Sonntag, 24. Januar 2010

Der Patientenstrom reisst nicht ab

Die Spannung im Hospital ist weniger. Viele Patienten sind entlassen worden. Von den Patienten, die bei unserem Eintreffen hier waren, sind mehr als 2/3 inzwischen gegangen. Vielen kommen natürlich in regelmäßigen Abständen zu Verbandswechsel und Kontrollen. Jetzt reißt der Strom der Neuankömmlinge nicht ab. Jeder Tag kommen so 15 Neue, die meisten mit Oberschenkelfrakturen. Und sie erzählen Schauergeschichten, wie die 24 - jährige Frau, die ganz verstört kam und die Stacheln stellte. Sie erzählte dann, dass sie seit Tagen kaum etwas zu essen bekommen hatte. Als das Erdbeben geschah, war sie im dritten Stock ihres Hauses und sie erlebte nacheinander, wie der dritte Stock auf den zweiten und den ersten aufschlug und unter ihr die ganze 6 - köpfige Familie begrub, darunter ihre 4 Kinder. Sie ist die einzige Überlebende.
Mitten hinein kam die Nachricht, dass wir abgelöst werden. Ein weiteres Team ist unterwegs. Wir sollen zum Debriefing in die USA. Das ist Order von oben, die keiner versteht, sind wir doch als Team nun eben gut eingearbeitet. Das tut weh, plötzlich alles hier zu lassen. Dann wieder die Nachricht, dass es morgen doch keinen Flug geben soll. Wir sind gespannt. Zumindest sind unsere Koffer schnell gepackt. Wir richten uns mal auf einige Tage mehr ein, merken aber doch, dass die Batterien so langsam leerer werden. Wir wollen keinen Abend mehr bis Mitternacht im Hospital sein. Die Not darf nicht alleine unseren Arbeitsalltag bestimmen. Und doch läuft es jetzt wie am Schnürchen. Heute haben wir neben anderen Verletzungen 5 Oberschenkel mit Platten versorgt.
Erfrischend war heute die eine Std. Pause em Vormittag beim Gottesdienst mit herrlichem Gesang - eben afrikanisch. Und nebenbei bemerkt: Wir haben in der ganzen Zeit bisher vergeblich nach einem weißen Haitianer Ausschau gehalten. Bisher werden alle schwarz. Die einzigen Weißen sind die Missionare und eben wir als Besucher.

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