Samstag, 12. Mai 2012

Wie sicher ist die Wahrheit

    Sie laufen durch die Stadt Quito von Botschaft zu Botschaft. Nach der Botschaft von Costa Rica mit abschlägigem Bescheid der Versuch bei Panama, Chile und schließlich Großbritannien. Sie suchen Sicherheit und die Möglichkeit des politischen Asyls. 4 Menschen fühlen sich bedroht. Es handelt sich um die Mitglieder einer Wahrheitskommission, die einen Sachverhalt aufhellen sollten. Jetzt fühlen sie ein Damoklesschwert über sich. Sie könnten im Gefängnis enden. Schon haben Stimmen  der Staatsanwaltschaft die sofortige Sicherheitsverwahrung gefordert.
    Der Hintergrund ist eine Anschuldigung gegen den Präsidenten der Republik. Sein Bruder besitzt mehrere Bauunternehmen und hat staatliche Aufträge im Straßenbau für mittlerweile über eine halbe Mrd. Dollar erhalten. Das seien öffentliche Ausschreibungen gewesen und der Präsident habe davon nichts gewusst. Vetterleswirtschaft in Familie sagen die anderen. Darüber gab es bereits vor 3 Jahren nach Bekanntwerden der Vorgänge eine lange öffentliche Diskussion. Zwei Journalisten schrieben darüber ein Buch: "Der große Bruder" und wurden deswegen vor einigen Monaten zu je einer Mio. Dollar Geldstrafe wegen Rufschädigung gerichtlich verdonnert, dann aber in einer großzügigen Geste des Präsidenten begnadigt.
    Um Klarheit in die Sache zu bringen, bat der Präsident 2009 die Einsetzung einer Wahrheitskommission, die die Hintergründe untersuchen sollte. Die Mitglieder wurden nach hiesigen Kriterien ausgesucht, waren alle begeisterte Parteigänger und Wahlkampfhelfer des ersten Mannes im Staat. Sie wurden wie gesetzlich vorgeschrieben unter vielen Bewerbern per Losverfahren ausgesucht. Für ihre Arbeit erhielten sie bisher keine Aufwandsentschädigung und zahlen alles aus eigener Tasche. Wie in dem eben erwähnten Buch kamen sie zum Schluss, dass es drei Möglichkeiten für die Verträge gab.
1) Dass der Präsident entgegen seiner Äußerungen von den Verträgen gewusst hatte, was auch sein älterer Bruder, der Inhaber der Baufirmen bestätigt.
2) Dass es illegale Aktionen und Begünstigung gab.
3) Dass die Bauvorhaben zum Nachteil des Staates später viel zu hoch abgerechnet worden waren.
    Alles das klingt schon nach Vetterleswirtschaft. Seit Juli 2009 im Amt der Wahrheitsfindung ermittelt die Staatsanwaltschaft auf Wunsch des Präsidenten nun gegen die Mitglieder der Wahrheitskommission. Demnächst sollen sie vorgeladen werden. Dann fürchten sie einen Prozess. Ihre Begeisterung für die staatstragende Partei und den ersten Mann im Staat hat spürbar nachgelassen. Jetzt kommt Panik bei ihnen auf und sie sorgen sich vor allem um ihre Familien.
    Auch diese Begebenheit wirft ein Licht auf die zunehmend schwierige innenpolitische Situation im Lande. Kritik an der offiziellen Politik und besonders an Personen ist nicht nur nicht erwünscht, sondern auch gefährlich.

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