Mittwoch, 30. Oktober 2013

Umweltschutz - wer muss hier geschützt werden?

Ein Umweltministerium gibt es in Ecuador schon lange und überall entlang der Nationalparks stehen seine Schilder mit "Schützt die Bäume",  "hier keinen Müll abladen" oder "Wasser ist Leben". Doch wie überall auf der Welt ist Umweltschutz ein langsamer Umdenkprozess, an den sich die meisten Menschen erst noch gewöhnen müssen. Jetzt müssen Institutionen Umweltgutachten vorlegen. Unser Hospital in Shell hat es eben erst getan und darin aufgelistet, wie wir mit unserem Müll verfahren, was passiert mit dem Biomüll aus dem Labor, Blutresten und sonstigen gefährlichen Resten? Die fanden es dann gleich so gut, dass das neue, große staatliche Krankenhaus in der Provinzhauptstadt anfragte, ob sie ihren Müll bei uns auch abladen könnten...
Ein großes Thema ist die Landwirtschaft und ihre Spritzmittel. Flüsse in unserem Gebiet haben nur noch in Ausnahmefällen Fische. Nur weiter im Tiefland in den Indianerreservaten ohne Zufluss vom Hochland weist noch reichen Fischbestand auf.

Jetzt, nach vielen, eigentlich viel zu vielen Jahren, hat das Umweltministerium einen weiteren Feind der Umweltzerstörung ausgemacht: Den Holzabbau an der Küste. Der Norden an Ecuadors Küste zu Kolumbien war ein zusammenhängendes und undurchdringliches Urwaldgebiet. San Lorenzo mit umliegenden Dörfern an der Grenze war Jahrhunderte lang nur durch eine Schmalspurbahn vom Hochland aus erreichbar. Das änderte sich durch den Bau einer 150 km langen Straße. Umweltschützer hatten lange auf die Gefahr hingewiesen. Es wurde trotzdem gebaut, wenig kontrolliert und so entwickelte sich diese Straße zur Hauptschlagader der kolumbianischen Rebellen für Waffen und Drogen einerseits, zum Abtransport der Wälder andererseits. Zwar gab es eine strenge offizielle Holzkontrolle, aber seit 15 Jahren quälen sich täglich die riesigen, weit überlasteten Transporter mit Baumstämmen von mehr als 2 Metern Durchmesser Richtung Hafen oder Hochland. Hunderte Quadratkilometer wurden plattgemacht und meist mit der afrikanischen Ölpalme bepflanzt. Gelegentlich gab es wohl die Intervention der Behörden, wurden die jungen Palmen wieder umgehackt, soll wohl natürlicher Wald nachwachsen, denn eine Monokultur muss durch zwischendurch angeblich natürlichen Wald unterbrochen sein. Nur die ein oder zwei Hektar natürlicher Wald dazwischen sind alles andere als natürlich. Dort schlagen die Menschen ihr Holz für den Hausgebrauch oder jagen darin.
So ist in gut 10 Jahren ein riesiges Waldgebiet verloren gegangen. Jetzt wurde vor einem Monat ein plötzlicher Rodungsstopp verhängt, der wohl auch aus der Luft kontrolliert wird. Keiner darf mehr Holz transportieren.
Leidtragende sind die Menschen vor Ort. Seit fast 15 Jahren leben sie vom Holz. Der einfache Arbeiter verdient $ 10,- pro Tag, der mit der Motorsäge etwas mehr. Sie haben geschnitten, Das Holz liegt jetzt fertig - und verfault. Zwei Monate hält das nicht aus. Und über Nacht sind die Menschen arbeitslos. Es handelt sich hier nicht um Firmen. Die kommen nur und transportieren ab. Sie kaufen vor Ort. Dort leben Menschen von der Hand in den Mund und die trifft es besonders. Ihr "Weg zur Arbeit" ist oft mehrere Stunden einfach, was zeigt, sie sehr die Abholzung schon fortgeschritten ist. Wie es weitergeht, weiß keiner.
Jetzt passiert, was der Staat ebenfalls nicht wollte. Sie wenden sich wieder der Goldsuche zu. Mit Hilfe von Chemikalien haben sie ganze Flüsse vergiftet, die Landschaft für Jahrzehnte verwüstet. Erst vor kurzem hat der Staat eine große Aktion gestartet, Gold in staatlichen Gesellschaften und unter Kontrolle abzubauen. Damit wären die Menschen Angestellte, die auch versichert wären. Doch jetzt wird sich die Goldsuche auf neue Bäche und Flüsse ausdehnen. Damit geht die Umweltzerstörung weiter.
Mit dem Bau einer Straße in ein Urwaldgebiet ist ein Prozess angelaufen, der zum Selbstläufer geworden ist. Schneller Wandel ist noch selten zu etwas Gutem geworden. Wann werden wir verstehen, dass ein gesundes Wachstum etwas anderes als ein Hau-Ruck-Verfahren ist mit dem schnellen Geld?

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