Donnerstag, 25. November 2010

Familientragik in Lateinamerika

Sie ist im Hospital mit starken Schmerzen über viele Stunden, Er muss draußen warten, denn der Zutritt ist oft nicht gestattet. Eine normale Situation im Kreißsaal in einem staatlichen Krankenhaus Ecuadors. Das Besondere hierbei ist, dass sie 12 Jahre alt ist und er 15. Frühzeitige Schwangerschaften sind keine Seltenheit und in unser Missionshospital im Oriente kommen auch einige Erstgebärende unter 15 Jahren. Dass Mädchen im Urwald früh heiraten, manchmal kurz nach dem Einsetzen der Periode, ist kulturbedingt und normal. Sie sind auch mental darauf eingestellt, Mutter zu werden. Ihre geistige und körperliche Reife liegt noch eng beieinander. Anders sieht das bei sogenannten modernen Menschen aus, bei denen beide Entwicklungen immer weiter auseinander driften. Bei den oben genannten Fällen handelt es sich aber um jungen Menschen aus der Stadt. Ihre Familien sind zerrissen. Und zu einem Großteil sind es Emigrantenfamilien, bei denen mindestens ein Elternteil in Nordamerika oder Spanien arbeitet und die Kinder wenig Betreuung erfahren. Oft sind es die Großeltern, die sie erziehen sollen.
80 % de Erstgebärenden unter 18 Jahren im Süden der Hochlandes Ecuadors sind Emigrantenkinder.
Hier Zahlen aus einer Geburtsklinik von Cuenca im Süden Ecuadors. Von Januar bis Juni 2010 wurden 992 Kinder von Müttern über 18 Jahren geboren und gleichzeitig 973 Kinder von Müttern unter 18 Jahren, davon 19 von unter 14 - Jährigen. Das ist ein zunehmendes Probem der höheren Schulen, in denen ein ernstzunehemnde Zahl der Mädchen schwanger ist oder Kinder stillt. Wie ist da ein normaler Unterricht abzuhalten? Wieviel Rücksicht muss man da walten lassen?
Diese Jugendlichen sind oft nicht nur nicht auf ihre neue Lebensaufgabe vorbereitet, sie werden auch oft von der Familie alleingelassen. Bei ihnen ist die geistige und körperliche Reife zeitlich weit getrennt und sie machen einen großen Reifeprozess durch. Viele denken natürlich an eine Abtreibung, die zwar in Ecuador gesetzlich verboten, in der Praxis aber häufig durchgeführt wird. Aber das kostet Geld, was die wenigsten haben.
Was wäre die Lösung des Problems? Manche rufen laut nach der kostenlosen staatlich abgesegneten Abtreibung. Aber das ist bei Vielen hierzulande undenkbar - wenigstens heute noch. Andere fordern in den Medien stärkere Aufklärung der Sexualität. Ich bezweifle, dass das wirklich das Problem löst. Die bisherige Aufkläung in den Schulen führt nachweislich eher zum Gegenteil. Die Jugendlichen brauchen gute Vorbilder. Wenn die Eltern weg oder getrennt sind, keiner zuhause ist und sie keine emotionale Zuwendung erhalten, wen wunderts, wenn sie die unter den Gleichaltrigen suchen? Und sie brauchen hinterher den Rückhalt der Familie, um wenigstens ihre Schule abschließen zu können. Denn das Ergebnis ist eine junge Mutter, oft genug vom männlichen Partner im Stich gelassen, der auch unreif ist, die Spannungen der jungen Verbindung nicht aushält und geht. Dann schlägt sich die Mutter mit Gelegenheitsarbeitehn durch, beendet in Etappen die Schule oder sogar eine weiterführende Ausbildung. Sie wird zur Kämpferin für sich und ihr Kind und lernt, ohne Mann auszukommen. Männer ihrerseits lernen nicht, Verantwortung zu tragen, sind schwach, brauchen den Alkohol, um sich ihre Männlichkeit zu beweisen und damit haben wir die Gesellschaft Lateinamerikas des Matriarchates eine Generation weiter vererbt.

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