Donnerstag, 6. August 2015

So trifft man sich wieder

Wir haben ein Hausin Shell gemietet, in dem wir ab September Sprechstunde anbieten werden. Wir sind anfangs 6 Ärzte. Es ist die Vorbereitung für das neue Hospital. Es muss endlich mal losgehen. Zu viele Patienten stürmen unsere Wohnung. Doch das gemietete Haus hat einen Nachteil: Das botongegossene Flachdach ist nicht dicht. Es dringt Wasser ein. So platzt an manchen Stellen die frisch gestrichene Farbe schon wieder ab. Der Hauseigentümer hat deshalb beschlossen, eine Stahlkonstruktion  mit einem Metaldach draufsetzen zu lassen. Doch wegen der Regenzeit, die jetzt zuende geht, dauerte es etwas länger. Heute haben wir bei schönem Wetter die letzten Dinge besprochen. In zwei Tagen soll das Dach fertig sein. Wohin mit dem Regenwasser? Hier wird der Regen einfach in den Garten abgeleitet.
Wir unterhalten uns über unseren Hospitalneubau in der Nähe, für den das Gelände vorbereitet wird. Heute Morgen haben wir den genauen Bauplatz des neuen Hospitales festgelegt.

Dabei erzählt mir der Dachdecker, dass sie ihm im Hospital Vozandes del Oriente in Shell vor vielen Jahren das Leben gerettet haben. Ich frage nach und es kommt heraus, dass wir uns kennen, und doch nicht so genau.
1991 habe ich nach einem Jahr im Krankenhaus mein año rural - das Jahr auf dem Land machen sollen, das auch für Ausländer gesetzlich vorgeschrieben ist. Ich bekam damals 235.000 Sucres monatlich, ca $ 200,- als Lohn, den ich natürlich als Missionar abgeben musste. Wir haben deas Geld für mittlellose Patienten verwendet.
Kurz vor dem 01. Oktober 1991 bekam ich vom Gesundheitsministerium den Bescheid, ab 1. Okt im staatlichen Hospital in der Provinzhaupstadt Puyo arbeiten zu müssen. Unser Protest, dass dort nachts kein Anästhesist sei aber in Shell wurde abgelehnt. In der Provinz hätten wir nachts einen Chirurgen im staatlichen Hospital gehabt, in Shell einen Anästhesisten. So wäre die Provinz nachts ohne Notfall OPs geblieben.
Ich war vorbreitet für den nächsten Morgen. Da kamen in der Nacht 2 junge Patienten mit Brustkorbtrauma nach Messerstich mit Lungenverletzungen zu uns. Wir haben beide operiert und sie haben überlebt. Einer davon war der jetzige Dachkonstrukteur, wie wir heute herausfanden. Die Mutter des anderen war damals eine der leitenden Krankenschwestern des staatlichen Hospitales in Puyo. Als sie ihren operierten Sohn besuchte und wir ihre die Zukunftsaussichten der Notfallversorgung der Provinz erklärten, drehte sie sich auf der Stelle herum und bat mich, auf weitere Entscheidungen zu warten. Am 1. Okt. 1991 bekam ich den telephonischen Entscheid, mein año rural am Hospital Vozandes del Oriente in Shell Provinz Pastaza machen zu dürfen.
Heute haben wir uns wiedergetroffen. ER kann sich nicht mehr an mich erinnern. Er war bei der Einlieferung fast bewußtlos und dann froh, überlebt zu haben. Heute haben wir uns wiedergetroffen und uns unsere Geschichte aus beiderlei Sicht neu erzählt. Wir haben uns wieder getroffen - unter anderen Umständen.

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