Sonntag, 1. Januar 2012

Jahresrückblick 2011

Zum Jahresende wird überall Bilanz gezogen, sei es in der Familie, um Freunde und Verwandte auf dem Laufenden zu halten, oder sei es bei Regierungen, um sich der Bevölkerung darzustellen oder die Weichen neu zu stellen. Was also waren die Höhe - was die Tiefpunkte 2011 in Ecuador?
Die Regierung Rafael Correa sitzt fest im Sattel. Sie ist durch Schwierigkeiten gegangen und hat offizielle Unterstützer verloren. Im Mai hat eine Volksabstimmung stattgefunden mit 10 Fragen, die teilweise wenig Zusammenhang zeigten. Viele fragten, warum der Präsident diese Fragen durchboxen wollte und bisher loyale Mitstreiter seiner Partei wandten sich dabei der Opposition zu. Da es sich nicht um eine Personenwahl, sondern eine Volksabstimmung mit JA oder NEIN handelte, gewann der Präsident den Volksentscheid landesweit. Dazu gehören auch neue Verantwortlichkeiten der Presse und persönliche Haftung der Journalisten. Seitdem ist die Pressefreiheit in Gefahr, aber es gibt bislang nur einen Fall, den der grüßten Zeitung des Landes, die dafür ein gerichtliches Verfahren am Hals hat, das sich seit Monaten hinzieht und eine Streitwert von 90 Mio. Dollar hat und den der Präsident wegen Rufschädigung einklagt. Die letzte Urteilsverkündigung steht in Kürze an, ein Hauptangeklagte Journalist dieser Zeitung suchte und fand politisches Asyl in Miami.
Ein weiteres Ereignis dieser Volksabstimmung ist das Verbot von Tierkämpfen mit tödlichem Ausgang. Hahnenkämpfe werden jetzt heimlich ausgeführt und bei der "Fiesta die Quito" werden die traditionellen Stierkämpfe mit Matadores aus Spanien bis fast ans Ende durchgeführt. Dann schleift man den Stier hinaus, um ihm dort abseits des Publikums den Todesschuss zu versetzen. Das ist ein Wechsel, der Folgen haben wird.
Probleme bereitet die Sicherheit vor allem in den Großstädten. 2011 ist jeder 4. Quiteñer einen Raub, Hauseinbruch, Überfall oder anderen kriminellen Akt erlebt. Das ist eine Steigerung, die kaum jemand noch versteht. Überall sucht man nach Lösungen. Ursache dafür ist nicht die Armut. Die Arbeitslosigkeit sank 2011 auf 5,5%, so niedrig wie lange nicht. Die Wirtschaft legt zu, vor allem beflügelt durch steigende staatliche Investitionen. Es ist die verstärkte Mobilität durch ein deutlich verbessertes Straßennetz und es ist der Einfluss aus Kolumbien. Die klassische Guerilla wie die FARC werden schrittweise zurückgedrängt. Das klingt günstig. Aber die Wirklichkeit zeigt, dass das Vakuum von kleinen, lokalen Banden gefüllt wird, die sich vom Drogenhandel finanzieren und schwerer zu fassen sind. Es vergehen keine zwei Wochen, in den die Polizei nicht einen Verbrecherring in Quito und Umgebung aushebt. Sie haben sich auf Computerdiebstahl, besonders Lap-Tops spezialisiert, rauben systematisch Häuser aus oder überfallen Geschäfte. Der Autodiebstahl ist etwas zurück gegangen, dafür sind Motorräder stärker gesucht. Und bei allem wird immer wieder deutlich, dass die hiesigen Verbrecher häufig Verbindungen zum mexikanischen Mafia haben. Immer noch zahlen Ecuatorianer tausende von Dollar, um illegal in die USA zu gelangen, nur, um dann irgendwo in Mexiko zu verschwinden, Teil der mindestens 50 000 Toten dieses Jahres im Eintrittsstaat südlich der USA. Die wenigen, die lebend zurück kehren sind nicht negatives Beispiel genug, diesen illegalen Weg aufzugeben. Die Lockrufe der illegalen Werber sind stärker.
2011 hat die Regierung mit dem illegalen und oft gesundheitsgefährlichen Bergbau Schluss gemacht. Es kam oft zu erhitzten lokalen Protesten. Dafür sollen die Menschen jetzt in offizielle staatliche Gesellschaften aufgenommen werden, aber das wird eine große Umstellung für diese freischaffenden Menschen sein. Der Natur wird diese Maßnahme gut tun.
Auch 2011 hat die zunehmende Verstaatlichung des Lebens zugenommen. Mittlerweile regelt der Staat alles, ist der wichtigste Arbeitgeber, bestimmt die Richtung. Dabei nimmt die Staatverschuldung zu. Dazu werden Bilanzen auch mal umgedeutet, um nicht als Schulden zu erscheinen. Ob der Sozialismus des 21. Jahrhunderts allerding auf mittlere Frist eine Chance zum Überleben hat, ist zu bezweifeln. Bisher hat der Sozialismus auf lange Dauer nirgends Überlegenheit gezeigt. Das wird sich auch 2012 in Ecuador beweisen.

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