Montag, 4. Juli 2016

Unzufriedenheit des Militärs

Angefangen hat die letzte Protestwelle, als der Staat den Rentenfond des Militärs angriff. Der Rentenfond hatte ein Grundstück in der Hafenstadt Guayaquil erworben, das der Staat nun verkaufen will. Zwischen dem Kaufpreis und dem Verkaufswert klafft eine große Lücke, mit dem die Staatskasse aufgefüllt wird. Im Finanzministerium herrscht nämlich äußerste Geldnot, die auch mit den neuesten Krediten aus China nur verschoben, nicht aber wirklich gelöst wird. Ecuador steckt im zweiten Jahr einer tiefen Wirtschaftskriese und so brechen auch die Steuereinnahmen ein. Jetzt muss jeder helfen, diese Lücke zu schließen. Die Polizei ist derzeit ruhig. Sie hatte vor einigen Jahren aufbegehrt und den Präsidenten Correa sogar für einige Stunden festgesetzt. Das Militär hatte ihn in einer blutigen Schlacht befreit.  Damals wurde die gesamte Polizeistruktur umgestellt. Und Correa war stets bemüht, die guten Beziehungen zum Militär beizubehalten.
Das Ganze bekam seinen Riss durch den Streit um das Grundstück in Guaqyaquil. Es sind vor allem die Rentner der Militärs, die lautstark ihre Stimme erheben. Die aktiven Soldaten können es nicht. Sie sind zur Loyalität verpflichtet.
Präsident Correa hat einen Feuerwehrmann in seiner Partei, Ricardo Patiño. Er hat schon manche Schlacht für ihn geschlagen. Er war lange Zeit Außenminister, besonders in der Zeit der Auseinandersetzungen mit den USA. Dann hat er parteiinterne Schwierigkeiten geschlichtet und das in Rekordzeit von 2 - 3 Monaten. Jetzt ist er Verteidigungsminister. Also spürte Correa klar, dass hier etwas zu verbessern ist. Dieser Minister besucht derzeit die großen Kasernen. Dabei möchte er eine Einheit herstellen zwischen den Berufssoldaten und den Wehrpflichtigen. Dort herrscht nämlich die wirkliche Kluft. In Ecuador gibt es laut Gesetz eine allgemeine Wehrpflicht, zu der nach Jahrgängen aufgerufen wird. Aber die wenigsten gehen wirklich hin. Wer etwas auf sich hält, drückt sich um diesen Dienst mit Geld oder anderen Ausreden. Beispiel: Aus unserer Kirchengemeinde in Quito und jahrelanger Jugendarbeit kenne ich keinen jungen Mann, der in den letzten 26 Jahren eingezogen wurde. Aber die ärmere Bevölkerungsschicht, besonders die Indianer, schicken ihre Kinder zum Wehrdienst. Dann sind sie versorgt, können dort zwei keine wirkliche Berufsausbildung erwerben, aber viele Fähigkeiten, die ihnen später nützlich sein können.

Wie der Streit um die Sozialversicherung der Berufssoldaten ausgehen wird, wissen wir nicht. Wir merken, dass sich allen Äußerungen der Regierung zum Trotz ein anderes Loch auftut. Der bankrotte Staat spart derzeit an den Wehrpflichtigen und hat ihnen die Krankenversicherung gestrichen. Wenn also ein Wehrpflichtiger zum Zahnarzt geht oder sonst ärztlich gehandelt werden muss, dann ist für ihn das Militärkrankenhaus tabu. Dann muss er sich seinen Arzt selbst suchen und bezahlen. Das erleben wir derzeit in unserer Klinik in Shell. Zwischen den Worten eines Ministern und der täglichen Praxis klaffen Welten, aber davon meldet die Presse nichts. Der Streit der Berufssoldaten und ihre soziale Absicherung ist wichtiger als der kleine Soldat. Dort spart der Staat am meisten.

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