Freitag, 22. April 2016

Erdbeben in Ecuador

Es ist fast eine Woche her, dass die Erde in Ecuador so stark bebte wie selten zuvor. Die Situation an der Küste ist nach wie vor kritisch, aber weniger für die Verletzten, als vielmehr für die Obdachlosen ohne Wasserversorgung in der Hitze und die fehlende Hilfe, weil der Zugang schwierig ist. Denn in der Küstenregion ist Regenzeit, dieses Jahr wegen des Klimaphänomens El Niño besonders heftig. Schon vorher waren Brücken weggeschwommen und fast alle Zugangsstraßen zwischen Hochland und Küste wegen Verschüttungen unpassierbar.
Jetzt nach einer Wochen liegen offizielle Zahlen vor: Etwas über 7500 Verletzte, bisher 587 Tote aber immer noch 155 Vermisste. Unter den Toten sind auch 20 Ausländer, ein Deutscher.
Was ist anders als bei sonstigen Erdbeben? Unser Land ist besser organisiert und die Hilfe kam schnell. Polizei und Militär waren sofort zur Stelle, um Plünderungen in Grenzen zu halten. Und medizinische Hilfe wurde in der Sierra und weniger betroffenen Küstenstädten geleistet. Schwerkranke wurden in andere Landesteile ausgeflogen. Noch immer leben über 25.000 Menschen im Freien, an den Stränden oder in sicheren Parks.
Das ist der Grund, warum ich, Eckehart, bei einem Erdbeben im eigenen Land nicht mithelfen konnte. Ärzte wurden zwar aufgerufen zu helfen, aber sie mussten erst ihre Papiere einreichen und registriert und akzeptiert werden. Ausländische Helfer wie ein Team von Humedica aus Deutschland hatten nicht viel zu tun und wurden herumgeschickt.
In all dem ist aber ein anderes Erdbeben geschehen, für uns nicht weniger bewegend: Wir sind in der Lage, das alte Krankenhaus in Shell zu mieten. Die Konkurrenzambulanz hatte ja Ende März geschlossen. Die Mission suchte neue Verwendung für das Gebäude und wir kamen mündlich überein den Ambulanztrakt zu mieten. Der Preis ist viel günstiger als vor einem Jahr angeboten. Und wir haben viel mehr Platz und brauchen nicht zu bauen. Aber das Ganze bedeutet auch höhere Kosten an Strom, für die Reinigung der Korridore und Behandlungszimmer und der Umzug mit Einrichtung unseres Computersystems etc. etc. Wir erhoffen uns aber auch mehr Einnahmen. Diese Woche haben die Mitarbeiter die Arbeitsverträge unterschrieben, gültig ab 01. April. Jetzt werden diese im Arbeitsministerium und bei der Steuer sowie der Sozialversicherung angemeldet. Besonders Klaudia macht derzeit mehrere Kurse in Verwaltung auf einmal durch. Aber wir haben einen Steuerberater und seine Frau als Rechtsanwältin, die sich rührend um uns kümmern und in all den Fragen helfen.
Und noch ein Höhepunkt: Unsere Laboreinrichtung ist angekommen, das Personal eingearbeitet. Heute haben alle Mitarbeiter Blut gelassen für die Eingangsuntersuchung. Die ersten Patienten fürs Labor waren auch schon da. Die ehemalige Küche des gemieteten Hauses, in dem wir jetzt sind, ist angefüllt mit Automaten. Wir sind „Hilfe für Brüder“ in Stuttgart sehr dankbar für eine sehr kräftige Unterstützung dieses Projektes. Mit dem Umzug in das alte Hospital besteht jetzt die Möglichkeit für mehr Ultraschalluntersuchungen. Vielleicht können wir auch das Röntgengerät wieder in Betrieb nehmen und auf digital umrüsten. Und der OP braucht auch eine grundlegende Renovierung - alles keine kleinen Projekte in der Zukunft.

Fast 2 1/2 Jahre ist das Hospital geschlossen. Es brauchte viele Versuche, mit unserer alten Mission wieder zu einem guten Miteinander zu kommen. Da sind Verletzungen auf beiden Seiten geschehen, die wir nun beigelegt haben. Das bringt beide Seiten weiter. Nun merken wir auf einmal, dass Ecuatorianer offen werden und uns gelegentlich kleine Spenden zukommen lassen.  Was an der Küste vor einer Woche geschehen ist, ist eine große Herausforderung für den Staat, der nunmehr die Mehrwertsteuer von 12 auf 14% angehoben hat. Wir hoffen auf eine solidere Finanzierung durch unsere Patienten. Für uns hat sich in einer Woche ebenfalls ein Erdbeben ereignet, hin zu einem neuen Miteinander und Chancen für unser Projekt.

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