Freitag, 5. August 2016

Streiflichter der Situation der Wirtschaft Ecuadors

Dass es Ecuadors Wirtschaft schlecht geht, wissen hier alle und spüren es täglich. Nach den 7 fetten sind wir nun im zweiten von hoffentlich nicht 7 mageren Jahren. In den Medien geben Expräsidenten und Wirtschaftsfachleute immer wieder Interviews mit Vorschlägen, wie die Krise zu überwinden sei. Doch die Regierung bleibt davon scheinbar ungerührt. Hier einige Beispiele, was z.Z. bei uns abgeht:

Erster Schwerpunkt: Dafür stehen die Feinde der Regierung im Visier der staatlichen Kontrolle. Alvaro Noboa ist einer der reichsten Männer des Landes. Er war auch schon mehrfach selbst Präsidentschaftskandidat. Schon geraume Zeit ist der Fiskus hinter ihm her. Es wurden schon Plantagen vom Staat übernommen. Bei einer dieser staatlich beschlagnahmten Plantagen hat er jetzt eine Woche Zeit, die einstigen Mitarbeiter endlich zu entschädigen, sonst wird mit weiteren Beschlagnahmen gedroht. Da trumpft der Staat auf und verteidigt die Rechte oder scheinbaren Rechte der Arbeiter, deren Arbeitsplatz er selbst enteignet hat.

Zweiter Schwerpunkt: Das Tankstellennetz: Vor einigen Monaten hat Präsident Correa stolz verkündigt, die Tankstellen des staatlichen Ölkonzerns Petroecuador an privat zu verkaufen. Petroecuador hatte das dichteste Tankstellennetz des Landes. Ausländische Firmen sollen da angelockt werden. Der Staat erhoffte sich einen warmen Regen in die Staatskasse. Doch der Regen ist alles andere als ergiebig. Nur wenige private Käufer fanden sich bisher ein. Die großen Ketten wie die Shell-Oil-Company haben ihr Netz längst selbst ausgebaut und wo zwei oder drei Tankstellen dicht nebeneinander stehen, verkauft sich die mitten drin schlecht. Und bei staatlich festgesetzten Preisen ist die Gewinnspanne so gering, dass beim Verkauf der Zapfsäulen noch nicht einmal die Investition herauskommt. 

Drittes Beispiel: Eines der größten und lukrativsten Petroleumvorkommen Ecuadors ist Sacha im Nordosten Ecuadors. Dort beuten der staatliche Konzern Petroamazonas und der ebenfalls staatliche venezolanische Konzern Pdvsa auf 350 Quadratkilometern gemeinsam aus. Doch trotz idealer Bedingungen ist das Gemeinschaftsunternehmen schon vor Monaten in Konkurs gegangen. Dieser Konkurs wird jetzt abgewickelt. Unter Vertrag genommene kleine Firmen bis hin zu Hotels und Restaurants rennen jetzt ihrem Geld hinterher. Über 40 Mio. schulden die beiden staatlichen Firmen in dieser Region und die Menschen gehen auf die Barrikaden. Interessanterweise wird währenddessen weiter Öl gefördert. Aber der Staat springt nicht etwa in die Bresche, um Schulden zu begleichen. Der hiesige Staat hält sich vornehm zurück und aus Venezuela ist derzeit schon gar keine Hilfe zu erwarten.

Leidtragender ist wieder einmal der einfache Mann. Der zahlt die Zeche. Darunter sind derzeit auch viele Kubaner, die die Regierung als Ärzte oder Ingenieure ins Land geholt hat. Sie haben der Regierung bei ihren ehrgeizigen Plänen des Aufbaus aus der Patsche geholfen, als hiesige Mediziner nicht mit fliegenden Fahnen ins staatliche Gesundheitssystem eingestiegen sind. Jetzt sollen sie alle über Nacht wieder nach Hause, wollen aber nicht und suchen entweder private Arbeit oder sind auf dem Weg in die USA. Hunderte und Tausende von ihnen werden derzeit in Zentral-und Südamerika hin und hergeschoben. Keine will sie mehr.
Was in den wirtschaftlich aufstrebenden Jahren verheißungsvoll aufgebaut wurde, endet derzeit als Alptraum. Der alles lenkende Staat geht mit starkem Beispiel voran.

Montag, 1. August 2016

Zwischenbilanz in Shell

Heute sind es genau 2 Monate, die wir im neuen-alten Hospital unsere Sprechstunde durchführen - Zeit für einen Rückblick und zugleich Zeit für den weiteren Ausblick.
Wir haben viele der Räume in Beschlag genommen. Jeder Arzt hat bisher seinen eigenen Raum, mit dem Wissen, dass wir später evt. teilen müssen. Die Zahl der Patienten ist leicht gestiegen und wir können mehr Dienste anbieten. Unser Labor funktioniert, auch wenn wir Anfangsschwierigkeiten hatten und die verschiedenen Computersysteme sich gegenseitig nicht mochten. Jetzt können wir die wichtigsten Dienste eines guten Labors anbieten. Unser Ultraschallgerät hatte große Schwierigkeiten. Die hohe Luftfeuchtigkeit tat ihm nicht gut. Jetzt hat es seinen eigenen abgeschotteten Raum und uns 2 Monate lang gute Dienste geleistet.  Mehr und mehr Patienten kommen jetzt von außerhalb, etwa um Schwangerschaften zu kontrollieren. Wir sehen uns jetzt nach einer Person um, die Ultraschalluntersuchungen durchführen kann, damit für die anderen mehr Zeit für die ärztlichen Behandlungen bleibt. Das bringt uns zum nächsten Schritt, den wir angehen müssen - das Röntgen.
Wir haben die Möglichkeit, das alte Röntgengerät in Betrieb zu setzen. Dazu bedarf es aber zweier Voraussetzungen. Ein Röntgenfacharzt muss her, muss zumindest den Betrieb überwachen. Sonst bekommen wir keine Erlaubnis mehr. Und das Gerät muss technisch überwacht und auf digitale Technik umgerüstet werden. Nur wie dann die Qualität der Bilder wird, müssen wir noch ausfindig machen. Denn für ein neues Gerät fehlt uns das Geld.
Die ersten zwei Monate haben uns gezeigt, dass wir hinkommen und auch noch Reparaturen am Haus durchführen können, aber es kommen zunehmend andere Kosten auf uns zu. Da ist die Stadtverwaltung, die selbst in der staatlichen Finanzkriese in Schwierigkeiten steckt und bei Unternehmen ihr Geld holt. Die Kosten für Wasser/Abwasser sind deutlich gestiegen. Dann muss medizinischer Müll getrennt entsorgt werden. Bisher lief das in getrennten Müllsäcken. Aller Müll mit Blut, Medikamentenresten und Verbandswechsel wurde in roten Müllsäcken getrennt von "schwarzen Müll = Haushaltsmüll" gesammelt, vom Müllwagen abgeholt und beide landeten im gleichen Müll Loch. Jetzt hat sich die Stadtverwaltung endlich an die offiziellen Regelungen umgestellt. Ein eigenes Fahrzeug holt den infektiösen Müll ab. Dazu muss sich unsere Reinigungskraft entsprechend umziehen. Sie entsorgt beide Typen Müllbeutel in der Klinik in einem besonderen internen Mülllager. Zweimal die Woche zieht sie sich dann Gummistiefel, einen extra Umhang, Mundschutz und Kopfbedeckung sowie Handschuhe an, um eben diesen Müll die 10 Meter zum Auto zu tragen. Und natürlich kostet das alles deutlich mehr, aber insgesamt gesehen ist es sinnvoll, auch wenn die Umzieherei eine Show ist. Das wiehert der Amtsschimmel.
Viel wichtiger ist jetzt, die Zukunft zu planen. Zwei Ziele gehen wir derzeit gedanklich und im Gebet an.
1) Zunehmend kommen Notfälle zu uns. Das ist, was die Menschen hier wünschen. Aber oft kommen sie einfach, wir haben die Arbeit und hinterher kann der Patient nicht bezahlen. Wegschicken können wir sie in diesem Moment nicht und dann tragen wir große Teile der Kosten. Derzeit sind wir dabei, Sauerstoffflaschen anzuschaffen: Den Notfallmedizinbereich wollen wir bewusst langsam angehen und lieber Patienten schnell verlegen.
2) Die Operationssäle müssen renoviert werden. Dazu gehören auch die Sterilisation, der Aufwachraum und die Stauräume für Material und Maschinen. Derzeit ist ein Architekt dabei, uns einen realistischen Kostenvoranschlag zusammenzustellen.

Wir sind froh, dass der Umzug gut vonstattenging und wir die neuen Kosten sowie mehr Mitarbeiter finanziell schultern können. Es bleibt sogar noch etwas für Reparaturen übrig. Zudem brauchen wir ein kleines Polster für spezielle Monate, wo so etwas wie Weihnachtsgeld fällig wird. Das passiert hier dreimal im Jahr. Dankbar sind wir für alle Hilfe von außen für die nächsten Hürden. Das Ganze bleibt aber ein Gebetsabenteuer. Danke für alle Begleitung!