Dienstag, 7. Juli 2015

Der Ton wird schärfer

Der Papstbesuch ist zu Ende. Die Straßensperren in Quito sind aufgehoben. Die Ferien haben begonnen und es soll ruhig werden in den großen Städten. Doch wir sehen einer unruhigen Zeit entgegen. Es wächst der Widerstand gegen die Regierung Correa und seiner Partei. Und es zeigt sich eine neue Form des Protestes - spontane Versammlungen per Flashmob über die sozialen Netze. Tausende Protestler kommen schnell zusammen und beginnen eine Protestkundgebung, die aber auch schnell wieder aufgelöst werden kann. Die Opposition zeigt Flexibilität.
Jetzt versucht die Regierungspartei zu reagieren. Innerhalb von 30 min sollte sich der Platz vor dem Präsidentenpalst mit Sympathisanten füllen, was nicht gelang. Dabei sind staatliche Mitarbeiter verpflichtet, auf solche auch nächtlichen Befehle zu gehorchen.
Der Ton zwischen Regierung und Kritikern ist schärfer geworden. Der Präsident reagiert in seiner wöchentlichen Fernsehansprache mehr und mehr mit Anschuldigungen. Die Medien sind voller Hetzpropaganda gegen seine politischen Gegner. Seit Neustem läuft das in persönlichen Angriffen speziell gegen den Bürgermeister der Hafenstadt Guayaquil Jaime Nebot, dessen Leben persönlich in den Dreck gezogen wird. Angebotene Dialoge mit der Opposition hat es bislang nicht gegeben. 
Einer der derzeitigen Streitpunkte ist das neue Erbrecht, in dem der Staat angeblich nur von 2 % der Gesamtbevölkerung Steuern einziehen will. Dieses Erbrecht hat auch den Mittelstand und vor allem Hausbesitzer aufhorchen lassen. Die Regierung hat dieses Gesetz erst einmal verschoben, betont aber, dass es in Kraft treten wird.
Der Druck, den die Regierung spürt, wurde gerade beim Papstbesuch deutlich. Bei der Begrüßung des Oberhauptes der katholischen Kirche sprach Franziskus ganze 6 min, Correa aber über 20 min. um seine Politik ins rechte Licht zu rücken - diplomatisch gesehen ein Affront. Und als der Papst dann im Wagen feierlich in Quito von der Bevölkerung gefeiert wurde, gab es Rufe wie "Correa raus! hinter dem Papst.
Natürlich waren alle Mitarbeiter der Ministerien und staatlichen Einrichtungen verpflichtet, an der Messe auf dem alten Flugplatz in Quito teilzunehmen. Für den Rest der Menschen war es ein Staatsfeiertag zur freien Verfügung.
Die Regierung kämpft ums Überleben. Nach wie vor hat sie die Medien fast komplett unter Kontrolle. Neben der Presse soll jetzt auch das gesamte private Gesundheitssystem kontrolliert werden (wieder eine neue Behörde). Offiziell geht es dabei um Qualitätskontrolle, aber wohl in erster Line um Preisvorschriften.
Auf der anderen Seite fehlt das Geld. Staatliche Mitarbeiter werden oft nur mit Verzögerung bezahlt. Die Rentner protestieren gegen die leere Rentenkasse. Lehrer gehen nicht in Rente, weil sie sonst ohne Auszahlung dastehen. Die Baubranche erlebt einen Einbruch, weil der Staat bisher der Hauptarbeitgeber war.
Mitten in der zweiten Amtszeit von Correa macht sich die Krise bemerkbar. Wer aber jahrelang seine politischen Gegner gefahrenlos persönlich beschimpfen konnte und es jetzt noch heftiger tut, muss sich nicht wundern, dass die Menschen über den Stil müde werden. Gegner abzustempeln ist eben nicht die richtige Art, politische zu überleben.
Die Frage ist nur, was kommt danach. Es gibt derzeit keine Alternative zur jetzigen Regierung. Die Opposition ist sich nicht einig und das ist ein ähnliches Phänomen wie derzeit in Venezuela oder Bolivien.

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