Samstag, 14. April 2012

Universitätssterben in Ecuador

Studenten und Dozenten stehen mit langen und verheulten Gesichtern am Eingang ihrer Universität und dürfen sie nicht betreten. Die Polizei versperrt ihnen den Weg. Am Abend vorher wurde im Fernsehen verkündigt, dass 14 Universitäten des Landes ab sofort geschlossen werden - Entscheidung einer Kommission, die seit 7 1/2 Monaten alle höheren Institute untersucht und jetzt ihre Ergebnisse Wirklichkeit gemacht hat. Mitten im Semester ist für über 280 000 Studenten und Angestellten das Aus gekommen. Nur die Studenten im letzten Ausbildungsjahr bekommen eine Sonderregelung. Dafür wird an jeder der geschlossenen Universitäten ein staatlicher Verwalter eingestellt, der Ihren Abschluss prüft und überwacht. Die restlichen Studenten, das ist die große Mehrheit, muss sich einen Platz an den anderen Universitäten suchen. Einige verlieren alle bisherigen Anerkennungen. Die Einzelheiten sind noch nicht klar. Aber das Chaos ist perfekt.
8 weitere Universitäten haben eine vorläufige Erlaubnis erhalten, dürfen weitermachen, aber mit strengen Auflagen, die genau überwacht werden, ansonsten droht auch ihnen die Schließung.
Für Außenstehende ist es schwierig, diesen Vorgang zu verstehen. Aber Universitäten in Ecuador sind zu einem Großteil privat. Ausbildungseinrichtungen und zu einem profitablen Geschäft geworden. So gab es beispielsweise in der 300 000 Einwohner zählenden Stadt Ambato 35 Universitäten. Viele davon waren nur lokale Ableger anderer Universitäten des Landes. In anderen Städten sah es nicht viel anders aus. Und es mangelte allerorts an guten Professoren. Da hatte oft einer gerade sein Studium abgeschlossen und wechselte ohne weitere Studien als Lehrkraft an seine Universität. Diesem Wildwuchs ist schon seit einigen Jahren ein staatlicher Riegel vorgeschoben worden. Einige Institute wurden geschlossen. Jetzt hat eine Kommission die Universitäten über Jahre kontrolliert - die Curricula der Studiengänge, die Qualifikation der Professoren, die Bibliotheken etc. Dementsprechend wurden die Universitäten in die Kategorien A - B - C - D und E eingeteilt. Das sind aber nicht nur Universtäten im deutschen Sinn, sondern auch Fachhochschulen und Institute für spezielle Studiengänge. Jetzt standen die der Kategorie E auf dem Prüfstein. 8 von ihnen haben nochmals eine Chance erhalten. Eines der wichtigsten Merkmale war nämlich, ob die Universität wirklich Forschung betreibt und in die Zukunft investiert oder nur mit Titeln Geld macht.
Bleibt dennoch ein bitterer Nachgeschmack für Tausende von Studenten und Lehrern: Ein plötzliches Aus mitten im Semester ohne Chance auf geordnete Übernahme in anderen Ausbildungszentren. Wir wissen von Studenten, die bis zu 12 Semestern Studium plötzlich verloren haben und von Null anfangen dürfen, ohne dass es eigenes Versagen ist. Und es ist befremdlich, dass alle staatlichen Universitäten den Sprung in hohe Kategorien geschafft haben. Und ihre Ausbildung ist auch nicht besser. Da bleibt der bittere Nachgeschmack auf Begünstigung. Zu hoffen bleibt, dass sich wenigen, und bessere Universitäten durchsetzen, denn sie sind die wirkliche Zukunft des Landes.

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