Mittwoch, 1. Mai 2013

Tag der Arbeit

Heute ist Gewerkschaftstag mit Großkundgebungen in aller Welt. Je nach politischer Couleur wird die Einheit der Werktätigen beschworen oder werden Ausbeutung am Arbeitsplatz gebrandmarkt. Das ist auch in Ecuador so, obwohl der hiesige Sozialismus wir selten zuvor die restlichen 364 Tage des Jahres ein stark kapitalistisches Gesicht zeigt mit massenweisen Entlassungen über Nacht aus den staatlichen Institutionen.
Aber es gibt noch viele Berufe, meist von älteren Handwerkern, die keiner Lobby und keiner Gewerkschaft angehören und ihr Geld mit kleinen Diensten verdienen.
    Da ist der Uhrmacher. Er verkauft auch Billiguhren, doch sein Geschäft ist der Batteriewechsel von Uhren. Das geht auf der Straße in einem Stand auf dem Gehweg oder einer Garage als Werkstatt - kostet 1 - 3 Dollar und wird sofort erledigt. Dort gibt es auch Uhrarmbänder und anderes.
    Die Schreibmaschine wird immer noch gebraucht. In der Nähe von Ämtern wird dann Formblatt Nr. 18 gebraucht. Es ist ein Blatt DIN A 4 mit Linien. Auf dem werden Anträge geschrieben. Uns als Ausländern fällt es schwer die richtige Form zu finden, aber die Frau auf der Schreibmaschine kennt die ersten 80% des Briefes. Sie schreibt an den Herrn Direktor des Amtes, grüßt Ihn standesgemäß und dann kommt ganz unterwürfig der eigentliche Grund des Briefes. Das ist die richtige Form eines offiziellen Antrags, der dann auch bearbeitet wird. Ohne das Formblatt und die richtige Form läuft gar nichts, auch wenn der Staat verzweifelt versucht, das Internat als Einstieg zu versuchen. Doch über diese technischen Probleme könnten allein wir Bücher schreiben.
    Da ist der Schneider um die Ecke. es gibt welche, die auch Anzüge schneidern oder Kostüme, aber die meisten Schneide3r leben vom Flicken. Ein neuer Reißverschluss, ein Loch zu flicken, etwas ab - oder anzunähen, eine neue Tasche in der Hose. Das wird meist am gleichen Tag noch erledigt. Sie nähen auch Knöpfe an. Wer hat schon eine Nähmaschine zuhause, wer hat Nadel und Faden parat - der Schneider um die Ecke. Wir schätzen ihre prompten und schnellen Dienste.
    Der Sattler an der Straßenecke repariert nicht nur Stühle und Sofas, möbelt sie auf und baut neuen Schaumstoff ein. Er repariert auch Autositze, repariert unser Trambolin. er hat die Nähmaschine für grobe Stoffe und hilft bei anderen Notfällen aus. Dass seine Werkstatt meist der Gehweg ist, ist wie beim Reifenflicker für Auto- oder Fahrradreifen der Stadtverwaltung ein Dorn im Auge, denn die eigentliche Werkstatt ist von der Stadt bezahltes Gelände,. das anders genutzt wird. Gelegentlich muss dann der Fußgänger auf die Straße ausweichen.
    Da ist der Fregador - der Medizinfachmann für umgeknickte Sprunggelenke oder auch Knochenbrüche. Binden werden benutzt, Cremes und Salben aufgelegt oder auch Schienen aus Karton oder Holzstöckchen verwendet. Viele unserer Patienten mit Knochenbrüchen waren vorher beim Fregador.
    Da ist der Friseur um die Ecke für 1,5 - 3 Dollar pro Männerhaarschnitt, der Hutmacher im Süden Ecuadors, der defekte Strohhüte repariert, der Kesselflicker, der durchgescherte Aluminiumhöfe lötet und für weitere 6 Monate vor dem Durchscheuern bewahrt. Viele solcher kleiner Handwerker machen uns da Leben leicht. Sie leben von wenig. Ihre Dienste sind aber wichtig, da sie eine Wegwerfgesellschaft aufhalten - wie lange noch? Sie haben wenig Zukunft aber sind uns allen lieb und wichtig - nicht nur am Tag der Arbeit!

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