Montag, 7. Dezember 2015

Fiesta und Verfassungsänderung

Der Zeitpunkt war wieder einem strategisch gut gewählt. Während in Quito das jährliche Gründungsfest am 06. Dez gefeiert wurde, was Stadtfeste, Musik- und sonstige Darbietungen über einen Zeitraum von gut 10 Tagen beinhaltet, hat das Parlament in einer Marathonsitzung von 10 Stunden 15 Änderungen an der Verfassung vorgenommen, um die Verfassung zu verbessern, die laut Regierungspropaganda der "Traum von Millionen Ecuatorianern" gewesen sei. Dabei geben die gleichen Abgeordneten zu, dass ca. 85% der Bevölkerung gar nicht wissen, worum es sich im Einzelnen handelt. Im Sitzungssaal waren nur Sympathisanten der Präsidentenpartei anwesend. Vor dem Parlamente feierten sich ca. 300 Parteianhänger vor einer großen Leinwand mit Direktübertragung. Man hatte sie mit Bussen aus dem ganzen Land zusammengebracht. Ein wenig weiter hielt ein großes Polizeiaufgebot die Gegner in Schach. Auch in vielen Städten des Landes gab es Proteste. Jetzt sind die Änderungen mit der absoluten Mehrheit der Partei Alianza País abgesegnet. Die Opposition verlies teilweise den Saal, weil ihre Beiträge von Regierungsfreunden niedergeschrien wurden. Die Regierungspartei ihrerseits machte ein Volksfest daraus.

Aber viel wichtiger als die Form sind die Inhalte der Verfassungsänderungen, die seinerzeit der gleiche Präsident durch Volksentscheid bestätigen lies. Es gab also offenbar Handlungsbedarf.
Da ist zunächst die Wiederwahl aller Autoritäten, vor allem die des Präsidenten. Dabei hat die Vergangenheit bestätigt und die Gegenwart zeigt es in der Praxis auch, dass damit der Korruption Tor und Tür geöffnet werden. Denn des Weiteren wird auch die staatliche Kontrollbehörde abgeschafft, die über die Verwendung öffentlicher Gelder wacht.
Bei öffentlichen Behörden wird der Einfluss der Gewerkschaften deutlich eingeschränkt. Es ist schon vorher gang und gäbe, das öffentlich Beschäftigten ein Prozentsatz von ihrem Gehalt automatisch als Spende für die Regierungsaktivitäten abgezogen wird. Proteste und Versammlungen solcher Bediensteter überwacht der Staat akribisch.
Die Nachrichten über Politik und Wirtschaft leitet der Staat. Damit wird die Pressefreiheit weiter geschwächt.
Im Gesundheits- und Erziehungswesen. hatten bisher die GADs noch eigene Einrichtungen. GAD steht für Gobierno Autónomo Descentralizado = Autonome Regierung einer Stadt oder einer Ortschaft. Diese Unabhängigkeit der lokalen Gemeinden ist ohnehin schon ausgehöhlt gewesen, denn sie bekommen immer weniger Mittel für lokale Projekte von der Zentralregierung. Jetzt werden ihnen auch noch die städtische Schule und Gesundheitseinrichtungen genommen und von der Zentralbehörde geleitet.
Die Streitkräfte und die Polizei werden jetzt auch zur innenpolitischen Kontrolle eingesetzt. Ein Argument ist der bevorstehende Vulkanausbruch des Cotopaxi, wo doch alle zusammen arbeiten müssten. Wer kann da schon dagegen sein?
Volksentscheide können nur noch von den lokalen Gemeinden ausgehen, nicht mehr von politischen Gruppierungen und anderes mehr.
Diese Verfassungsänderungen werden die Regierungspartei noch mehr stärken, die Opposition schwächen. Die Regierung weiß um den Gegenwind. Solange sie noch die absolute Mehrheit besitzt, kann sie so etwas durchsetzen. Der Zeitpunkt war klug gewählt, die einen ferngehalten durch die Polizei, die anderen privilegiert durch ein staatlich bezahltes Fest, die meisten in Quito aber waren mit ihrem eigenen Fest beschäftigt. Brot und Spiele, das gab es auch schon im alten Rom.