Montag, 23. Mai 2011

Kulturunterschiede

Wir arbeiten in einer Gemeinde im Osten Ecuadors unter Quichuaindianern. Und diese Gemeinde in Mondayacu ist alles andere als stabil. Sie hängt am Tropf der Hilfe von Ausländern und der Heimatgemeinde in Quito. Heute haben wir wieder einmal einen Einblick in die Unterschiede der Kultur nehmen können. Wir kamen pünktlich zum Gottesdienst um 7.30 die drei Stunden aus Quito angereist - kein Mensch außer uns und unserem ecuatorianischen Missionar aus Quito. Eine Stunde später kam ein einziges älteres Ehepaar und wir sprachen noch einmal über die Ereignisse der letzten Nacht in diesem Dorf. Ein 24-Jähriger war am Abend zuvor bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen und das ändert alles. Er hatte zusammen mit seinen Freunden getrunken und war weggefahren, um mehr Alkohol zu besorgen. Seinen Helm hatte er nicht festgeschnallt und war mit einem Pferd zusammen gestoßen. Der Helm flog weg. Er erlitt eine offene Schädelverletzung. Das nahe Hospital schickte ihn nach Quito aber er verstarb schon auf dem Weg. Man brachte den Leichnam ins Dorf zurück. Es begann die Trauerfeierlichkeit:
Paul Ch., unser Missionar war bei den jungen Leuten, um sie zu trösten und mit ihnen zu sprechen. Aber das kam überhaupt nicht an. Sie waren weiter mit Trinken und Kartenspielen beschäftigt und es schien ihnen überhaupt nichts auszumachen. Da ist eben einer weniger. Das kann jedem von uns jeden Moment passieren. Das Leben geht weiter. Dabei ist sicher viel Fassade davor, aber sie ließen keinen von außen heran.
Innerhalb kürzester Zeit war ein Sarg da, der Tote aufgebahrt. Seine Familie darumherum und das ganze Dorf kam. Wie von Zauberhand wurde Essen und Kaffee serviert. Trauern ist in dieser Gemeinschaft etwas, was man in der Gemeinschaft tut. Ab Mitternacht gingen dann die Schnapsflaschen rum. Die letzten unserer Gemeinde gingen um 4.00 morgens. Heute kamen außer den Alten keiner in den Gottesdienst. Etwas anderes war viel wichtiger. Ob da jemand aus weiter Entfernung für einen Gottesdienst angereist kommt, interessiert nicht mehr.
Nach Gebet und langen Gesprächen über die weitere Missionsarbeit tut es dem alten Ehepaar auch weh, dass die Gemeinde nicht stabiler wird. Auch sie suchen nach Wegen, die Jugend zu erreichen. Sie sind machtlos. Die nächsten Generationen gehen ihren eigenen Weg. Da ist die Tochter, die mit einem noch anderweitig verheirateten Mann im gleichen Haus zusammen lebt. Da ist der Enkel, der immer noch an Mutters Schürzenbendel hängt und sich von ihr verköstigen lässt. Er arbeitet zwar, lässt sich aber von seiner Mutter finanziell versorgen und wohnt mit 24 Jahren noch im gleichen Haus. Sein Geld behält er größtenteils für sich. Jetzt eröffnet er der Familie, dass er seit einiger Zeit eine 20 - jährige Freundin hat, die seit Neuestem mit ihm in sein Zimmer lebt. Die hat noch 2 Jahre bis zum Schulabschluss. Ihre Familie scheint froh zu sein, dass sie eine so gute Partie macht und gibt sie frei. Noch ein Esser mehr am Tisch einer Patch-Work-Familie. Und über´s Jahr wird da auch noch ein Kind sein.....
Heute waren wir im Dorfgemeinschaftshaus, um der Trauerfamilie zu kondolieren. Der Raum war voll von Menschen, die Karten spielten und denen unsere Unterbrechung des Begrüßens eher peinlich war. Die Männer waren draußen. Es wurde weiter Essen vorbereitet. So eine Trauerzeremonie dauert manchlam mehr asl 24 Std.
Das ist die Realität der Missionsarbeit in Ecuador. Es zeigt uns an, dass wir die Kultur nicht verstanden haben. Hier sind Menschen, denen wir seit vielen Jahren das Evangelium der Befreiung von Schuld und Sünde verkündigen. Es kam nicht an. Sieht denn so NEUES LEBEN aus? Ich habe gerade die Nachrichten der Deutschen Botschaft Quito gelesen und die Erfolge der mannigfaltigen dt. Aktivitäten im Land. Unser Ergebnis sieht dagegen mehr als mager aus. Das sind die Tiefen, durch die wir als Missionare gehen. Doch wir sind hier als Botschafter eines Höheren, auch wenn es alles andere als siegreich aussieht.

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