Mittwoch, 14. Oktober 2015

Warum brauchen wir ein anderes Krankenhaus in Shell?

Seit erst wenigen Tagen ist unsere Sprechstunde in Shell eröffnet und die Patienten kommen, weil sie Vertrauen haben oder von anderen über uns gehört haben. Heute möchte ich die Geschichte einer Indianerin erzählen, die verzweifelt um Hilfe ersucht hat:
Die 30-jährige Frau leidet seit 2 Jahren an einer Entzündung des Oberschenkels. Immer wieder fließt Eiter aus zwei Wunden einige Zentimeter über dem Knie. Das Knie ist fast komplett steif, aber sie kann gut laufen. Manchmal sind die Schmerzen groß, wenn Eiter ausläuft weniger. Die Mutter von 4 Kindern kommt aus dem Urwald, lebt aber mittlerweile in der Provinzhauptstadt Puyo, weil, sie da Hilfe erwartet.
Ihr Mann sucht Arbeit, schlägt sich derzeit mit Gelegenheitsjobs durch, um die Familie zu versorgen. Seit Monaten geht sie von einem staatlichen Gesundheitszentrum zum anderen. Sie wird vertröstet und nach vielen Besuchen nach Quito weiter geschickt.
Die Untersuchungen haben eine Osteomyelitis ergeben, eine Vereiterung des Knochens.
Wenn es dazu kommt, dann bilden sich oft mitten im Knochen abgestorbene Knochenteil, die selten von alleine heilen. Denn der abgestorbene Teil ist wie ein Fremdkörper. Wenn der einmal entzündet ist, dann muss es raus: Er eitern raus oder er bleibt für immer ein Entzündungsherd. Das ist ähnlich wie eine entzündete Metallplatte oder sonst ein Fremdkörper. Erst wenn er entfernt ist, kommt der Entzündungsprozess zur Ruhe. Antibiotika führen zur Resistenzen, aber nicht zur Heilung.
Unser staatliches Regionalkrankenhaus, das eigentlich für die Region zuständig ist, wagt sich trotz viele "Spezialisten" nicht an die Operation und schickt die Frau nach Quito, wo sie sich nicht auskennt und keine Bleibe hat. Dort schickt man sie von hier nach da, fordert viele Untersuchungen, die sie teilweise selbst bezahlen muss. Doch sie hat weder das Geld für eine Übernachtung noch für die Untersuchungen, also scheitern die Besuche dort. Sie wird sicherlich vom dortigen System als wenig hilfreich abgestempelt. Also kommt sie zu uns und klammert sich an den Strohhalm, der ihr noch bleibt.
Es tut in der Seele weh. Solche Patienten haben wir so oft behandelt. Der Knochen muss eröffnet werden, der infizierte Teil herausgeholt werden. Anschließend gibt es Spülungen mit Antibiotika oder entsprechende Ketten, die danach entfernt werden müssen etc.  Die Chancen für eine Heilung sind groß, auch wenn das Knie schon so gut wie steift ist, ist es doch noch nicht infiziert.
Was hier passiert, ist typisch für unser System. Offiziell erhalten Indianer alle Hilfe ohne Kosten, aber die Wirklichkeit mit Reisen in die Hauptstadt etc. sieht anders aus. Und sie werden oft genug enttäuscht und wenden sich ab. "Es hat doch keinen Zweck".
Das ist der Grund, warum wir keine Massenabfertigung brauchen, bei der schwache Glieder durchfallen und keiner fühlt sich schuldig dabei, denn immer der andere ist schuld, wenn es nicht funktioniert.
Das ist der Grund, warum wir ein Hospital brauchen, an dem wir anders handeln können und den Einzelnen sehen, auch wenn es rein finanziell ein Verlustgeschäft ist. Heute ein Beispiel von vielen anderen.......

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen