Freitag, 19. August 2011

up-date Marco - Justin



Der Junge ist nun fast 8 Jahre alt. Vor 5 Monaten hat es mit Dynamit gespielt und sich dabei lebensgefährlich verletzt. Wir haben im März 2011 darüber berichtet. Der Brustkorb war offen, beide Lungenflügel kollabiert, Er blutete. Von den Händen waren nur noch Reste übrig und mussten amputiert werden, beide Augen waren von Splittern durchlöchert. Die Haut von Brustkorb, Hals und Gesicht ein Schweizer Käse, mehr Loch als Gewebe. Er wurde mehrfach und stundenlang operiert, meist an den Augen. Das Endergebnis ist: Beide Hände verloren, eine Auge funktioniert mehr oder weniger, das andere ist ohne Funktion.
Schon den Namen zu nennen ist schwierig, weil in dieser Familie jeder anders genannt wird als es offiziell heißt. Die Großmutter heißt María Georgina genannt Martha, die Mutter kennen wir als Glenda. Doch auf dem Papier heißt sie María Magdalena. Der Junge heißt Marcos Roger aber all nennen in Justin. Das ist häufig hierzulande aber schwer für unser Archiv, die Unterlagen zu finden.
Wie die Namen ist auch die Familie wenig strukturiert. Der Vater von Justin ist längst woanders und hat eine neue Familie gegründet, hat aber seinen Sohn offiziell anerkannt. Als Militär ist sein Sohn jetzt beim Heer krankenversichert. Das gilt aber nur für akute Erkrankungen. Dafür fällt das Kind aber jetzt aus der Sozialfürsorge des Staates raus, erhält also keine weitere Hilfe.
Auch der "sogenannte Vater", der zur Unfallzeit mit der Familie lebte und das Dynamit damals im Schuppen versteckt hatte, ist verschwunden, von finanzieller Unterstützung als keine Spur.
Nach dem Unfall haben uns mehrere Fernsehstationen belagert, hat der Vizepräsident der Republik angerufen, um Information für eine landesweite Pressekonferenz zu erhalten. Danach waren Abgesandte von mehreren Ministerien hier und haben der Familie Hilfe angeboten. Unser Hospital stand für kurze Zeit im Brennpunkt des Medienrummels. Was ist davon übrig geblieben?
Die Rechnung des Hospitales haben sich die Familie, unser krankenhauseigener Hilfsfond für bedürftige Patienten (Spendengelder) und eine Kirchengemeinde vor Ort geteilt. Von staatlicher Seite kein einziger Beitrag außer warmen Worten. Vor 4 Wochen wurde der Antrag auf Hilfe für eine Prothese gestellt - bitte warten, derzeit sind keine Gelder verfügbar. Der Solidaritätsfond zahlt nicht, da das Kind ja Militärangehöriger ist. Vom Vater kommt nichts. Wie geht es weiter?
Der Junge hat sein Tief überwunden und scheut sich inzwischen nicht mehr, seine Unterarmstummel zu zeigen. Er hat gelernt, damit Fahrrad zu fahren und in 2 Wochen geht es in die Schule, wo er nur mündliche Prüfungen zu machen hat, bis er gelernt hat, mit einer Prothese zu schreiben. Wir sind also wieder einmal aufgerufen so ca. $ 2.000,- zu zahlen, um ihm den Mut zum Weitermachen und Lernen nicht zu nehmen. Auch das ist wieder einmal eine der Kehrseite eines sozialistischen Staates, der sich um alles kümmert, solange Geld da ist.

Verschiedene Weltsicht

Die Kinder vieler unserer Freunde in Deutschland sind selbst Akademiker und dabei, ihre eigene Karriere zu schmieden. Sie leisten Studienaufenthalte in anderen Ländern und sind auch einem Alter von über 30 immer noch in der Vorbereitung auf das eigentliche Leben. Sie haben oft einen Freund, eine Freundin, die ebenfalls auf der Karriereleiter aufsteigen und oft sehen sie sich monatelang nicht, weil sie beruflich getrennt sind. Wenn sie überhaupt heiraten, wird ein Kinderwunsch weiter nach hinten geschoben. Das kommt später, wenn überhaupt. Diesen Kindern wird der Grundsatz mit in die Wiege gelegt: Der Beruf ist das Wichtigste in Deinem Leben. Daran musst Du arbeiten. Alles andere kommt dann.
Mittlere gehobene Gesellschaftsschicht in Quito. Man hat einen Freund, eine Freundin während des Studiums, aber geheiratet wird am Ende der Universitätszeit und dann auch meist einen Akademiker. Man wünscht sich Kinder. Das gehört sich so. Hier machen die Frauen oft einen großen Spagat, etwa mit Kind während der Facharztausbildung. Dann hüten die Großmütter oder eine angestellte Kraft das Kind. Frau will aber auf jeden Fall den Beruf ausüben. Also reicht es allenfalls zu 2 Kindern, wenn überhaupt. Und wenn da "was dazwischen kommt" wird das Kind abgetrieben. Obwohl Abtreibung hier noch illegal ist, weiß man Wege, dieses Hindernis aus dem Weg zu räumen.
In einfachen sozialen Schichten Ecuadors gehen Mädchen inzwischen auf fast vollständig auf die Sekundaria, die zum ecuatorianischen Abitur führt. Danach oder schon während der Schulzeit wird das Mädchen Mutter, bleibt zuhause oder hilft stundenweise in einer kleinen Firma mit. Im Hauptberuf ist die Frau Mutter, arbeitet aber oft nebenbei hart für einen Zusatzeinkommen, denn wenn die Beziehung auseinander geht, muss sie in der Lage sein, die Kinder und sich selbst durchzubringen.
In indianischen Gesellschaftsschichten mit Verbindung zur Welt suchen sich Mädchen einen Partner. Da kommt es darauf an, ob die Eltern schnell genug reagieren und etwa einen Verbindung engagieren. Sonst sucht das Mädchen, was den Eltern oft genug nicht gefällt, aber dann ist sie eben schwanger. Der Ärger ist nach 3 Tagen vergessen, die neuen Verhältnisse werden allgemein akzeptiert. Jetzt lebt das Kind in der Familie und nach und nach wächst das neue Paar zusammen oder trennt sich wieder. Das Wichtigste für das Mädchen aber ist, sie ist Mutter. Das wünschen sich alle in diesem Alter. Abtreibung kommt in dieser Kultur nur sehr selten vor. Kinder sind erwünscht und gehören zum Leben. Und Ehe ist ein Prozess, der langsam wächst nachdem man intim zusammen war.

Jetzt fragt man sich, welche der genannten Frauen wohl am glücklichsten sind? Jedes Lebensmodell hat seinen Licht - und Schattenseiten. Uns Europäern scheint das moderne Weltbild das Beste zu sein. Aber wir kennen viele, die in einen tiefes emotionales Loch fallen, wenn sie dann arbeitslos oder beziehungsunfähig geworden sind. Das fängt keine psychologische Beratung auf.
Die relativ Situierten in Ecuador haben auch so ihre Probleme, Beruf und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen. Es lohnt sich weder finanziell noch im Ergebnis. Wir kennen viele verhaltensgestörte Kinder, die in der Folge das Leben nicht bewältigen.
Unsere Indianer haben da sicher nicht das schlechteste Lebensmodell gewählt, auch wenn es da manchmal krasse Einzelschicksale gibt.
In der Bibel steht ein provokativer Satz im 1. Timotheusbrief Vers 15: Die Frau wird selig, indem sie Kinder bekommt.... Den Satz kann man nicht einfach so erklärungslos stehen lassen. Zu einer jungen Mutter gehört ein treu sorgender Ehemann. Eine Familie ist viel mehr als die Summer der Einzelteile. Aber jede Kultur hat ihr eigenes Kulturmodell geschafften, fast alle weit entfernt vom biblischen Originalbild. Alle Modelle haben ihre Schwachpunkte und sind reformbedürftig. Nur das moderne Frauenbild, wie es uns Bewegungen wie Gender Mainstream weiß machen wollen, ist erfahrungsgemäß ein Auslaufmodell ohne wirkliche Zukunft. Das zeigt die demographische Entwicklung in Europa, speziell in Deutschland.

Samstag, 13. August 2011

Der Schuldenberg Ecuadors

Alle Welt spricht von der Schuldenkrise ganzer Staaten und Staatengruppen. In der EU jagt seit Monaten eine Spekulation die andere. Staaten werden "auf Ramschniveau" abgestempelt. Und die Aktienmärke reagieren schon auf Gerüchte hin. Ganz außen vor sind da derzeit die Staaten, die nicht zu bestimmten Wirtschaftsblöcken gehören. Aber auch sie leiden automatisch mit. Die Staatspräsidenten Südamerikas haben deswegen auf ihren letzten Treffen die Wirtschaftsriesen scharf kritisiert, weil sie die ganze Welt mit sich in die Krise stürzen. Wie aber sieht es hierzulands aus?
Ecuador hat sich in dieser Zeit der Mode anderer Staaten angeschlossen und ebenfalls kräftig Schulden produziert, in den letzten 4 Jahren insgesamt soviel wie die 6 vorherigen Regierungen zusammen gerechnet. Der einzige vorherige Präsident,der Schulden machte, war Sixto Ballén, aber in diese Zeit fiel der Krieg mit Peru, der 6 Wochen dauerte und das war der Anfang vom Ende war. Damit hatte sich Ecuador finanziell übernommen und die Auslandsschulden waren so groß, dass die gesamten Staatseinnahmen noch nicht einmal die Zinsen der Schulden deckten. Damals waren Weltbank, internationaler Währungsfond und andere Organisationen eingesprungen, um Ecuador bei der Entschuldung zu helfen. In dieser Krisenzeit wurde der US-Dollar als Landesweährung eingeführt. Die internationalen Gremien zwangen das Land zu einem ausgeglichenen Haushalt. Ecuador musste Reserven im Ausland aufbauen, Die Zahl der Staatsbediensteten wurde begrenzt. Es ging nach der Krise von 1999 wirtschaftlich spürbar bergaugauf. Das änderte sich mit der Einführung des Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Der Staat übernimmt jetzt alles. Die Leistungen sind bemerkenswert. Überall wird gebaut, die Wirtschaft wächst. Neue Großprojekte sind geplant. Die Regierung hat inzwischen alle Gelder aus dem Ausland zurück geholt und leiht sich jetzt anderweitig. Es wurden neue Beziehungen angeknüpft zu Libyen, dem Iran und vor allem zu China. Dabei sieht die offizielle Statistik der Auslandsschilden gar nicht so schlecht aus, Aber mit den Chinesen wurden Verträge über die Lieferung von Erdöl geschlossen. Das sind Kredite, die später mit dem schwazen Gold aus der Erde bezahlt werden. Man ging damals von einem hohen Ölpreis aus. Das kann in einer neuen Wirtschaftskrise auch man daneben gehen. Und dann werden die Kredite viel teurer.
Und ebenfalls nicht mitgerechnet sind die internen Kredite wie etwa Gelder aus der Sozialversicherung, die die Regierung für ihre Zwecke längst ausgegeben hat. Auch hier dreht es sich um Miliardenbeträge.
Die Regierung Ecuadors ist finanziell an einem kritischen Punkt angelangt. Die Schulden wurden angehäuft. Die Bauerfolge kann jeder sehen. Aber weitere Geldgeber aus dem Ausland werden sich derzeit schwerlich finden lassen. Intern bleibt wenig Spielraum. Wenn jetzt auch noch die Weltwirtschaft wieder eine Talfahrt ansetzt, merken es Länder wie Ecuador mit seinen Agrarprodukten besonders schnell. Dann kann das Finanzmodel einer hiesigen Regierung nicht mehr aufrecht erhalten werden und fällt wie ein Kartenhaus zusammen - ein gefährliches Machtvakuum.

Samstag, 6. August 2011

Kulturen mit wenig Geschichtsbewusstsein

Der Staat Ecuador hat vor einigen Monaten einen neuen Flugdienst für die Indios in den abgelegenen Dörfern der Urwaldregionen eingeführt. Für 15 Dollar kann man bei einem festgesetzten Flugplan jetzt den Urwald für 15 Dollar verlassen bzw. zurückkehren, Kinder, Schwangere und Alte zahlen die Hälfte. Über 10.000 Passagiere haben diesen Dienst genutzt und die Regierung verkündet in ihrer Propaganda, dass die Zeit der abgelegenen Dörfer zu ende sei. Mit dieser Aktion sei zu ersten Mal die Verbindung zur Außenwelt hergestellt worden. Eine neue Epoche für den Urwald habe begonnen. Das Projekt kostet den Staat gute 5 Mio. Dollar pro Jahr. Nicht erwähnt werden die Flugdienste, die vorher Großes geleistet haben. Die Missonary Aviacion Fellowship, eine internationale Missionsfluggesellschaft, hat die meisten Landeplätze von den Dorfbewohnern selbst anlegen lassen. Über 50 Jahre lang haben sie die Dörfer versorgt, Patienten hin und her geflogen, Versorgungsgüter gebracht. Sie waren und sind die einzigen, die auch mal am Wochenende Notfälle versorgen. Auch katholische Missionen haben viel für die Indianer des Urwaldes getan. Das alles ist auf einmal nichts mehr. Mit dem jetzigen Programm fängt die Stunde NULL DER GESCHICHTE an.
Beispiel 2: Eine Gemeinde in Ecuador erhält einen neuen Pastor. Unzählige Versammlungen laufen und es wird an einer neuen Struktur gearbeitet. Ab jetzt beginnt das wirkliche Gemeindeleben. Vorher wurde in den Tag hinein gelebt. Jetzt werden Programme für die Sonntagsschule, die Kinderarbeit und den Predigdienst erarbeitet. Alles Alte wird als nicht gut in die Schublade gelegt. Dabei verliert die Gemeinde auch Mitarbeiter, die sich verprellt fühlen, aber das sind eben die Kosten des neuen Aufschwungs.
Beispiel 3: Eine weltliche, internationale Firma in Ecuador erhält einen Chef. Da rollen Köpfe, werden Positionen neu besetzt. Unsummen werden für vorzeitige Ablösung bezahlt und ganz tiefer Groll entsteht in einigen Mitarbeitern. Andere brauchen Jahre, um über den plötzlichen und ihrer Meinung nach ungerechtfertigten Verlust ihres Arbeitsplatzes hinweg zu kommen. Und das nur, um wenig später wieder "ein neues Kapitel der Firmengeschichte aufzuschlagen".
Beispiel 4: Unsere Mission HCJB: Entscheidungen werden in einer Zentrale weit weg gefällt. Wir haben da vor Ort nichts mehr damit zu tun. Aber wir werden mit der Regelmäßigkeit einer Uhr daran erinnert, dass wir als Missionar unsere Personaldaten abgeben müssen. Wo wohnst Du, wir brauchen ein Foto Deines Hauses, was machst Du derzeit beruflich.....? Mit jedem Wechsel des Personalleiters werden die Daten neu erhoben, als wäre man gerade erst als neuer Missionar angekommen. Wo sind die vorherigen Daten geblieben? Kümmert sich da irgend jemand um das Individuum oder geht es nur um Datensammlung. Die Daten sind im Extremfall wichtig, aber warum gibt es keine Kontinuität in der Arbeit und in der Personalbegleitung?
Alle Beispiele haben den gleichen Hintergrund: Das fehlende Geschichtsbewusstsein. Menschen in Amerika, sei es in den USA, seien es Latinos, denken wenig an vorher, es sei denn, es handelt sich um ihre eigene Familie oder Gruppe oder den Stamm. Also fängt mit jedem Wechsel die STUNDE NULL DER MENSCHHEITSGESCHICHTE an. Da muss das Rad neu erfunden werden. Das ist in der Medizin so, wo Menschen Krankheiten nach den Erstentdeckern nennen, die Europäer nach ihren, die Nordamerikanern mit eigenen Namen, weil die ja die Krankheit erst wirklich erforscht hätten. Und wir kennen in der russischen und chinesischen Geschichte das selbe Phänomen. Die mehr und mehr schnelllebige Zeit hilft uns da nicht, weiter zurück zu blicken.
Wie tröstlich da ein Blick in die Bibel. Gott ist ein Gott der Geschichte bis hinein in die Ewigkeit. Deswegen wird vor allem oim Alten Testament immer wieder darauf hin gewiesen, dass wir unseren Kindern diese Geschichte mit Gott ins Herz legen sollen. Auf dieser Grundlage kann aufgebaut werden. Wir müssen nicht immer wieder das Rad neu erfinden. Nur wer fest im Gestern und Heute steht, kann auch mit Mut in die Zukunft blicken und sie in Angriff nehmen.