Mittwoch, 22. April 2015

Lebensmittel und Ampel

Seit dem 29. August 2014 gilt eine Lebensmittelverordnung in Ecuador, bei der mittels einer aufgedruckten Ampel, der Inhalt deklariert werden muß.
Rot steht für viel, Gelb für mittelmäßig und Grün für wenig.
Da werden beispielsweise bei Joghurts die Zuckerwerte angegeben und auf einmal wird klar, wie viel Zucker darin verarbeitet ist. Das Gleiche gilt etwa bei Wurst für die Fettwerte. Sämtliche farbigen Sprudelsorten und Colas liegen beim Zuckerwert auf Höchststufe.
Das Gleiche gilt für Salzangaben etwa bei Kartoffelchips aus der Tüte.
Sinn der Maßnahme ist eine Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung. Der Trend geht auch in Ecuador immer mehr zu Fast-Food Snacks zwischendurch und weniger gesunder Ernährung, besonders bei der Jugend. Und die Zivilisationskrankheiten wir Diabetes, Bluthochdruck und Nierenprobleme  sind auch hierzulande bemerkbar, Tendenz steigend.
Anfangs gab es Gelächter über so eine Maßnahme. Doch jetzt nach einem halben Jahr merken wir ein Umdenken der Firmen. Sie ändern ihre Produkte. So kommen jetzt Cola-ähnliche Getränke auf den Markt mit deutlich weniger Zucker. Zucker wird durch Ersatzstoffe reduziert. In Wurstsorten ersetzen Gewürze wie Pfeffer, Zwiebeln, Kümmel und Knoblauch einen Teil des Salzes.
Diese Änderungen nach einem halben Jahr zeigen an, dass die Verordnung Bewusstseinsveränderungen bewirkt. Dann reagiert auch der Markt schnell.  Das ist die positive Seite der Maßnahme, die so schnell keine erwartet hätte.
Die andere Seite aber ist, was sind das im einzelnen für Ersatzstoffe? Aus der Vergangenheit wissen wir, dass in anderen Ländern schon lange solche Stoffe verwendet werden, diese aber nicht ungefährlich sind, vor allem bei langfristigem Konsum. Wir wissen, dass manche krebserregend waren, etwa zu Blasenkrebs führen können. Der kurzfristige Konsum dagegen ist ungefährlich.  Deswegen hält sich Ecuador derzeit streng an die akzeptierte Regelungen für Lebensmittel, die in Nordamerika durch die FDA, die Food and Drug Admimistration bzw. die europäische Organisation EFSA erlaubt sind.
Doch da genau besteht immer noch eine gewisse Restgefahr. Wir werden erst in vielen Jahren wissen, wie diese Ersatzstoffe auf Dauer Menschen evt. schaden.
Eines ist aber sicher. Das Konsumverhalten in Ecuador verändert sich hin zu einer gesünderen Ernährung und das wird sich bei der Zahl der Diabetiker, der Nierenkranken und Bluthochdruckpatienten bemerkbar machen. Der Nutzen ist ein vielfaches höher als der eventuelle Schaden in weiter Zukunft. 

Donnerstag, 9. April 2015

Rentendiskussion in Ecuador

Derzeit steigt an manchen Stellen die Zahl der Wutbürger in Ecuador. Die meisten sind fortgeschrittenen Alters und protestieren gegen die Regierung. Dass diese wenig Geld zu vergeben hat, ist allen bekannt. Doch es gibt ein Gesetz, das den Staat an seine Pflichten erinnert. Bis zu 40% der Rentenzahlungen sollen durch den Staat erfolgen. Das staatliche Sozialsystem, eine Verbindung von Renten- und Krankenkasse mit vielen weiteren sozialen Versicherungen ist eingebunden in ein System, das der Staat garantiert. Doch das System hat Löcher, die immer wieder gestopft werden müssen. Da werden Gelder veruntreut, Medikamente mit dem LKW angeliefert und in vielen kleinen Fahrzeugen nachts weggefahren. Die Korruption eines einzigen staatlichen Systems ist auf Dauer nicht zu stoppen.
Auf der anderen Seite wächst auch in Ecuador die Zahl der Rentner. 2010 finanzierten 7,4 aktive Beitragszahlen einen Rentner. Das werden 2050 laut Prognosen nur noch 3,5 Aktive sein. Denn auch in Ecuador werden die Frauen weniger Kinder gekommen. Waren es 1970 noch 6,4 Kinder pro ecuatorianische Frau und 2010 nur noch 2,8 Kinder werden es 2050 nur noch durchschnittlich 1,92 sein. Ab 2030 wird das Bevölkerungswachstum bereits bei Null liegen und auf Negativ umschlagen. Diese weltweite Entwicklung wird dann auch mit großen finanziellen Mitteln nicht mehr umzukehren sein.  Mit wenigen Jahren Verspätung wird Ecuador den hoch entwickelnden Völkern dieser Welt im Altwerden folgen. Denn gleichzeitig steigt auch die Lebenserwartung von 75 Jahren im Jahre 2010 auf 80,5 Jahre 2050.
Es war bezeichnend, dass bei der Beratung in der Parlamentskommission für dieses Problem dieser Tage fast 2/3 Frauen bestimmend anwesend waren. Die Männer haben längst das Heft abgegeben. Die gleiche Frauenquote zeigt sich bei den anwesenden Journalisten.  Frauen machen Politik oder Karriere und da haben Kinder keinen Platz mehr.
Für den ecuatorianischen Staat kommen derzeit zwei Strömungen zusammen. Neben der Alterspyramide, die sich nur langsam ändert kommt die akute wirtschaftliche hinzu. Vor alles sind es die Schulden, die der Staat bei der Sozialversicherung hat. Fast 23 Mrd. ist fast der gesamte jährliche Staatshaushalt. Jetzt merken es wieder einmal die schwächsten der Gesellschaft, dass ihre Zukunft bedroht ist. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte der hiesigen Sozialversicherung, dass ihr Gebäude ins Wanken gerät und Zahlungen um einige Monate verschoben werden. In dieser Entwicklung liegt sozialer Sprengstoff, den die Regierung nicht unterschätzen sollte.

Mittwoch, 8. April 2015

Achterbahn der Gefühle

Es ist Entscheidungszeit nach Monaten und wieder Monaten des Wartens. Aber auch die Entscheidung fällt nicht an einem Tag.
Die Verhandlungen mit der Ölgesellschaft ist mit Einvernehmen heute erst einmal zu ende gegangen. Heute haben wir am gemeinsamen Vertrag gefeilt: Sie kaufen das Grundstück, sorgen für die Genehmigungen und bauen das Hospital. Nur die Baupläne müssen noch geändert und an das jeweilige Gelände angepasst werden. Das klingt wie im Märchen.
Auf der anderen Seite die Vorschriften: Wird neben einem neu erbauten Hospital des Staates ein privates Hospital überhaupt genehmigt? Wir fragen mehrere Mitarbeiter des staatlichen Gesundheitsdienstes unabhängig von einander und die runzeln die Stirn.
Und dieser Tage haben wir einen Vorgeschmack der staatlichen Kontrolle miterlebt: In wenigen Tagen wollen wir ein große medizinische Aktion durchführen. Ärzte aus Quito kommen. Hier gibt es viele Diabetiker und die brauchen Kontrollen, vor allem die der Augen. Wir bekommen eine Schule gestellt. Jetzt müssen wir das vom Gesundheitsministerium genehmigen lassen. Dazu ein Schreiben mit allen Einzelheiten, zunächst an die Rechtsabteilung des Ministeriums. 5 Tage später muss das Schreiben nochmals eingereicht werden an eine andere Chefin. Die staatlichen Titel aller Ärzte müssen angeheftet sein, eine Zeichnung des Stadtplans mit dem Ort der Schule, Fotos der Schule, damit man sie auch findet. (Das Gesundheitsbüro ist ca 7 km entfernt) Dann erst wird die Genehmigung erteilt. Derweilen läuft längst die Werbung für das Ereignis von der Stadtverwaltung. Wenn wir diesen mühsamen Erlaubinsweg auch für den Neubau gehen müssten, würden wir das nie schaffen. Für uns wird hoffentlich die Genehmigung von OBEN kommen; OBEN im doppelten Sinn.

Jetzt haben wir überlegt, welche Form medizinischer ambulanter und stationärer Behandlung überhaupt genehmigt wird. Nach Überlegungen für verschiedene Typen Gesundheitszentren haben wir uns für ein einfaches Basishospital entschieden. Das kann dann später wachsen. Die Bettenzahl haben wir auch heruntergefahren. Späteres Wachstum ist immer noch möglich.

Heute haben wir 3 mögliche Bauplätze angesehen. Die Entscheidung fällt in wenigen Tagen. Sie sind alle ungefähr 5 ha. groß, zwei davon in Shell, einer 3 km außerhalb.
Bleibt die Angst der Genehmigung. Aber wir haben starke Fürsprecher. Die Ölfirmen haben Geld verdient, dass sie schnellstmöglich für soziale Zwecke ausgeben müssen. Zum Konsortium der 6 Firmen kamen jetzt noch 4 weitere hinzu, die sich uns anschließen wollen, unter ihnen Haliburton und Schlumberger, die wohl zwei wichtigsten Firmen für Bohrarbeiten weltweit. Diese Firmen können auch bis zum Präsidenten hin Forderungen stellen........

Wir leben in einer verrückten Zeit. Die sozialistische Regierung kontrolliert alles, aber sie braucht gerade jetzt die Ölfirmen. Die haben mit Vorbereitung der Ölförderung im Yasuni  Nationalpark alle Hände voll zu tun und die Regierung bezahlt sie prompt, wenn ein Arbeitsabschnitt beendet ist. Von dem Geld müssen sie aber einen Prozentsatz für soziale Arbeiten ihrer Entscheidung ausgeben, aber schnell, sonst gibt es keine Anschlussaufträge. So jagt eine Entscheidung derzeit die andere. Und gerade in der wirtschaftlichen Krisenzeit sind vielleicht wir, die davon profitieren. Dass wir über Nacht so potente Geldgeber und Förderer haben, ist nicht unser Verdienst.

Aber bei aller Freude haben wir gelernt, uns erst zu freuen, wenn ALLES genehmigt ist. Es ist und bleibt ein Wechselbad der Gefühle.

Samstag, 4. April 2015

Der Schuldenberg steigt

Ecuador sucht neue Geldquellen. Die ehrgeizigen Pläne der Regierung unseres Landes, das Land voranzubringen, haben ihren Preis. Neben dem Straßenbau und anderen Infrastrukturmaßnahmen sind es vor allem die 8 Wasserkraftwerke, von denen bislang nur eines an Netz ging. Davon verspricht sich das Land auf dem Energiesektor mehr Einnahmen und auf der anderen Seite Kostenfaktoren zu reduzieren wie das extrem stark subventionierte Propangas. Wir haben mehrfach darüber berichtet. Aber auch neue Radaranlagen im Verteidigungsministerium sind im Plan. Damit will man die Drogenmafia bekämpfen, die Ecuador längst zu einem Umschlagplatz für ihre Geschäfte ausgebaut hat und letztlich mehr Schaden als Nutzen bringt. Durch den gefallenen internationalen Ölpreis ist die wichtigste Einnahmequelle geschrumpft. Also muss das Land für seine ehrgeizigen Ziele neue Schulden aufnehmen.
Die internen Reserven scheinen aufgebraucht zu sein. In erster Linie wurden Kredite von der Sozialversicherung aufgenommen. 12,5 Mrd. Dollar stammen hauptsächlich aus der Rentenkasse. Die fordert jetzt Rückzahlung. Vor allem bei den Rentnern kommt es zu Protesten. Wir haben von Lehrern gehört, die in Rente gehen wollen und laut Gesetz könnten, aber es wird ihnen verweigert. Ihre gesetzlich festgelegte Abfindung beim Ausscheiden aus dem Beruf, mit der viele Menschen dann nochmals ein neues, kleines Berufsleben anfangen mit etwa einem kleinen Geschäft, ist ihnen verweigert mit einer Zahlung von Staatspapieren, die sie erst in 10 Jahren einlösen können, wenn sie dann überhaupt noch leben.
Jetzt wurden vor wenigen Tagen die Zölle für Importe drastisch erhöht.
Derzeit untersucht eine Kommission, wie man Steuerschulden von Firmen schneller eintreiben kann und hofft in diesem Jahr auf eine halbe Milliarde Dollar.
Jetzt sucht das Finanzministerium weitere Kredite im Ausland. Die internationale Entwicklungsbank wird eine knappe Milliarde geben. Mit der Deutschen Bank wurde dieser Tage ein Kredit von 88 Millionen vereinbart. Südkoreanische, thailändische und vor allem chinesische Geldinstitute und große Firmen stehen in der Liste der 36 Geldquellen für Ecuador in diesem Jahr. Sogar Goldmann und Sachs aus den USA sind dort zu finden.
Dennoch sind die Ergebnisse mager. In 3 Monaten hat das Land erst 20% seiner gewünschten Kredite vertraglich vereinbaren können. Das Land wird sich mehr und mehr verschulden und das bei internationalen Banken.
So etwas hatten wir schon einmal. Die letzte große Wirtschaftskrise mit praktischem Staatsbankrott war erst in der Jahrtausendwende. Damals haben internationale Geldgeber das Land mit harten Sparmaßnahmen gerettet. Den Preis hat hauptsächlich die arme Bevölkerung und die Mittelschicht bezahlt. Jetzt geht es wieder in die gleiche Richtung. Die Regierung ist aber viel fester im Sattel als damalige Regierungen. Die Korruption scheint auch wieder zuzunehmen, wie bei jeder langfristigen Regierung. Was uns aber Sorgen bereitet sind Schulungsarbeit der Regierung hauptsächlich in ländlichen Gebieten, in der pure Propaganda auf Staatskosten läuft und das mit zunehmende Verschuldung bei privaten Banken. Gehen wir wieder den gleichen Wegwie zur Jahrtausendwende? Gehen wir den griechischen Weg?