes Gebet!

Samstag, 3. September 2016

Fortsetzung der Sparpolitik

In einem Jahr wird in Ecuador gewählt. Die Parteien formieren sich, schmieden vorübergehende Koalitionen. Die Regierung hält sich bedeckt. Noch immer sieht es so aus, als ob Präsident Correa nicht wieder kandidieren wird. Aber die Wirtschaftskriese spürt hier jeder. Mehr und mehr Menschen suchen Arbeit. Der Staat muss drastisch sparen und sucht neue Wege. Derzeit ist das Militär im Visier. Dort gärt es ordentlich
Tatsache war, dass Ecuador sich über lange Zeit gegen seinen Erzfeind Peru verteidigen musste. Von daher war der Militärhaushalt hoch. Ecuador ist viel kleiner als Peru, weißt die Hälfte der dortigen Bevölkerung aus, hatte aber in etwa den gleichen Militäretat wie Peru. Wer im Lande Karriere machen wollte, der ging zum Militär, wer geringere Ambitionen oder Chancen hatte, zur Polizei. Da waren die Arbeitsplätze sicher und der Aufstieg möglich.  Doch seit 2000 ist Peru nicht mehr der Feind und seit Neustem haben die FAR- Rebellen in Kolumbien mit der dortigen Regierung einen Friedensvertrag geschlossen. Bisher sah es so aus als ob das hiesige Militär vom Erzfeind Peru im Süden nun alle Kräfte gegen den nördlichen Nachbarn Kolumbien bündeln müsste. Dort im Norden sollten neue Garnisonen errichtet werden. Doch auch das ist scheinbar nicht mehr nötig. Also ist das Militär nicht mehr so nötig - sprich - muss verkleinert werden.
Die allgemeine Wehrpflicht, die nach wie vor hierzulande Gesetz ist, ist längst ausgehöhlt. Es gehen nur die Söhne armer Bevölkerungsschichten dorthin. An ihnen wird derzeit am meisten gespart. Sie haben keine militärische Krankenversorgung mehr und werden vom Gesundheitsministerium in deren staatlichen Einheiten versorgt. In der Praxis bedeutet das lange Wartezeiten. Und manche Wehrpflichtige kommen da lieber in unsere Klinik in Shell.
Aber auch den Berufssoldaten geht es jetzt an ihre Privilegien. Streitpunkt war eine Gelände in Guayaquil, das der Rentenfond der Soldaten gekauft hatte, der Staat ihnen aber wieder abnahm. Aktive Soldaten dürfen nicht streiken, also taten es die Militärrentner mit medienwirksamen Demonstrationen. Auch die Militärleitung beteiligte sich am Prostest. Präsident Correa setzte daraufhin die gesamte Militärführung ab. Und auch neue Führung bat um Wahrung der Rechte der Berufssoldaten.
Correa hat einen fleißigen und fähigen Mitarbeiter, Ricardo Patiño. Er war Außenminister, brachte in schwierigen Zeiten die Regierungspartei bei zahlreichen Schwierigkeiten wieder auf Vordermann. Seit einigen Monaten ist es Verteidigungsminister. Das zeigt uns, dass Correa nun das Thema Militär anpackt. Zunächst muss der Verteidigungsminister die Unruhe  der Militärs bekämpfen. Im Parlament laufen derzeit Änderungen der Rentenansprüche der Streitkräfte. Viele Militärs bitten um frühzeitige Berentung, denn eines ist klar: Die Renten werden in Zukunft gekürzt - also nichts wie raus! Dem Verteidigungsminister dürfte das recht sein. Das Militär muss reduziert werden. Es kann nicht sein, das Ecuador einen so hohen Militärhaushalt besitzt. Nur dass das gerade in der wirtschaftlichen Kriese stattfindet, ist bitter für viele Menschen, die keine andere Arbeit finden. Präsident Correa macht sich bei diesem Umbau sicher keine Freunde, aber die Not zwingt ihn dazu.