Donnerstag, 6. Dezember 2012

Die hiesige Justiz

    In gut zwei Monaten werden in Ecuador ein neuer Präsident und ein neues Parlament gewählt werden.  Es besteht wohl kein Zweifel, dass Rafael Correa und seine Partei es schon in der ersten Runde mit absoluter Mehrheit schaffen werden. Der neue Weg des "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" oder auch die "Bürgerliche Revolution" genannt haben viele Anhänger. Das Land wurde in den letzten Jahren gründlich verändert. Der Staat hat alle Bereiche des Lebens übernommen. Interessensgruppen wie Ärztekammern, Architektenkammern und andere Berufsverbände, die bisher Berufsvertretungen des öffentlichen Rechtes waren, wurden abgeschafft und durch staatliche Behörden ersetzt. Das Gesundheitswesen ist fest in staatlichen Händen. Dort hat sich die Regierung ganz besonders profiliert und riesige Investitionen getätigt, neue Krankenhäuser gebaut, bestehende bestens ausgerüstet. Derzeit fehlen viele Ärzte. Dazu werden Mediziner aus Kuba in die Provinzen geschickt. Ecuatorianische Ärzte aus Spanien, Chile und sonst woher werden mit guten Gehältern zur Rückkehr ins Heimatland aufgefordert. Die letzten Jahre der Regierung Correa haben das Land von Grund auf revolutioniert. Der Fortschritt ist greifbar.
    Schattenseite der Entwicklung ist aber eine Gleichschaltung der Medien. Offizielle Begründung ist die Verflechtung der Medien mit dem Bankensektor. Die Vereinigung der Mächtigen mit den Medien wurde per Gesetz unterbunden, Familienclans entmachtet. In der Praxis wurden die Medien an die Politik angegliedert. In der Praxis gibt die Regierung die Information über ihre Medien heraus. Die freie Presse ist von vieler Information ausgeschlossen. Und wo Journalisten sich der Regierung zu sehr nähern, besonders wenn es um die Familie des Präsidenten geht, wurde hart zugeschlagen. Höhepunkte waren zuletzt zwei große Prozesse gegen zwei Journalisten, die ein Buch über den Präsidenten und seinen Bruder schrieben. Sie wurden zu je einer Million Dollar Schmerzensgeldzahlung verurteilt. Der größte Zeitungsverlag "El Universo" aus Guayaquil verlor in einem vom staatlichen Fernsehen in allen Einzelheiten gezeigten Prozess und sollte 40 Mio. als Schadensersatz an den Präsidenten zahlen. Beiden Parteien hat Correa dann aber die Strafe erlassen. Er sei großzügig aber "er vergesse nicht", verkündete er in drei Sprachen der internationalen Presse.
    Die Justiz ist vor allem seit 2011 Ziel der Regierung gewesen. Zwar gab es Bemühungen einzelner, auf dem juristischen Weg den Präsidenten oder einzelne Mitglieder seiner Regierung in die Schranken zu weisen, aber alle diese Bemühungen wurden entweder zu den Akten gelegt wegen "fehlender Beweise". Dafür wurden Gegner bestraft. Gerade im Verhältnis des Präsidenten mit seinem älteren Bruder, der ein großes Bauunternehmen besitzt und viele staatliche Aufträge in der Anfangszeit erhalten hat, ist Manches im Unklaren geblieben, obwohl dieser Bruder Fabricio jetzt sogar als Gegenkandidat zur Präsidentschaft antreten will.
     Tatsache ist, dass die Regierung Stück um Stück nach den Medien auch die Justiz "besetzt" oder sollte man besser sagen "gleichgeschaltet" hat? Die Regierung Correa hat auf allen Gebieten den Staat Ecuador in der Hand. Dabei hätte sie das bei den bisherigen Leistungen, die mehr als sichtbar sind, gar nicht nötig. Warum hat sie eigentlich Angst?
    Für uns, die wir mit den Fortschritten, aber auch der Begrenzung der Freiheit leben müssen, stellt sich die Frage: Wie geht das nach den Wahlen am 17. Februar 2013 weiter? 
In Chile und Argentinien gab es Militärdiktaturen. Die Aufarbeitung dieser leidvollen Zeit begann eigentlich erst, als Richter den Mut hatten, das heiße Eisen der Ungerechtigkeit dieser Zeit anzupacken. Das brachte Änderungen und machte den Menschen Mut. Hierzulande scheint das Gegenteil der Fall.

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