Dienstag, 17. November 2015

Der Kaiserschnitt

Jeder kennt das Wort. Angeblich wurde Julius Cäsar seinerzeit so geboren, als die Geburt nicht weiter ging und man das Kind per Öffnung des Bauchraumes der Mutter das Licht der Öllampen der damaligen Welt erblicken ließ. Die Mutter ließ dabei selbstverständlich das Leben. Das ist heute anders geworden. Viele Mütter verlangen in oder vor der Geburtsphase diese Behandlung und der Trend weltweit ist in diese Richtung, auch weil das Risiko im Vergleich zu Cäsars Zeit deutlich geringer für beide ist, für die Mutter und das Kind.

Jetzt wurden wieder einmal Zahlen veröffentlicht und Ecuador mit anderen Ländern Lateinamerikas verglichen und zwar die Jahre 2011 und 2014. Dabei fällt auf, dass landesweit 41 % der Geburten per Kaiserschnitt erfolgen, wobei die Küstenprovinzen teilweise weit darüber, die Provinz Pichincha mit der Hauptstadt Quito weit darunter und die Urwaldprovinzen im Osten noch weniger Kaiserschnitte aufweisen.
Dabei liegt Ecuador im Vergleich in Südamerika noch relativ günstig. Vergleichszahlen im Zeitraum 2009 - 2013 weisen in Ecuador 26% Kaiserschnitte auf. Nur Peru und Bolivien und Kolumbien liegen in dieser Zeit darunter. Brasilien mit 54 % und Chile mit 50% aller Geburten per Kaiserschnitt führen die Liste an. Mit dem wirtschaftlichen Fortschritt Ecuadors nach 2009 hat sich auch die Quote der Kaiserschnitte deutlich erhöht.
Was sind die Gründe? Da ist zunächst die Mutter, die zusehends die Schmerzen der Geburt scheut. Eine Epiduralanästhesie kennen hier wenige. Da verlangt man lieber den Kaiserschnitt. Aber in erster Linie ist es das Geschäft der Ärzte, das die Kaiserschnitte befürwortet.
Sehen wir uns einmal die Preise an. In Quito kostet eine durchschnittliche Geburt in einer Privatklinik um die  2.500 Dollar, der Kaiserschnitt liegt bei 3.000 - 3.500 Dollar. Der Preisunterschied ist also nicht sehr groß. Bedenkt man aber, dass der Arzt bei der natürlichen Geburt meist viele Stunden im Hospital warten muss, dann versteht man den Drang zum schnellen und kontrollierten Handeln. Und so werden viele Frauen von der ersten Kontrolle der Schwangerschaft daraufhin vorbereitet. Dann ist das Becken zu eng, geschätzt, wenn die gerade Schwangere zur Tür hereinkommt bis hin zum Ultraschall, wo das Gewicht des Kindes plötzlich zu groß für den Geburtskanal erklärt wird. Die Medizin ist zum Geschäft geworden, das man ausbauen kann, wenn man zeitig genug mit der Bearbeitung der zukünftigen Familie beginnt. Und wer will schon bei seinem Kind ein Risiko eingehen? Die Krankenkassen haben sich längst darauf eingestellt. Entsprechend hoch sind die Quoten bei Frauen im gebärfähigen Alter. So funktioniert der Markt. Deswegen liegt bei Privatkliniken die Kaiserschnittquote bei 90%. Eine sogenannnte "Komplikation“ gibt es nur, wenn das Kind schneller als der herbeigerufene Arzt ist. 
Laut internationaler Studien sollte die Kaiserschnittrate zwischen 10 und 15% aller Geburten liegen, in Regionen ohne gute Infrastruktur für Neugeborene und deren eventueller Transport in spezialisierte Zentren bei 15 % Kaiserschnittquote.

Aber es tut sich etwas. Mehr und mehr entsteht der Dienst der DOULAS. Das meint Frauen mit eigener Geburtserfahrung, die mit Schulungen im Gepäck andere Frauen in der Zeit der Geburt begleiten, ihnen und dem Partner Mut machen und sie zu einer normalen Geburt ermutigen. Sie kennen viele Tricks, Schwierigkeiten zu meistern. Wichtig ist die Einstellung der werdenden Mutter, Kurse der Vorbereitung, die es nur selten gibt, und Begleitung auch in langen Stunden der Wehen. Auch der Partner muss lernen, seine Frau in richtiger Weise zu unterstützen. Diese Bewegung will die Kaiserschnittrate deutlich reduzieren. Kostenmäßig rechnet sich das nicht. Der Aufwand ist groß. Es geht nur mit Freiwilligen, die davon begeistert sind. Wer aber einmal durch solch eine Geburt samt Vorbereitung gegangen ist, ist davon überzeugt und will nichts Anderes mehr. Die Kaiserschnittwilligen wissen gar nicht, was sie versäumt haben, denn eine Geburt ist mehr als nur ein Kind  zu bekommen, es ist ein einschneidendes Erlebnis im Leben einer Familie, Schmerzen, die zu überwinden sind und ein positives Ergebnis haben.
Aber noch etwas wird bei der präsentierten Zahlen deutlich: Die Geburtenraten in Ecuador hat sich von 2009 bis 2014 um ca. 15% reduziert bei steigenden Kaiserschnittzahlen. Das zukünftige Kind wird teurer und rarer. Ecuador ist seit vielen Jahren ein modernes Land geworden und ahmt Nordamerika und Europa nach.

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