Dienstag, 5. Juli 2011

Hugo Chávez ist krank

Derzeit wartet ganz Lateinamerika auf Nachrichten aus Kuba. Denn dorthin hat sich der venezolanische Präsident Hugo Chávez zur ärztlichen Behandlung zurück gezogen. Was als ein kleiner Ideenaustausch zwischen befreundeten Regierungen angekündigt wurde, ist zu einem längeren Aufenthalt geworden. Zunächst die Frage, warum so lange, dann Nachrichten einer Krankheit, einer Infektion, eines Abszesses und jetzt mehr und mehr die Gewissheit, dass es sich wohl um eine Krebsbehandlung handelt. Alles ist aber nach wie vor Gerücht, denn klare Stellungnahmen außer einer medizinischen Behandlung sind nicht erhältlich. Aber der Präsident hat deutlich abgenommen. Immer wieder reisen seine Minister zu Besprechungen nach Kuba. Sofort beginnt, die Gerüchteküche zu brodeln, auch wenn sich Chávez bemüht, seine Regierungsgeschäfte so normal wie möglich weiter zu führen.
Dahinter steckt innenpolitischer Zündstoff: Chávez hat seine Macht in Venezuela gefestigt. Keiner kann ihm gefährlich werden. In seiner eigenen Partei sind ein Bruder und seine Tochter fest eingebunden. Einen Nachfolger gibt es nicht. Alle sind treue Ergebene des Führers der venezolanischen Revolution. Und die Opposition ist so schwach und dazu noch zerstritten. Sie hat nur das eine Ziel, dass Chávez abtritt, bietet aber keine wirkliche Alternative. So entstand über Nacht ein mögliches Machtvakuum. Wer wird es füllen?
Mittlerweile werden die Massen Venezuelas aktiviert. Ganze Wände werden mit Papier geklebt, auf denen die Menschen ihre Genesungswünsche und Hoffnung auf baldig Rückkehr des großen Führers ausdrücken können. Es ist die typische Manier eines sozialistischen Staates, in Krisenzeiten Solidarität auszudrücken und Stimmung zu machen.
Warum geht Chávez nach Kuba zur Behandlung? Kann er das nicht in Venezuela machen lassen? Nun, der sozialistische Weg hat gerade die Ärzte der Privatkliniken des Landes hart getroffen. Man hat auf breit angelegte kostenlose Medizin der breiten Bevölkerungsschichten gesetzt, nicht aber auf Qualität. Und solche Ärzte sind nicht unbedingt die Freunde der Regierung. Außerdem ist die Medizin in Kuba auf einem hohen Standard. Auch der ecuatorianische Präsident Correa hat sich einer Knieoperation in Kuba bei einem Staatsbesuch unterzogen, dann aber doch seine Kniegelenksprothese in Quito erhalten.

Ausgerechnet in einem entscheidenden politischen Moment im Umbau Lateinamerikas zu sozialistischen Gesellschaften kommt ein wichtiger Baustein ins Wackeln. Erst vor wenigen Wochen wurde mit Ollanta Humala ein ähnlicher Weg in Peru eingeschlagen. Ecuador, Paraguay und Brasilien haben linksgerichtete Regierungen. Nach einer Phase des Neoliberalismus ist wieder der Sozialismus auf dem Vormarsch, was wirtschaftlich in keinem der Staaten außer vielleicht Brasilien von Vorteil ist. Besonders Venezuela liegt wirtschaftlich am Boden. Aber was alle machen, ist gut. Ohne begnadete Leitfiguren sind alle diese neuen Regime nicht möglich und keiner dieser Präsidenten wieder mit Ausnahme Brasiliens baut einen Nachfolger auf. So kehrt Lateinamerika auf demokratischem Weg wieder zurück zum Model der Gaudillos und Diktaturen mit einem Patriarchen an der Spitze, der den Menschen sagt, wo es lang geht. Das macht auch den Sozialismus des 21. Jahrhunderts verwundbar.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen