Donnerstag, 21. Oktober 2010

Staatskrise in Ecuador

So wie in den USA heute nichts mehr so ist wie vor dem 11. September 2001, so ist auch in Ecuador der 30. September 2010 ein Meilenstein in der Geschichte unserer Regierung. Derzeit ist große Funkstille, aber hinter den Kulissen wird fieberhaft gearbeitet. Hilfreich dabei ist, dass die großen Medienzentren wie die wichtigsten Fernsehstationen nicht mehr regierungskritisch sind. Das Gesetz der Entflechtung zwischen Kapital und Medien ist in Kraft getreten. Die Fernsehkanäle stehen zum Verkauf an. Niemand will oder kann sie kaufen, also übernimmt die Regierung das Ruder. Selbst die unabhängigen Zeitungen sind vorsichtig geworden. Viel zu berichten gibt es ohnehin nicht, da sie kaum an relevante Information kommen und derzeit keine neuen Gesetze beschlossen werden. Die Regierung leckt ihre Wunden und legt ihre Zukunftspläne fest.
Zunächst aber wurden im Kabinett 4 Kommissionen gebildet, die die Krise analysieren und Gegenmaßnahmen ausarbeiten sollen.
Am 30. September hatte ein kleiner Kern der Polizei gemeutert und den Präsidenten, der schlichtend in das Polizeihauptquartier ging, einige Stunden festgehalten, bis ihn das Militär gewaltsam befreite. Mehrere Menschenleben kostete diese Aktion und zeigte an, dass viele Menschen mit den Plänen der Regierung nicht einverstanden sind. Jetzt durchläuft eine Säuberungswelle die Polizei. Die neuen Gesetze sollen angewandt werden, aber es fehlen die Ausführungsorgane, die noch nicht geschaffen wurden. Gleichzeitig stellt sich heraus, dass am 30. September auch einige Militärs gegen den Präsidenten protestiert hatten. Deswegen hatte es auch Stunden gebraucht, bis die Militärleitung sich offiziell hinter den Präsidenten gestellt hatte. Zuerst musste die eigene Truppe überprüft werden. Wenn das Militär als oberster Ordnungshüter geteilter Meinung ist, bricht die Anarchie aus. Jetzt läuft auch eine Säuberungswelle durch Militär.
Eine außenpolitische isolierte Regierung nutzt die Gelegenheit, sich derzeit internationale Bestätigung ihrer Legitimität zu holen. Plötzlich gibt Präsident Correa Interviews für ausländische Medien. Botschafter sind in aller Welt unterwegs, um den Weg der hiesigen Regierung in Europa und Lateinamerika zu erklären und Rückendeckung zu holen.
Und im Land selbst war plötzlich Schluss mit Reisen. Vorher fanden alle Aktivitäten der Regierung an den verschiedensten Orten des Landes statt, gab es eine samstägliche Ansprache Correas in einer nationalen Radiokette verschiedensten Orten Ecuadors, was die Nähe zu den Menschen anzeigte. Jetzt ruht sich der Präsident nach seiner Knieoperation erst einmal aus, macht seine krankengymnastischen Übungen und soll angeblich abnehmen, um schneller fit zu sein. Ein Weiteres wird deutlich: Er hat in der Vergangenheit zu viel selbst gemacht. Die Arbeitslast soll auf weitere Schultern verteilt werden.
Der 30. September 2010 war ein Schock für das ganze Land. Die Regierung ist aus der Selbstsicherheit gerissen worden. Jetzt aber lotet sie aus, wie sie die Krise meistert. Die Medien schweigen. Es gibt keine Opposition. Die Säuberungswellen gehen durchs Land. Wer gestärkt darauf hervorgehen dürfte, ist ohne Zweifel der Geheimdienst. Nicht umsonst gilt nach wie vor der Ausnahmezustand für die Hauptstadt Quito.

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