Freitag, 17. Februar 2012

Wo stehst Du?

Wir kommen gerade zurück von einem Besuch hier in Shell. Freitagabend - Feierabend und einfach mal jemanden besuchen. Und dann die Wende. Der Schock: Er sitz im Knast wegen Drogen. Die erste Haft für fast einen Monat auf 15 Quadratmetern Zelle zu 8. dann noch mehr und in Spitzenzeiten 25. Kein Essen gereicht. Die Familie muss für die Verpflegung sorgen. Jetzt ist er verlegt worden in ein anderes Gefängnis mit weniger Kumpels auf der Bude und Verpflegung. Seine Frau hat ihn bisher jeden Tag besucht, jetzt ist er 100 km weit weg und ein Besuch ist nur dreimal wöchentlich erlaubt.

ER ist hier in Shell groß geworden. In jungen Jahren hat er mit Freunden zusammen über viele Umwege einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und sich ihm verschreiben. Viel später berichtet er, dass es ihm von da an gut ging, es aber immer wieder Schwierigkeiten gab. Alle seine Kumpanen und er hätten immer wieder nur Niederlagen erlebt. Danach auf einer Südamerikareise war er beispielsweise in Bolivien für den Tod eines Drogensüchtigen verantwortlich gemacht worden und landete im Knast. Durch Bestechungsgelder seiner Familie aus Shell kam er wieder frei. Und schließlich durch den Einfluss seiner Mutter, die bei uns im Hospital arbeitet will er die Änderung. Er beginnt ein neues Leben und entsagt sich bewusst dem Einfluss Satans. Er nimmt Jesus als seinen Herrn an. Wir wollen ihn in seinem neuen Glaubensleben begleiten, doch er macht nur kurze Zeit von der Hilfe Gebrauch. Alles sind froh über den Neubeginn. Er entschwindet unserem Blickfeld. Wir können nur noch für ihn beten.

SIE kommt aus Europa und ist in der Buchhaltung internationaler Firmen hauptsächlich in Asien tätig, verdient ihr gutes Geld. Dann aber steigt sie aus, will eine Weltreise machen und bleibt in Baños ganz in unserer Nähe hängen. Baños ist Zentrum für Touristen, die Abenteuer aller Art suchen und Touristenführer verdienen dort ihr Geld. Dort findet SIE IHN und sie beginnen ein gemeinsames Leben mit Heirat und Schwangerschaft. Die Zukunft ist geplant. Es soll noch vor der Geburt des Kindes nach Europa gehen, Flugtickets sind gekauft. Dann plötzlich die Nachricht, dass etwas dazwischen gekommen sei. Eine Hausdurchsuchung hat den Fund von Drogen ergeben, die mehr als der "Normalbedarf" ist. Die Drogen gehören ihm. Gefängnis und eine unsichere Zukunft. Die Geburt seines Kindes wird er nicht im Krankenhaus miterleben. Und es könnten 4 Jahre Haft sein, von denen er mindestens die Hälfte absitzen muss. "Freunde" hatten der Drogenpolizei wohl den Tip gegeben.

Dahinter steckt ein klarer geistlicher Kampf. Jemand hat den Machtbereich des Teufels verlassen, eine klare Absage getroffen, aber dann ist er nicht weiter in der neuen Welt gewachsen. Jetzt kommt die Rache. Touristenführer haben immer auch "Stoff" für ihre Kunden parat. Ein Großteil der Touristen kommt nicht nur wegen der schönen Landschaft hierher. Sie wollen auch Abenteuer, sexueller oder anderer Art und bezahlen dafür. Baños ist dafür ein Zentrum. Also versorgte sich unser Freund auch mit "Stoff", den er auch mit seinen Freunden zusammen hier und da "genoss". Jetzt hat sich der Teufel für die Abkehr gerächt. Der Anruf bei der Drogenpolizei war von einem "ehemaligen Freund", doch dahinter steckt ein viel Mächtiger.
Mit zeigt diese traurige Lebensgeschichte, wie sehr wir uns hüten müssen, mit einem Bein in diesem, mit dem anderen Bein ihn jenem Herrschaftsbereich zu stehen. Dann sind wir besonders anfällig - und - mit dem Teufel ist nicht zu spaßen!!!

Demokratie in Ecuador

Der Zeitpunkt war wieder einmal bestens gewählt. Wie damals Ende Oktober, als die Regierung tausende Mitarbeiter aus dem Gesundheitsdienst und anderen Behörden durch Linientreue ersetzte. Damals war es vor Feiertagen gewesen. Der Präsident hatte extra noch einen zusätzlichen Feiertag für alle verkündet. Wenige Tage vorher platzte die Bombe der Entlassungen - dann das lange Wochenende und vergessen war alles trotz nachträglicher Proteste, die aber im Sande verliefen.
Jetzt standen die Faschingsfeiertage an die vorab ausdrücklich als mögliche Feiertage deklariert wurden und am Donnerstag davor die entscheidende Sitzung des obersten Gerichtes über den Prozess gegen die größte Zeitung des Landes - el Universo. Das endgültige Urteil: 3 Jahre Haft für den Herausgeber der Zeitung und 40 Mio. Wiedergutmachung wegen Rufschädigung des Präsidenten an den Verlag. Trostpflaster: Die Zeitung kann ja einen zinsgünstigen Kredit aufnehmen.
Was steckt dahinter? In Ecuador kann jeder für seine Meinung haftbar gemacht werden. Das gilt in erster Linie für Journalisten. Diese regierungskritische und größte Zeitung des Landes hat in einem Kommentar den Präsidenten angegriffen und der schlägt jetzt zurück. Es ist eine Gesetzesverschärfung für Medien im Parlament auf dem Weg. Aber hier geht es um noch viel mehr.
Unser Präsident hat sich zum Ziel gesetzt, zuerst die finanzielle Macht von der der Medien zu trennen. Banken mussten ihre Beteiligungen an Fernsehsendern und anderen Medien verkaufen. Das haben viele noch eingesehen, auch wenn es da schon heftige Proteste gab von Menschen, die die Richtung absahen. Dann wurden die kritischen Medien von jeder Information von Seiten der Regierung systematisch und kategorisch ausgeschlossen. Die Regierung bestimmt, was raus darf Als nächster Schritt dominiert die Regierung mit Werbespots die Medien. Das kostet zwar, bringt aber Stimmen. Der Werbehaushalt des Präsidenten ist dieses Jahr vervielfacht, 80-fach höher als bei vorherigen Regierungen.
Der Höhepunkt war aber jetzt der Prozess vor der höchsten Instanz.
Schon am Morgen waren die Straßen rund um das Gebäude gesperrt worden. Wenige Demonstranten für die Pressefreiheit wurden von eilends per Facebook herbeigerufenen Demonstranten in der lindgrünen Farbe der Präsidentenpartei angegriffen und die dabei Zeitungen verbrannten. Dass eine Richterin die Tage vorher zurückgetreten war, weil ihr der Rechtsanwalt des Präsidenten Geld angeboten hatte, wenn er das endgültige Urteil schreiben dürfe, spielte hierbei wohl keine Rolle. Der Prozess selbst war eine Show, wie wir sie aus Diktaturen kennen. Kein kritischer Journalist war zugelassen. Die Präsidentengarde kontrollierte die Türen. Filmen war nur den Regierungsmedien erlaubt, offiziell verboten. Nach einer langen Sitzung dann das Urteil, das jeder erwartet hatte.
Der Schreiber des besagten Artikel hat sich schon vor einigen Wochen in die USA nach Mimai abgesetzt und politische Asyl beantragt, das er nun wohl auch erhält. Der Leiter des Zeitungsverlages ist in die Botschaft Panamas in Quito geflüchtet und hat politische Asyl erhalten. Ecuadors Präsident zeigt sich verwundert, dass Panama ihm Asyl gewährt. Jetzt wartet er auf freies Geleit als politischer Asylant.
Alles hat einen legalen Anstrich, aber die Form des letzten Prozesstages, das Anreisen von 8 Ministern und vielen anderen wichtigen politischen Größen des Landes zum Prozess riecht mehr als nur ein wenig an ein Gebaren, wie es Regierungen haben, die so leicht die Macht nicht mehr aus der Hand geben, ohne dem Kind einen offiziellen Namen zu geben.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Ecuador und intern.Handelsabkommen

Dieser Tage werden die Verhandlungen Ecuadors mit der Europäischen Union wieder aufgenommen. Unser sozialistischer Staat tut sich mit Freihandelsabkommen schwer. Dazu reist der hiesige Kanzler, der so etwas wie ein Präsidentenvertreter ist mit einer Kommission nach Brüssel. Einerseits möchte Ecuador nicht mit billigen Nahrungsmitteln etwa aus Nordamerika überschwemmt werden, andererseits hat es aber auf dem Weltmarkt etwas anzubieten und muss es verkaufen. In der Regierung streiten sich die Befürworter einer Öffnung des Landes mit denen einer Abschottung. Präsident Correa hat diese Verhandlungen für ein Jahr ausgesetzt, jetzt aber grünes Licht dafür gegeben.
Was hat Ecuador denn zu bieten?
Nummer eins der Exporte Ecuadors in die EU sind die Bananen. Ein Viertel unseres Bananenexportes gehen nach Europa. Nur Kolumbien verkauft mehr dahin und Costa Rica liegt knapp hinter Ecuador.
23% unseres Thunfischfanges geht an den Alten Kontinent und damit liegt Ecuador noch vor den Konkurrenten Thailand und den Sychellen.
Ecuador ist zwar der zweitgrößte Produzent weltweit von Krabben, aber nur 13% unserer Produktion gehen nach Europa. Hier sind unsere stärksten Konkurrenten Argentinien und Indien.
Kakao war vor 100 Jahren noch der Exportschlager Ecuadors. Dann hat Afrika mit billigerer Produktion Amerika ausgeschaltet. Jetzt wächst der Kakaoexport langsam wieder, aber nur 5% der hiesigen Ernte geht in die EU. Ghana und Nigeria liegen da weit vorn.
Unser Exportschlager sind derzeit die Blumen, besonders die Rosen, Tendenz steigend. Hierbei gehen fast 18% der Ernte nach Europa. Nach Kenia und Äthiopien liegt Ecuador auf dem dritten Platz von Europa aus gesehen.
Und fast 18% des ecuatorianischen Kaffees geht zu Europas Kaffeeröstereien. Hier liegen wir noch vor Kolumbien, dem Kaffeeanbauland Amerikas.
Es wird deutlich, dass Ecuador nach Erdöl, das weltweit anderen Markgesetzen gehorcht, ein landwirtschaftlich ausgerichtetes Land ist. Es will sich schützen vor billiger Überschwemmung von Weizen, Mais, Zucker, Kartoffeln etc., weil sie hier in Handarbeit angebaut, viel teurer produziert werden. Auf der anderen Seite möchte es seine Spitzenprodukte natürlich gewinnbringend loswerden. Deswegen muss es verhandeln.
Aber bei der EU werden noch andere Fragen gestellt, die weit über reine Wirtschaftsfragen hinausgehen. Hier geht es um die Demokratie und die Pressefreiheit, die derzeit hierzulande eingeschränkt wird. Mehrere spektakuläre Prozesse gegen Journalisten passen da nicht gerade ins Bild. Die Regierung versucht diese Regulierung als normale demokratische Prozesse herunterzuspielen, die das Parlament auf legalem Weg passieren. Das Ausland ist alarmiert. Über das Ergebnis der Verhandlungen in Brüssel dürfen wir gespannt sein.

Donnerstag, 9. Februar 2012

Der Falklandkonflikt geht weiter

Wer erinnert sich nicht noch an den Falklandkrieg zwischen April und Juni 1982. Die kleine Inselgruppe im Atlantik vor Südatlantik war von Argentinien über Nacht angegriffen und später von Großbritannien wieder zurückerobert worden. Über 650 Argentinier und gut 260 Engländer fanden dabei den Tod. War es das wert? Die Insel ist von einigen Briten und vielen Schafen bewohnt. Warum lässt das Königreich Europas sich den Besitz so viel kosten? Jetzt hat kürzlich Argentiniens Staatpräsidentin Fernanda Kirchner den Anspruch Argentiniens auf die Inselgruppe wiederholt. Prompt schickt England zwei wichtige Kriegsschiffe auf den weiten Weg ans andere Ende der Erde. Die Spannungen wachsen. Ecuadors Staatspräsident Correa bei einem Besuch in Venezuela wies noch einmal darauf hin, dass die Kolonialzeit endgültig vorbei sei und die Inselgruppe zu Argentinien gehören. Andere Staaten denken das Gleiche, aber sagen es nicht so laut.
Als Gründe wurden und werden immer wieder Ölfunde um die Inselgruppe angeführt. Bewiesen ist das offiziell noch nicht, aber auch nicht ausgeschlossen. Und um Erdöl wurden schon ganz andere Kriege geführt.
Doch viel wichtiger als das ist die weitere Zukunft. es geht um Rohstoffe. Die Antarktis ist der Kontinent der Zukunft. Bis 2041 gilt der internationale Pakt, dass jeder auf der Antarktis forschen darf, aber keiner dort Schätze abbauen darf. Dort aber lagern ca. 70 mal mehr Mineralien als sonst auf der Erdoberfläche. Magnesium, Titan und andere wertvolle Mineralien liegen dort in großer Menge. Schonheute forscht die Kosmetikindustrie der Welt, wie Lebewesen teilweise bei Minusgraden und schlechtesten Lichtbedingungen überleben können und wie man dieses Wissen zu Geld machen kann. Eine ganze Industrie forscht dort bereits über nationale Forschungsprogramme, auch aus Ecuador mit einer Forscherstation.
Derzeit bringen die Falklandinsel, spanisch "Las Malvinas" keinen Gewinn ein. Man machte kurzerhand ein Steuerparadies daraus, in dem sich Finanzhaie tummeln sollen. Doch das ist nicht der Hauptgrund. Die Falklandinseln sind ein Sprungbrett Europas für die Zukunft. Deswegen lohnt es sich, Kriegsschiffe zur Abschreckung zu schicken. Und so werden wir noch mehrmals Säbelrassel vernehmen und auch hier sicher einige Schüsse hören. Aber weder Argentinien noch Großbritannien werden sich ernsthaft dabei weh tun, denn noch ist Zeit bis 2041.

Wie geht es weiter mit FARC?

Die revolutionären Streitkräfte Kolumbiens FARC sind die größte der nachbarlichen Untergrundbewegungen, die über nunmehr über 4 Jahrzehnte Kolumbien terrorisieren. Erst kürzlich haben sie durch Bombenattentaten in Städten des Landes von sich reden gemacht. Ihr Stern ist am Sinken, ihre Führer einer nach dem anderen gefallen bzw. altersschwach gestorben. Sie sind abgedrängt worden in die unwegsamen Urwaldregionen und sich zu verstecken wird immer schwieriger. Kolumbien hat ihnen den Kampf angesagt und seit ca. 10 Jahren sind sie Randfiguren, wenn auch gefährliche. Die Zeit, in denen sie ganze Landstriche beherrschten, in die sich kein Soldat und kein Polizist trauten, sind längst vorbei. Man kann in Kolumbien bis auf extreme ländliche Gebiete wieder bereisen und braucht keine Militärbegleitung wie einst, wenn man etwa von Bogotá aus in den Ferien an die Küste wollte.
Die USA haben im Zuge der Drogenbekämpfung seit Jahren logistische Hilfe geleistet. Dabei wurden die Leiter der einzelnen Untergrundkämpfer systematisch geortet. Mobiltelefone und Internetverbindungen wurden denen zum Verhängnis. Sie wurden ausgemacht und durch gezielte Militäraktionen liquidiert. Eine davon fand auf ecuatorianischem Territorium rund 3 km jenseits der Grenze statt, was zu jahrelangen diplomatischen Streitigkeiten der beiden Nachbarn führte und erst mit einem neuen Präsidenten Kolumbiens beigelegt wurde.
Seit Jahren gibt es Kolumbien Programme, die Untergrundkämpfer zur Aufgabe und Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu bewegen und ihnen Anreize zu diesem Schritt zu geben. Der Plan scheint zu fruchten. Die Guerilla verliert ihre Anhänger. Jetzt hat ein Überläufer wieder die neuesten Standorte verraten. Timoleón Jiménez ist der derzeitige höchste FARC - Chef, genannt "Timochenko". Und er operiert angeblich von einem Standort in Venezuela nahe der kolumbianischen Grenze aus. Er ist von mehreren Sicherheitsringen seiner Getreuen umgeben. Ob ihn das schützen kann, wenn das kolumbianische Militär mit seinen Antiguerillatruppen angreift, darf bezweifelt werden.
Bezeichnend ist, dass er in Venezuela leben soll. Das linksgerichtete sozialistische Venezuela hat denkbar schlechte Verbindung zu Kolumbien und mehrfach seine Streitkräfte an der Grenze zu Kolumbien demonstrativ aufmarschieren lassen. Auf der anderen Seite hat Venezuela seit Jahren nicht Wirkliches gegen die Untergrundbewegung vorzuweisen, ganz anders als Ecuador beispielsweise an seiner Grenze zu Kolumbien. Die politischen Zwistigkeiten machen sich die Guerillas zu Nutzen.
Doch ihre Zeit ist vorbei. Der Stern sinkt und sie haben Schwierigkeiten, Leute zu rekrutieren. Das heißt aber nicht, dass sie aufgeben. Verzweifelte Bombenaktionen zeigen, dass sie noch zu Fürchterlichem in der Lage sind. Und finanziell stehen sie Dank der Nähe zu den Drogengeschäften immer noch gut da. Doch da ist auch längst eine Änderung eingetreten. Die Drogenstraßen der Welt führen mehr und mehr andere Wege wie über normale Geschäfte und Warenaustausch durch die üblichen Handelswege. Und die linken Parolen gegen den Klassenfeind ziehen auch nicht mehr so wie früher.
Dennoch wird es noch lange dauern, bis die Guerilla auch praktisch aufgibt. Zu viele Kämpfer haben ihr Leben dahinein gegeben und außer zu kämpfen nichts anderes gelernt. Wenn die heute ihr Geld ehrlich verdienen müssten, würden sie als Taugenichts dastehen und sich blamieren. Dann kämpft man doch lieber weiter, wofür auch immer und wenn es den Heldentod bedeutet. So ist der Weg zum Frieden in Kolumbien noch weit, aber er ist langsam in Sichtweite.

Sonntag, 5. Februar 2012

Lateinamerika, Spitzenreiter bei Abtreibungen -

dies belegt eine weltweite Studie über Abtreibungen, die jetzt in London bekannt gegeben wurde. Das Institut Guttmacher hat sie unlängst veröffentlicht. Bereits 1995 waren solche Studien weltweit gemacht worden. Jetzt wurden die Zahlen mit den Daten von 2003 und 2008 verglichen. Befragt wurden Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 44 Jahren und die Abtreibungsrate auf 1000 Frauen pro Jahr hochgerechnet. Asien, Europa und Afrika liegen mit 27 - 29 Abtreibungen auf dem Mittelplatz, Ozeanien zeigt die niedrigste Rate mit 17 auf, Nordamerika liegt bei 19 und Lateinamerika ist Spitzenreiter mit 32 pro Jahr.
Bei der Studie wird weiter festgestellt, dass die Abtreibungszahlen weltweit rückläufig sind, am stärksten in Europa, wo sie besonders zwischen 1995 und 2003 um 21% gesunken sind, sonst sind es weltweit geringere Verbesserungen so um 3 - 5 %.
Wo sind die Ursachen für die unterschiedlichen Entwicklungen zu suchen? In Europa und Nordamerika ist der Abort schon seit vielen Jahren erlaubt und deshalb Teil des Systems und einfach zu haben. Unsichere Abtreibungsmethoden ohne geschultes Personal sind mehr und mehr die Ausnahme. Und besonders die Aufklärung und Prävention ist deutlich verbessert worden. Deswegen sind weniger Abtreibungen nötig. Nicht in der Studie aufgenommen sind die Frühestabtreibungen wie "die Pille danach", die das befruchtete Ei abtötet.
In Asien ist die Abtreibung ein gängiges Mittel zur Bevölkerungsregulierung, besonders in China. Doch die Länder Asiens sind sehr unterschiedlich in ihrer Entwicklung. Die Tendenz ist aber auch hier hin zur Verhütung und langsamem Rückgang der Abtreibungszahlen.
Afrika und Lateinamerika sind unterschiedlich. Warum schneidet Afrika da besser ab?
In beiden Kontinenten ist es gut viele Kinder zu haben, besonders in den ländlichen Gebieten. Kinder werden leichter akzeptiert, auch wenn sie in diesem Moment nicht ins Lebenskonzept passen. Und viele Frauen wissen noch nicht, wie man sich vor Schwangerschaften schützen kann. In Afrika reißt die AIDSepidemie ein großes Loch in die Bevölkerung und da denkt man weniger an Abtreibung.
In fast allen Ländern Lateinamerikas ist Abtreibung offiziell verboten, in der Gesellschaft aber durchaus akzeptiert. Deswegen ist hier die Zahl der risikoreichen Abtreibungen besonders hoch. Sie stieg von 44% im Jahr 1995 auf weltweit 49 im Jahre 2008 und war besonders in Lateinamerika erschreckend hoch.
Ich persönlich aber glaube, dass die Abtreibungsrate in Lateinamerika in Wirklichkeit noch höher liegt. Unsere Patientinnen aus dem Urwald erzählen und freimütig, wie man mit Pflanzen und anderen Methoden, die sie kennen, eine Schwangerschaft beenden kann. Es wird dort tagtäglich praktiziert. Und ich bin überzeugt, dass das in Asien und Afrika auch nicht anders aussieht.
Ungewollte Schwangerschaft ist ein Thema der Menschheitsgeschichte. Gerade da, wo die Zukunft und Freude der Menschen liegt, ist auch der größte Missbrauch getrieben worden. Nicht umsonst sind Teile der modernen Gynäkologie und Geburtshilfe der perverseste Teil der Medizin geworden. Glück und Sünde liegen so nahe beieinander. Wir brauchen mehr als Abtreibungsstatistiken, um glücklich zu werden. Wir brauchen eine klare Richtung im Leben und Kinder, die dieses Glück manchmal ein wenig durcheinanderbringen, unsere Pläne kreuzen und uns dann im Nachhinein erkennen lassen, dass Gott es sehr gut mit uns meinte.

Samstag, 4. Februar 2012

Wir lernen dazu

Wir sind nun schon viele Jahre hier im Land und in unserer Indianergemeinde In Mondayacu im Amazonastiefland tätig, aber immer noch merken wir, wie wenig wir wirklich von den Menschen verstehen.
Wir haben dort eine neue Entwicklung und wollen ihr gerecht werden. Unsere Kinder von damals sind heute Jugendliche und junge Erwachsene und beginnen ganz plötzlich eine eheähnliche Gemeinschaft. Die Jungen wollten zunächst nicht. Sie sind inzwischen weit über 20 und dachten nicht an Ehe. Wir haben sie ermutigt, diesen Schritt zu tun. Die Mädchen sind noch auf der weiterführenden Schule und wenig am Stoff bis hin zum ecuatorianischen Abitur interessiert. Sie werden in dieser Zeit schwanger und das gibt kein großes Theater zuhause, haben ihre Eltern doch ähnlich angefangen. Und die Jugend kopiert ihre engsten Vorbilder oft unbewusst. Manche Mädchen haben noch schnell die Abschlussprüfung auf der Sekundaria gemacht. Jetzt aber beginnt eine neue Etappe ihres Lebens.
Dann erscheinen die beiden vor ihren Eltern und eröffnen ihnen, dass sie schwanger ist und dass sie ab heute zusammenziehen werden. Hier und da gibt das einen Tag Krach, dann ist alles akzeptiert und man lebt im Hause der Eltern für 1 - 2 Jahre. Oft geht es anschließend zu den Eltern der anderen Seite. Es kommen Kinder, die immer willkommen sind. Es findet sich immer ein Weg, sie zu versorgen.
An einem Beispiel wird die hiesige Kultur noch deutlicher. Wenn ein Mädchen, wie in unserer Gemeinde geschehen, eine Nacht wegbleibt, und bei einem Jungen übernachtet, weil kein Bus mehr geht, ob die beiden was miteinander haben oder nicht, dann gilt das als Zeichen der Ehebereitschaft. Der junge Mann muss dann um die Hand der Tochter bei ihren Eltern bitten. Andererseits hätte sich das Mädchen gewünscht, dass sie jemand gesucht und nach Hause gebracht hätte. Aber das tuen die Eltern vielleicht bei einer 12 - Jährigen, nicht aber viel später. Auf diese Weise entstehen Entscheidungen fürs Leben, die dann jeder der Parteien akzeptiert.
Das heißt aber nicht, dass die beiden damit automatisch verheiratet seien. Sie leben zusammen, mal bei diesen, dann bei den anderen Eltern. Und sie fangen an, sich kennen zu lernen. Es kommt zum Streit. Manche gehen auseinander und kommen manchmal wieder zusammen. Heutzutage hängt dann das Damoklesschwert des Staates über dem Vater, der bei Trennung 290 Dollar Unterhaltszahlungen pro Monat zu leisten hat und wer kann das schon in dieser Bevölkerungsschicht? So wird dann in vielen Fällen eine "normale" Ehe und Familie draus. Zu offiziellen Eheschließung kommt es kaum wegen der immens hohen Kosten einer Hochzeit.
Wir haben jetzt mit einem Ehekurs begonnen. Gekommen sind die meist älteren Gemeindemitglieder, aber auch ein Paar in Vorbereitung, wo sie heute einen öffentlichen Glaubensschritt bekundet und Jesus in ihr Herz aufgenommen hat. Wir wollten allen klar machen, dass man sich meist unbewusst einen Ehepartner auswählt, der das Temperament hat, das einem fehlt und somit eine Ergänzung darstellt. Doch diese Übung war ein glatter Reinfall. Alle waren bemüht, dass alles in Butter sei und man sich nicht streitet. Ehestreit ist etwas Negatives in ihren Augen. Der Ehepartner ist für sie nicht "die Ergänzung" zum Fehlenden, sondern "ein guter Mann, eine gute Frau" und Streit gibt es nicht (oder selten). Wir sind mit unserem analytischen Denken bei ihnen nicht angekommen. Als wir aber Ehestreit spielten und unsere Schwächen und Stärken vorspielten, gab es verständnisvolles Nicken. Streit ist natürlich auch dort nicht unbekannt, aber nicht jeder hat den Mut oder die Fähigkeit, das zu erkennen.
Unser Bild einer Ehe ist anders und es ist einfach zu sagen, dass wir das richtige Bild haben. Wir sind dabei anhand der Bibel und der Wirklichkeit hier vor Ort Vergleiche anzustellen. Es ist nicht so einfach, wie wir anfangs glaubten und wir sind barmherziger geworden.