Donnerstag, 12. März 2015

Kulturmischung in Quito

Seit kurz vor der Jahrtausendwende erleben wir starke Verschiebungen in der ecuatorianischen Bevölkerung, vor allem abzulesen in den großen Städten. Damals befand sich der Flughafen Quitos noch mitten in der Stadt und es hingen Trauben von Menschen am Flughafenzaun, um ihren Familienmitgliedern "Auf Wiedersehen" zuzurufen auf dem Weg nach Spanien und Italien, denn dort gab es Arbeit. Es waren häufig Menschen aus dem trockenen südlichen Hochland. Die Landwirtschaft dort lohnte sich nicht mehr. Menschen suchten ihr Heil anderswo, lebten dort unter primitivsten Bedingungen, schufteten hart. Viele Ehen und Familien zerbrachen, aber es wurde Geld in die Heimat geschickt und dort für die Zukunft schicke Häuser auf der grünen Wiese gebaut. Dieser Traum zumindest in Spanien ist längst zu ende geträumt und viele kamen und kommen wieder zurück.
Inzwischen boomt die hiesige Wirtschaft, vor allem auf dem Baumarkt. Also gibt es Arbeit. Überall in Quito und anderswo schießen Hochhäuser in die Höhe. Experten sagen, dass diese Blase bald platzen wird.
Und immer noch aktuell sind die Auswanderungen von Ecuatorianer in illegaler Weise mit Schlepperbanden Richtung Mexiko und den USA. Immer wieder hören wir von Ermordungen auf dem Weg, Ausrauben und schließlich Deportierung nach Hause.

Seit vielen Jahren sind es die Kolumbianer, die hier Geschäfte betreiben. Grund ist, dass viele Kolumbianer geschäftstüchtiger sind. Dazu kommt die Guerilla in der Heimat, die viele in ruhigere Gegenden vertrieben hat.
Die nächste Welle waren und sind die Kubaner. Sie dürfen seit einiger Zeit legal ausreisen und kommen in Scharen. Da sind die Ärzte, die der Staat eingestellt aus Mangel an eigenen Medizinern und bezahlt dafür viel Geld an Kuba. Aber auch Ärzte und andere Akademiker verlassen die Insel Richtung Ecuador, da sie hier wesentlich mehr verdienen und weniger Beschränkungen zu beachten haben.
Seit kurzem sind es die Venezolaner, die nach Ecuador reisen, manche unter dem Vorwand als Touristen und bleiben dann hier. Allein in Quito sind ca. 10.000 Menschen von dort sesshaft geworden. Neben kolumbianischen Restaurants und kubanischen kommt jetzt die venezolanische Küche in Quito in Mode. Es entstehen Kulturinseln, wo sich die jeweiligen Landsleute treffen und austauschen. Es sind zumeist gut ausgebildete Kräfte, die hier eine eigene Firma aufbauen.
Von den Touristen, die nach Ecuador kommen, steht Kolumbien an erster Stelle mit rund einem Viertel, gefolgt von den USA mit 17%, Peru mit 11 % und Venezuela mit knapp 8%. Aber Venezolaner bleiben derzeit am häufigsten hier.
Grund sind die wirtschaftlichen Verhältnisse dort. Manchen sind Ölarbeiter, die jahrelange Erfahrung besitzen und hier neue Möglichkeiten suchen, besonders nach 2003, als in der staatlichen Ölgesellschaft Venezuelas gestreikt wurde und danach 19.000 Techniker und Ingenieuren gekündigt wurde.
Aber auch die hiesigen Universitäten verzeichnen einen leichten Anstieg von Studenten aus dieser Karibikregion.
Es ist nicht in erster Linie das Geld, das Venezolaner vertreibt. Es ist in erster Linie die Unsicherheit zu hause, die einem Geschäft schadet. Was sind die nächsten Beschränkungen des Marktes? Wo schlägt die dortige Regierung jetzt wieder mit Restriktionen zu? Und dann ist es die Kriminalität, die derzeit besonders in den Städten Venezuelas schlimm sein muss.
Ecuador ist ein sozialistischer Bruderstaat mit guten Beziehungen zu Kuba und Venezuela. Also kommen sie und viele bleiben, was in manchen Stadtteilen schon zu Konflikten mit der dortigen Bevölkerung führt. Auch Ecuatorianer werden dann neidisch. Doch zu wirklich kritischen Konzentrationen der "Ausländer" ist es noch nicht gekommen. Aber es könnte in Zukunft geschehen. Denn auch wenn wir sie alle angeblich die gleiche Sprache sprechen, die Unterschiede in der Kultur und Sprache sind größer als man es von Europa aus meinen könnte.

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