Dienstag, 24. Juni 2014

Klatschmohn in Ecuador

Wer kennt sie nicht, die Getreidefelder oder Wiesen im Frühsommer, wenn ein Blütenmeer die Landschaft in verschiedene Farben hüllt. Unter anderem fällt der Klatschmohn mit seinen leuchtend roten Blüten auf. Das ist auch dieses Jahr im Hochland Ecuadors der Fall, und in einigen Gegenden ganz besonders. Da scheint es Klatschmohnfelder zu geben, mitten drin auch ein anderer Mohn, etwas größer und dunkelrot. Gleiches findet sich in Kolumbien und im Hochland von Peru. Hierzulande ist der Klatschmehn oft eingebettet in Getreidefelder, Chochos oder Saubohnen. Die Bauern behaupten, dass es wilder Mohn sei, der irgendwie dazwischen wächst. Aber es ist schon recht auffällig, dass es Felder voller Klatschmohn neben einem Feld ohne gibt.
Seit 2010 schlägt die UNO Alarm und seit 2012 wird das Militär in Ecuador zur Vernichtung der Mohnfelder geschickt. Nach solchen "Ernteeinsätzen" sieht das Feld dann arg geruft aus, wenn nur noch Reste von anderen Nutzpflanzen übrig bleiben.
Dabei fängt in Ecuador der Mohnanbau gerade erst an. In Peru werden 49.000 ha in Kolumbien 60.000 ha gezählt.
Die Wirkung des Klatschmohns ist hier sein langer Zeit bekannt. Alte Hausmittelchen sind ein Aufguß aus dem weißen Saft der Stengel in Blütennähe gegen allerlei Bauchschmerzen. Das nutzen Menschen schon seit der Zeit der Inkas.
Was hier scheinbar zufällig wächst ist eine enorme Einnahmequelle für einige Bauern. Der weiße Saft enthält Heroin, aus dem man das Morphium gewinnen kann. 1.500 Dollar das Kilo bringt der Rohstoff für den Hersteller ein. Und dazwischen machen sich immer mehr andere Mohnsorten breit, die wesentlich mehr Saft entwickeln und somit wesentlich ergiebiger sind.
Die neue Einnahmequelle für die Bauern des Hochlandes Ecuadors zeigt den Ideenreichtum des Drogenhandels. Überall wird nach neuen Möglichkeiten gesucht. Doch zu einem größeren Problem wird das in Ecuador nicht kommen. Dazu ist die rote Blüte zu deutlich sichtbar und die Kontrolle einfacher. Aber es gilt, den Anfängen zu wehren, was in Peru und Kolumbien wohl lange Zeit verschlafen wurde.
In Afghanistan wird der Mohnanbau zunehmend kontolliert. Also weicht die Drogenmafia aus auf andere Gebiete. Es gilt hier, den Anfängen zu wehren.
Wäre ein Mohnanbau auch in Europa möglich? Es gäbe wohl ein bunteres Bild, nicht nur wie in Deutschland die vielen gelben Rapsfelder, wenn dazwischen einige knallrote Mohnfelder zu finden wären! Aber wie immer: Solange es eine Nachfrage nach einem Produkt gibt, sei es legal oder illegal, solange wird es irgendwo in der Welt produziert.

Donnerstag, 19. Juni 2014

Ecuador kehrt auf den internationalen Finanzmarkt zurück

Ecuador leiht sich seit Neuestem wieder Geld auf dem internationalen Bankenmarkt, derzeit 2 Mrd. Dollar von der Credit Suisse und der Citibank. Das soll ein erster Schritt sein hin zu internationalen Märkten.
Mit der sozialistischen Regierung Correas war das Land zu Europa und Nordamerika auf Abstand gegangen. Damit wurden auch die Geldhahnen zugedreht. Das Yasuniprojekt ist ein Beispiel dafür. Ecuador sollte auf die Ölförderung in diesem Naturschutzpark verzichten und die internationale Gemeinschaft dafür zahlen. Doch die allermeisten großen Geldgeber trauten nicht. So verlief die Aktion im Sand. Jetzt wird die Ölförderung geplant. Die Aversion gegenüber dem Westen isolierte das Land. Die Chinesen sprangen da gerne ein, finanzieren und bauen hierzulande. Dafür muss Ecuador praktisch seinen Ölreichtum an China abtreten. Die Chinesen aber sind eiskalte Geschäftsleute. Die einseitige Abhängigkeit soll nun geändert werden. Im Staatshaushalt fehlen für dieses Jahr fast 5 Mrd. Dollar. Doch was machen, wenn man von den internationalen Agenturen wie Standard and Poor´s mit der Ramschnote B belegt wird? Da bekommt man nur Geld, wenn man entsprechende Zinsen zahlt. Für die 10 Jahre Anleihe der 2 Mrd Dollar sind es stolz 7,95%.
Im Vergleich dazu haben Italien mit 1,8% und Spanien mit 2,8% internationale Kredite aufnehmen können mit ebenfalls 10 Jahren Laufzeit. Und diese Länder stecken derzeit anders als Ecuador in einer Wirtzschaftskrise. Selbst das unsichere Venezuela zahlt nur 6% und Peru gar nur 4,8% für internationale Anleihen. China hatte Ecuador Kredite für 7% und 8% angeboten, aber das hätte eine weitere Verschuldung mit dem Reich der Mitte gedeutet, von dem sich das Land lösen will.
Und was macht man, wenn die internen Reserven aufgebraucht sind? Die Rentenkasse ist schon geplündert worden und es könnte in Kürze kritisch werden. Also bleibt nur ein hoher Zinssatz auf dem internationalen Markt, um langsam aber stetig wieder hoffähig zu werden.
Der jetzige Kredit ist für die Fertigstellung von im Bau befindlichen 8 Wasserkraftwerken bestimmt. Diese Energiequelle ist die billigste und beständigste in einem Bergland wie Ecuador, also mehr als sinnvoll, aber sie lenkt ab vom wirklichen Problem, dass sich das Land, um wirtschaftlich zu wachsen, im Bau von Straßen und anderer Infrastruktur übernimmt wie etwa der an vielen Stellen kostenlosen Gesundheitsversorgung. Also macht man das Gleiche wieder, was andere Regierungen in der Vergangenheit vorgemacht haben: Man pumpt sich Geld bei Privatbanken. Das hat unter anderem zur Jahrtausendwende, also vor Kurzem, schon einmal zum Staatsbankrott geführt. Sind wir jetzt wieder auf dem Weg dorthin?

Donnerstag, 12. Juni 2014

Wandel durch Fußball

Fußballweltmeisterschaft - und Ecuador ist das dritte Mal in seiner Geschichte dabei. Warum nicht öfter? Immerhin spielt jeder in Lateinamerika Fußball, und wenn es in Armenvierteln mit einer Plastikflasche auf der Straße ist. Doch Fußball auf der Straße oder Star in einem Verein zu sein, ist ein großer Unterschied. Und gar in der Nationalmannschaft zu spielen, bedeutet, sein Land zu repräsentieren. Das durften in der Vergangenheit nur Sportler aus bestimmten Gesellschaftsschichten, nämlich die Weißen. Damit war die Auswahl sehr begrenzt. Erst als vor ca 20 Jahren die Schwarzen in die Mannschaft kamen, verbesserte sich die Qualität des hiesigen Fußballs. Heute sind die Weißen die Ausnahme. Der ecuatorianische Fußball ist schwarz geworden und international.  Stars wie Valencia spielen ein entscheidende Rolle bei Manchester United.
Von den 23 Spielern, die derzeit in Brasilien spielen, sind 11 aus der nördlichen Provinz Esmeraldas, und 4 aus der Hafenstadt Guayaquil. Der Rest verteilt sich über das Land, hier und ein Spieler. Und auch die sind fast immer Schwarze. Woher kommt das?
In erster Linie sind die Schwarzen bessere Sprinter. Das sieht man an Mannschaften wie England oder Frankreich, wo die Schwarzen, schnell zu dortigen Staatsbürgern gemacht, einen viel größeren Anteil im Kader ausmachen als in der Gesamtbevölkerung. Zum anderen ist es aber ein gesellschaftliches Phänomen. Die allermeister Spieler kommen aus armen Verhältnissen, haben barfuß am Strand gekickt und mit ihrem Spiel können sie gesellschaftlich aufsteigen. So sind besonders an der Küste oder in Gebieten mit hohem schwarzen Bevölkerungsanteil Fußballschulen entstanden, die keine Nachwuchsprobleme haben. In der Provinz Esmeraldas entstanden 11 solcher Schulen, die unter einfachsten Bedingungen trainieren. In Guayaquil hat die Stadt inwischen die Infrastruktur deutlich verbessert. Dort wird auf richtigem Rasen gespielt. Bei $ 120.000 staatlichen Mitteln sind dort 4000 Kinder und Jugendliche dabei. Aber entscheidend ist nicht die Infrastruktur. Das Wichtigste ist die Familie. Denn dort, wo man wenig Auftiegsmöglichkeiten hat, ist der Sport und hierzulande besonders der Fußball DIE Chance des Lebens, es zu etwas zu bringen. Da wird der Junge unterstützt. Er bekommt gute Fußballschuhe, ein Trikot und er ist pünktlich beim Training. Da fiebert eine ganze Sippschaft mit. Und sollte er es geschafft haben, in eine höhere Liga aufzusteigen, kommt auch vielleicht mal Geld herein. Ich habe in einem Krankenhause einmal selbst erlebt, welchen Druck ein Familienclan auf einen Arzt ausüben kann, wenn solch ein Spieler verletzt ist und er nicht gleich wieder fit gemacht werden kann. Denn der Hoffnungsträger ist dann zugleich auch die Milchkuh, die der Clan dann melken kann. Und ihrerseits sorgen solche Stars dann hier und da für die Menschen ihrer Region und eröffnen eine Fußballschule für den Nachwuchs einer Region.
Die Weißen sind mehr daran interessiert, dass ihre Kinder eine gute Schulbildung bis hin zur Universität erhalten. Sport ist wichtig, aber darf der beruflichen Karriere des Jugendlichen nicht im Wege stehen. Wer aber keine andere Chance im Leben hat, für den ist der Fußball alles. Und deshalb wird der heisige Fußball von den Schwarzen dominiert. Und inzwischen sind auch die Weißen stolz auf ihre farbigen Stars.

Freitag, 6. Juni 2014

Messen mit zweierlei Maß

Vor kurzem berichteten wir über ein Volksbegehren gegen die Ölförderung im Yasunipark im Osten des Tieflandes Ecuador. Vor Jahren hatte die Regierung in einem der artenreichsten Gebiete des Urwaldes Ecuadors versprochen, die Ölförderung nicht anzugehen. Als Gegenleistung waren internationale Gelder zugesagt worden, die aber nur äußerst spärlich eintrafen, da vor allem die großen Geldgeber kein Vertrauen zur Regierung Ecuadors zeigten und die Garantien nicht ausreichend erschienen. Vor einem Jahr, wenige Monate nach seiner Wiederwahl, verkündete PräsidenteCorrea, dass wegen fehlender Gelder nun der Yasunipark doch angezapft wird. Der Aufschrei war international, aber ohne Wirkung. Mehrfache Gutachten des Umwelt - des Wirtschaftsministerium etc. wurden vorgelegt. Es gibt bei schonenster Behandlung der Umwelt in diesem Gebiet keine ernstzunehmende Gegenargumente.
Doch auch im Lande selbst regte sich der Widerstand. Unterschriften wurden gesammelt und der Wahlbehörde zur Überprüfung eingereicht. Dann folgten Wochen der Prüfung jeder einzelnen Unterschrift durch Experten. Ganze Listen wurden verworfen. Das Endergebnis: Nicht genügend gültige Unterschriften! Eine weitere Erklärung gibt es nicht trotz aller Proteste. Wochenlang hatten junge Leute im ganzen Land gegen die Regierungspläne gearbeitet - jetzt Ende ohne weitere Erklärung.
Aber die Regierung ist auch nicht untätig. Ohne große Propaganda haben ehemalige Regierungsmitarbeiter ihrerseits Unterschriften im Ostteil des Landes gesammelt und diese Tage in einer großen Feier dem Präsidenten Correa feierlich überreicht. 1,1 Mio. Unterschriften sollen es sein von Menschen, die für das Regierungsprojekt sind. Die Regierung hat diesen Akt gefeiert. Überall zierten spärlich bekleidete Indianerinnen den Event. Das Amazonastiefland wollte massiv beweisen, dass sie zum Wohle des gesamten Staates beitragen wollen. Eine Überprüfung der Unterschriften sei nicht nötig, da es so viele seien.
Gleichzeit wurde das immer stärker diskutierte Thema der Wiederwahl des Präsidenten Correa wiederholt. Das Volk soll gut ein Jahr nach dem erneuten Regierungsantritt eingeschworen werden auf eine neue Politik. Im Gegensatz zur Rede beim erneuten Amtsantritt im Mai 2013 ist jetzt klar, dass die Verfassung geändert wird. Seit langen Jahren ist es ein unbestrittenes Gesetz, dass jedwede Autorität höchstens 2 Amtsperioden in Amt und Würden sein darf. Dann ist die Korruption zu groß.
Die Regierung nutzt ihre absolute Mehrheit und scheinbar unbegrenzte Autorität für ihre Pläne. Alle Autoritäten sollen unbegrenzt wiedergewählt werden können.
Und beim Yasuniprojekt wird mit zweierlei Maß gemessen bei Gegner und Befürwortern. Das wird seine Folgen zeigen. Auf Dauer lässt sich das nicht durchhalten. Wir kennen mehrere Beispiele aus Lateinamerika, wo eine starke Regierung die Verfassung geändert hat und ihr das in der folgenden Legislaturperiode zum Verhängnis geworden ist. Dieses Damoklesschwert hängt auch über der Regierung Correa.