Samstag, 7. März 2015

Ein anderer Geist

Unsere Zeit der Operationen der behinderten Kinder, meist durch frühkindlichen Gehirnschaden, ist beendet. Wir haben wieder Mal 25 Kinder in zwei Wochen operiert, bei 70 anderen den nichtoperativen Therapieplan festgelegt. 6 Personen aus St. Paul, Minnessota, 4 aus Chile, 2 aus Brasilien und 4 aus Ecuador waren versammelt und haben wie ein Team zusammen gearbeitet. Es sind neue Freundschaften entstanden und neu gefestigt worden. Vor allem haben mehr Ecuatorianer das Behandlungskonzept verstanden. Der Plan ist, die Kinder in ihrer Entwicklung so wenig wie möglich zu operieren, sondern wegen der Spastik die Fehlentwicklung des Skelettes vorauszusehen und entsprechend rechtzeitig in richtige Bahnen zu lenken. Es geht nicht um eine Op jedes Jahr, sondern so wenig wie möglich zur richtigen Zeit der körperlichen Reife.
Dieses Konzept, das weltweit Schule gemacht hat, wurde von Dr. James Gage entwickelt. Er hat es zu uns gebracht. Letztes Jahr konnten wir aus missionsinternen Gründen das Programm nicht abhalten. Jetzt wurde es mit der Genehmigung der Gesundheitsministerin wieder eröffnet. Die Ärzte aus dem Ausland kamen wieder und wir haben neue Wege beschritten. 
Dieses Jahr haben wir 3 neue ecuatorianische Ärzte in das Team integriert, die aus verschieden Städten des Landes mit dabei waren. Zwei Wege überzeugte. Der eine die Qualität der Operationen, die sie erstaunt hat. Aber genauso wichtig sind die Freundschaften, die entstanden sind.  Denn an den Abenden nach den Operationen saßen wir bei einer Flasche chilenischem Rotwein zusammen, um über die "wissenschaftlichen und menschlichen" Probleme dieser Patienten und Angehörigen zu sprechen. Einige unserer Mitarbeiter sind aus Chile. Auch sie haben das gleiche Problem, neue Mitarbeiter zu überzeugen. Also kommen die auch mit zu uns. Zwischendurch gab es einen Samstag beste wissenschaftlichen Vorträge und Fallbesprechungen, die wir nächstes Jahr in eine Universität verlegen werden.
Patienten kamen genug, wie immer auch aus dem Ausland, aus Chile und dem Norden Perus. Während die Behinderten aus Ecuador meist staatliche Versorgung haben, müssen Patienten aus dem Ausland selbst bezahlen.  Und da scheiden sich die Geister.
Das Personal im Hospital Vozandes ist begeistert und mit ganzem Herzen bei diesem Programm. Wir dürfen einen Operationssaal für diese Tage für uns belegen. Kurzfristige Änderungen im Programmablauf waren nie ein Problem. Die Anästhesie machte bereitwillig mit, andere Überstunden, wenn wir nicht rechtzeitig fertig wurden. Die Pastoren besuchten die Patienten und Angehörigen auf Station, um ihnen die richtige Begleitung zu geben, denn viele Elternehen solcher Kinder werden wegen die besonderen Belastung geschieden. Es ging ein Ruck durchs Krankenhaus. Es wuchs ein Team wieder zusammen.
Doch die Kehrseite der Medaille war die finanzielle Verwaltung. Seit einigen Monaten ist das Hospital unter nationaler Verwaltung. Ein Hilfsfond für arme Patienten wurde erst einmal bis auf Weiteres abgeschafft. Selbst eine junge Patienten, die sozial versichert ist, wurde abgelehnt, weil sie selbst mehr bezahlen kann als die Sozialversicherung dem Hospital bringen würde. Sie hat eine einseitige Beckenumstellung, die es sonst in diesem Land nicht gibt, aus eigener Tasche bezahlt. Für die armen Patienten bezahlen wir aus eigener Tasche, aber auch da gab es Ärger. Geld oder Entlassung! Selbst da müssen wir persönlich bürgen und in diesem Moment unterschreiben. Man ist mit uns als Exmissionaren noch "großzügig".
Im Gegensatz zu früher ist es erniedrigend. Das Vertrauen ist hin.
Der Geist der Hilfe und des sozialen Engagements ist unter einheimischer Leitung aus diesem Missionskrankenhaus verschwunden. Den vielen Mitarbeitern auf Station, den Pastoren, dem OP-Team etc. etc. geht es ähnlich. Auch sie wissen um diese Änderung. Es scheint nur noch das Geld zu zählen.  Die Vorbesprechungen waren anders. Zwischendurch wurden die Regeln geändert. Es tut einfach nur weh. Wir hoffen dennoch, dass wir nächstes Jahr wiederkommen dürfen.
20 Jahre ist dieses Programm nun alt. In dem Moment, in dem endlich nationale Ärzte anbeißen und begeistert sind, merken wir, das der Geist der Missionare von einst das Gebäude verlassen haben. 

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