Donnerstag, 14. Januar 2016

20 Jahre Programm für Behinderte Kinder

Manchmal rutscht man in etwas hinein, was andere für einen bestimmen. So geschehen im Jahre 1995, als ein Professor für Kinderorthopädie sich mit einem Missionsarzt in St Paul / Minnesota traf und fragt, was er als ein weltweit führender Spezialist für spastisch gelähmte und andere missgestaltete Kinder für arme Länder tun könnte. So wurde er eingeladen, im Hospital Vozandes von Quito und später auch in Shell unter abenteuerlichen Bedingungen zu operieren. Ich kannte ihn noch nicht, durfte aber die Nachbehandlung durchführen, per e-mail jeden Schritt berichtend und Weisungen aus den USA zu erhalten. So kamen wir 1996 dann persönlich zusammen und es entwickelte sich über all die Jahre eine Professor - Schüler, aber auch persönliche Freundschaft. Lange Rede kurzer Sinn: Inzwischen ist es ein internationales Treffen jedes Jahr mit orthopädischen Kinderchirurgen aus den USA, Brasilien, Chile, Kolumbien, gelegentlich auch aus Argentinien, Schweden und Deutschland und Venezuela. Die Patienten kommen auch aus vielen Nachbarländern Ecuadors, vor allem aus Nordperu. Es sind meist zerebralgeschädigte Kinder durch Geburtsprobleme, aber auch angeborene Missbildungen oder Unfallopfer.
Diese 2 - 3 Wochen pro Jahr arbeiten alle Ärzte ohne Honorar. Sie zahlen ihren Aufenthalt selbst und bringen aus ihrer Arbeit oft Metallplatten und andere "Geschenke" für die Kinder mit. Die Patienten werden an bestimmten Tagen gemeinsam untersucht und dann wird der OP-Plan festgelegt. Da es sich um ein ausgereiftes und an vielen Zentren inzwischen eigeübtes Behandlungsschema handelt, arbeiten wir als Team zusammen. Bei den Kindern werden in langen Operationen Knochen umgestellt, Sehnen verpflanzt und anschließend brauchen sie lange Physiotherapie. Da sich durch Spastik oder fehlende Muskultur ihr Skelett im Laufe der Zeit verformt, helfen wir ihnen zu einem möglichst normalen Wachstum bis sie 16 oder 18 Jahre alt sind. Dann verändert sich kaum noch etwas. Sie verlassen unsere Überwachung/Behandlung.
Wer als Kind nur im Bett liegt, dessen Welt bleibt klein und der Geist auch. Wer laufen kann, spricht auch besser und denkt anders. Deswegen ist das Laufen ein Schlüsselfaktor zur Entwicklung.
Wenn einer alleine die Operationen durchführen, würde es zu langen OP- und Anästhesiezeiten kommen, arbeiten aber 2 oder 3 Team gleichzeitig am Patienten, kürzt das Risiken und Kosten erheblich ab.
Die Operationen führen wir im Hospital Vozandes von Quito durch, weil es die richtige Infrastruktur besitzt. Schwestern und andere Ärzte aus Ecuador helfen dabei, wo sie können.
Aber es gilt auch die Familien der Kinder in diesen Prozess mit einzubeziehen. In Europa und Nordamerika gehen ca. 90% der Ehen bei stark behinderten Kindern in die Brüche. Ursache ist meist die Mutter, die zu 150% mit dem Kind verbunden ist. Sie vernachlässigt andere Kinder und besonders ihre Ehe. Ergebnis: Die Männer verschwinden. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen und von der ersten Begegnung mit diesen Familien dieses Problem anzusprechen und immer wieder nachzuhaken, wie es der Ehe geht. Die Zeit im Krankenhaus ist deswegen auch eine gute Gelegenheit für unsere Krankenhausseelsorger.
Die meisten Familien stark behinderter Kinder sind arm, die Mutter kann nicht arbeiten und wenn die Ehe auseinander geht, wird es auch nicht einfacher. Vom Staat gibt es wenig Hilfe.
Operationen, die in den USA bis zu $ 40.000,- kosten, werden bei uns für bis zu $ 5.000,- durchführt. Es sind die Unkosten für Unterbringung und den Operationssaal/Anästhesie. Aber auch da brauchen sie oft Hilfe. Anfangs brauchten wir für die 3 Wochen bis fast $ 20.000,- als Unterstützung. Inzwischen planen wir längerfristig, so dass die Familien ansparen können. Letztes Jahr haben wir nur ca $ 6.000 Hilfe gebraucht. Deswegen sind wir froh um jede Hilfe von Geschwistern aus aller Welt.
Die Vorbereitung und Nachbehandlung führe ich dann durch in einer Sprechstunde einmal pro Monat in Quito. Über all die Jahre sind weit über 1000 Kinder durch unser Programm gelaufen und sie kommen zu Kontrollen bis sie weit über 30 Jahre alt sind. Für viele Familien bin ich so der Hausarzt geworden, eine gute Gelegenheit für persönliches Zeugnis.
Der alte Professor aus den USA ist längst im Ruhestand und kann auch nicht kommen. Aber es hat sich ein neues Team gebildet, das treu kommt. Es ist zu einer Bewegung geworden, zu der wir auch ecuadorianische Ärzte ins Team nehmen, dass diese Behandlungsmethoden in weitere Städte des Landes getragen werden, z. B. nach Cuenca und Guayaquil.
Wir sind dankbar für diese Gelegenheit, als Missionsärzte Licht und Salz zu sein und dass es Menschen gibt, denen dieses Anliegen auch wichtig ist. Vielen Dank für alle Hilfe.

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