Freitag, 17. Februar 2017

Tumorpatienten und die staatlichen Gesundheitssysteme

Sie kommen zu uns, weil sie oft keinen Rat mehr wissen, aber wir verfügen weder über die Möglichkeit der Chemo- noch der Bestrahlungstherapie und operieren können wir größere oder tiefer sitzende Tumoren nicht.
Der Staat hat große Anstrengungen unternommen. Es gibt neben medizinischen Einrichtungen der staatlichen Krankenversicherung die Einrichtungen des Gesundheitsministeriums für solche, die nicht gesetzlich versichert sind. Und dann gibt es SOLCA - eine staatliche Stiftung für Tumorpatienten mit gesonderten Krankenhäusern. Und alle drei Systeme arbeiten in bestimmten Bereichen zusammen. Aber wie immer in staatlichen Systemen hilft auch die beste Organisation nichts - es menschelt.
Da ist die 38-jährige Rosa aus einem Dorf im Urwald. Ovarial-Ca, sprich ein bösartiger Tumor der Eierstöcke. Sie kommt ins staatliche System, wird 2 Mal operiert. Die Chemotherapie wird nicht angesetzt. Jetzt ist ihr gesamter Bauch voller schleimiger Tumorzellen. Sie braucht vor der nächsten Therapie ein CT des Bauchraumes. Da das Gerät im staatlichen System aber defekt ist, muss sie es selbst privat machen lassen. Kosten 290 Dollar. Dann wird ihr versprochen, sie weiter zu behandeln. Sie hat wieder Hoffnung. Wir zahlen für die Untersuchung. Doch dann heißt es auf einmal. Es gibt keine Chance mehr. Sie soll heimgehen zum Sterben. Dabei ist Ovarialkrebs behandelbar. Man muss die Tumormassen reduzieren und dann folgen Chemotherapien. Aber es gibt im hiesigen System eben viele, die da aus einfachen Gründen rausfallen. Termine werden per e-mail - Anmeldung vergeben. Da kommen wir als Ausländer schon ins Schleudern. Wie schaffen das Indianer? Vor allem aber fehlt es an der Erklärung. Diese Tage kam ein Patient mit einen riesigen Tumor der Speicheldrüse. Er war im April 2016 bei uns zuerst diagnostiziert worden. Seit dieser Zeit läuft er im Tumorsystem des Staates von einer Untersuchung zur anderen. Inzwischen wissen wir, dass es ein Lymphdrüsenkrebs ist. Freunde haben ihm zu einer Operation geraten, weil der Tumor enorm wächst. 5 verschiedene Feinnadelbiopsien haben sie gemacht und schließlich die Chemotherapie vorbereitet. Zur selben Zeit hat jemand im gleichen Dorf eine Chemotherapie begonnen und ist nach wenigen Wochen jämmerlich verstorben. Das hat abgeschreckt. Er will operiert werden. In zwei Sitzungen in unserer Sprechstunde haben wir ihm nun die verschiedenen Therapien erklärt. Nun ist er bereit zur Chemotherapie, aber ist schon sehr spät. Da sind gute 6 Monate wegen fehlender Führung der Tumorpatienten verloren gegangen.
Weshalb unsere Indianerin mit ihrem Ovarialkarzinom nicht weiter behandelt wird, können wir nur ahnen. Das Gesundheitsministerium hat kein Geld mehr. Da ist es am Einfachsten, Indianer zum Sterben nach Hause zu schicken. Schließlich hat man ja schon was gemacht.
Oh, wenn ich doch wenigstens einen Op hätte, um sie zu operieren. Davon sind wir noch weit entfernt. Und Krach zu schlagen bringt gar nichts. Dann machen wir die Sache nur noch schlimmer und schaden unserer Klinik ebenfalls. Also heißt es all diese Ungerechtigkeiten unseres Gesundheitssystems zu schlucken und da zu helfen, wo wir es können. Wir haben nur eine sehr begrenzte Kraft.

Samstag, 11. Februar 2017

Mauerbau

Derzeit ist die Mauer des Präsidenten der USA Donald Trump in aller Munde. Und nicht nur an der Grenze zu Mexiko soll eine bis zu 3185 km lange Mauer errichtet werden. Auch an Flughäfen sind praktische Mauern errichtet worden. Weitere werden folgen.
Mauern erscheinen auf den ersten Blick als DIE Lösung. Dann können Latinos nicht mehr in die USA gelangen. Denn sie kommen nicht nur aus Mexiko. Sie kommen aus ganz Lateinamerika, besonders aus den unruhigen und armen Staaten Mittelamerikas. Aber auch für indigene Bewohner des hiesigen Hochlandes erscheinen die USA als das Paradies. Sie überqueren die Grenze bei Nacht und schlagen sich über Freunde bis in den Norden durch. Sie suchen Arbeit, sind mit den Billigjobs zufrieden. Über die Jahre bauen sie sich so eine neue Identität auf. Wer lange genug unentdeckt bleibt oder gar in den USA geborene Kinder nachweisen kann bleibt schließlich. Das beendet Trump jetzt mit einem riesigen Bauwerk, von dem man noch nicht einmal weiß, wie teuer es wird. Die Mauer soll nach ersten Plänen um die 10 m hoch sein und Fundamente bis 4,5 m aufweisen und das über gut 3000 km.
Dabei haben die USA in Guantanamo auf Kuba eigene Erfahrungen mit einem kommunistischen Regime, das seine eigenen Leute mit einer Mauer aus Stacheldraht, Mienen und Wachtürmen davon abhält, dass Kubaner auf US-amerikanischen Boden gelangen.
Was gibt es noch für Mauern? Da trennt eine Mauer Israel von den Palästinensern - über 700 km. Saudi Arabien schützt sich vor Guerilleros aus dem Jemen mit 1700 km Stacheldraht und weitere fast 1000 km gegenüber dem Irak. Es sind also fast alles verfeindete Partner aus Angst vor Terroristen oder Anschlägen. Aber auch Europa hat seine Zäune zwischen Nord - und Südirland zwischen verfeindeten Volksgruppen. Griechenland gegen die Türkei, Bulgarien gegen die Türkei und in Nordafrika in der Enklave Ceuta, wo ein über 6 Meter hoher Zaum mit Stacheldraht die Menschen nicht davon abhält aus Afrika nach dem Gelobten Kontinent Europa zu steigen.
Und es gibt zwei positive Beispiele, wo die Mauer keine Bedeutung mehr hat. Die 8800 km lange Chinesische Mauer hat dem Ansturm der mongolischen Völker nicht standgehalten und gilt heute nur noch als geldbringende Touristenattraktion. Und da ist die Berliner Mauer, die auch gefallen ist und stückweise in alle Welt verscherbelt wurde. Beide Mauern sind Beispiel, das Abschottung auf Dauer nicht funktioniert.
Jetzt wollen die USA wieder einmal eine Mauer bauen. Sie soll illegale Immigranten und Drogendealer abhalten. Bei Drogen wissen wir, dass niemand so erfinderisch ist wie diese Händler. Sie graben Tunnel, sie kommen mit kleinen U-Booten die Flüsse hinaufgefahren, sie bringen ihre Waren in Containern versteckt. Wo ein Markt besteht, wird auch verkauft, ob illegal oder nicht.
Und was die Latinos betrifft, die in die USA wollen zeigen die Zahlen, das derzeit mehr Menschen die USA in Richtung Mexiko verlassen größer ist als die Einwanderer. Soll die Mauer etwa die Auswanderung verhindern.
Wer bezahlt so ein gigantisches Bauwerk? Angeblich soll es aus Strafzöllen der Einfuhr aus Mexiko finanziert werden. Wenn mexikanische Autos teurer werden, werden sie woanders gefertigt. Diese Industrie ist so flexibel, dass da mit Sicherheit keine Milliarden zusammen kommen. Dann werden andere Länder ebenfalls mauern. Der Leidtragende war in der Geschichte immer der, der Strafzölle erhob. Es hat während der Diktatur Francos Spaniens Wirtschaft zerstört, es hat dem abgeschotteten Ostblock keine wirtschaftliches Glück beschert. Jetzt kommt "America first" als neues Schlagwort, als Allheilmittel wieder in Mode. Das Scheitern ist bereits vorprogrammiert.
Aber es gibt auch ein klein wenig positives Beispiel am Rande: An der Grenze zwischen Nord-und Südkorea besteht eine Mauer seit 1953. In der Region beidseits des Todesstreifens will keine leben, gibt es keine Industrie. Dafür hat sich die Natur diesen Streifen Land zurück erobert. Dort gibt es heute mehr Flora und Fauna als sonst wo im Land. Im Schatten eines kalten Krieges gedeihen andere, aber es ist ein gefährlicher Friede. Eine Mauer bringt nie Frieden auf Dauer für alle.

Dienstag, 27. Dezember 2016

Vozandes Media in Quito beendet die Sendungen in dt. Sprache

Zum 31. Dezember 2016 wird es Wirklichkeit. Vozandes Media stellt seine deutschsprachigen Sendungen ein - ein tiefer Einschnitt. Nach dem II. Weltkrieg als neue Sprache im Programm von HCJB den 19 Sprachen hinzugefügt, die aus Quito in alle Welt gesendet wurden, war Deutsch vor allem für zwei Gruppen gedacht worden: Die Deutschsprachigen oft in ländlichen, einsamen Gebieten Lateinamerikas wohnenden Christen und die in Europa, besonders die in der DDR, die besseren Empfang hatten als die in der BRD. Die einen wollten geistliche Nahrung, am besten Bibelarbeiten über eine Stunde oder mehr, die anderen sollten in kurzen, prägnanten Sätzen für den Glauben gewonnen werden. 
Die deutsche Radioabteilung war eigentlich personell immer unterbesetzt. Viele Überstunden und ein brennendes Herz für die Zielgruppen machten den Personalmangel wett. Und immer wieder halfen Freiwillige. Diese Kurzzeitler wurden wirklich gebraucht und wer Verantwortung mitträgt, wächst daran. Eine lange Liste von jungen Leuten erlebte hier in der Praxis Entscheidendes für ihr Leben. Das Radio hat viele Menschen geprägt.
Warum also jetzt das Ende? Da sind wieder einmal wenige Mitarbeiter, die auch teil müde sind und keine Ablösung in Sicht. Aber da ist auch die Änderung im Radio. Kurzwelle ist fast nicht mehr gefragt. Mittelwelle wird weltweit abgeschafft zugunsten von UKW und mehr und mehr digitalen Medien. Deswegen werden die Sendungen in dt. Sprache jetzt in Deutschland selbst hergestellt und gesendet. Was also bleibt für Quito? Nach wie vor wichtig sind die Indianersprachen. Die hiesige Regierung hat große Anstrengungen unternommen, jede Volksgruppe des Landes zu erreichen. Aber es sind eben Regierungssendungen und die sind gefärbt. Wo erreichen wir die Menschen für das Evangelium? Viele von ihnen wohnen weit weg und sind bereits Christen. Sie brauchen etwas Praktisches für den Alltag. Und da sie abseits wohnen, ist die Kurzwelle nach wie vor das beste Medium, um sie zu erreichen. Sie brauchen Sendungen, die ihnen im täglichen Glauben weiterhelfen. Das wird weiterhin geschehen - Sendungen für verschiedene Indianersprachen des Landes und der Nachbargebiete in der jeweiligen Indianersprache. Gerade in einer Zeit des Kulturumbruchs ist das wichtig. Überall im Land verschwinden die Flecken, in denen Menschen isoliert leben. Da sind die Straßenprojekte der Regierung, Flugzeuge bringen Indianer aus den abgelegenen Urwalddörfern in die Städte. Der Staat baut Schulen mit Lehrern aus den Städten, die oft nicht gerne dort sind und ihr Einfluss ist oft nicht positiv. Touristen entdecken den Urwald mehr und mehr. Derzeit verändert sich Ecuador in wenigen Jahren in den ländlichen Gebieten mehr als in den letzten 50 Jahren zusammen genommen. Deswegen ist gerade jetzt wichtig, geistliche Impulse in der eigenen Sprache und von eigenen Christen dieser Kulturen zu senden. So gilt es jetzt Menschen in diesen Sprachen zu finden, die eine packende Botschaft vermitteln können, ohne in Extreme zu fallen. Wer kann das kontrollieren? Die Aufgabe ist spannend und herausfordernd.

Mich erinnert das an das Volk Israel. Die Juden sind ein Volk der Wanderung, des Exodus. Gott hat es allen Widerständen zum Trotz herausgeführt, aus einem Haufen Sklaven ohne Bildung ein Volk gemacht mit einer Schrift und klaren Gesetzen. Sie haben die Umgebung nachgeahmt und die Staatsform des Königtums gewählt. Das ging gründlich daneben. Nach der Babylonischen Gefangenschaft gab es nie wieder ein Königreich Israel, wenn auch Versuche.  Nach der Zeit Jesu sogar die Zerstreuung in alle Welt und auch heute leben die aller-allerwenigsten Juden in Israel. Ein Volk am Wandern mit vielen Schwierigkeiten auf diesem Weg. Israel ist unser Vorbild als Christen. Auch uns ist kein christlicher Staat verheißen. Da, wo wir Augen und Herzen öffnen für das, was Gott vorhat, entsteht kein Gottesstaat sondern eine kleine Gruppe von Christen, die Großes vollbringen können, weil Gott es will und segnet. Die Andenstimme in Quito geht gerade einen neuen Weg und sie sucht Begleiter......

Freitag, 16. Dezember 2016

Die verkürzte Weihnachtsgeschichte

Die bekannteste Geschichte der Bibel dürfte die Weihnachtsgeschichte nach dem Lukasevangelium sein und sie endet mit dem Vers 20: "Und die Hirten gingen heim und priesen Gott....." So sind wir es gewohnt und vergessen den nächsten Vers: "Und am 8. Tag wurde das Kind beschnitten und man gab ihm den Namen JESUS". Damit endet eigentlich die Geschichte wie alle Geburtsgeschichten in der Bibel, denn Jesus wurde als Jude geboren und einen Namen bekommt da ein Junge erst mit der Beschneidung - das Ende der Geburt.
Wenn wir die Geburtsgeschichte Jesu so sehen, dann erweist sich die Weihnachtsgeschichte als eine politisch brillante Geschichte. Am Anfang steht der mächtigste Mann der Welt - Kaiser Augustus. Er war ein überragender Staatsmann, hat Rom nach 30 Jahren Bürgerkrieg Frieden gebracht, das Steuersystem für das ganze römische Reich neu geordnet und die Wirtschaft zu einer nie dagewesenen Blüte gebracht. Er schloss die Türen des Tempels des Kriegsgottes Janus und baute einen Tempel für die Friedensgöttin PAX. Es wurde als erster als Kaiser, ja oft genug als göttlich verehrt. Augustus ist der Ehrentitel, der ihm vom Senat verliehen wurde.
 In genau der Mitte dieser streng gleich aufgebauten Geschichte treffen zwei Welten aufeinander: "Euch ist heute in der Stadt Davids der RETTER geboren, CHRISTUS, DER HERR. Da verkündigen die Engel einen anderen Heilsbringer, Erlöser und Herrn, einer, der zur selben Zeit diese Hoheitsbezeichnungen beansprucht. JESUS, ein Neugeborener aus ärmlichsten Verhältnissen. Auf einmal gewinnt diese uns doch so liebliche Weihnachtsgeschichte eine politische Dimension. Da geht es um den Herrschaftsanspruch der beiden Extreme der damaligen Welt. Jeder kannte Augustus. Die meisten römischen Bürgen jubelten ihm zu, war er doch ein Genie, das Frieden brachte, wie er seit Generationen nicht mehr war. Doch nicht alle waren über seine Maßnahmen erfreut. Die neuen Steuerlisten sicherten dem römischen Kaiser auch deutlich mehr Einnahmen. Italien und die großen Handelsstädte florierten. Doch die Rechnung zahlte die arme Bevölkerung. Wenige Jahre später, als der erwachsene Jesus seine Öffentlichkeitsarbeit begann lebten ca. 30 % der Bevölkerung Palästinas am oder unter dem Existenzminimum - Folge der grandiosen Maßnahmen Roms.
Die Weihnachtsgeschichte ist also die Gegenoffensive Gottes in aller Ärmlichkeit, aber mit einer Macht, die bald das römische Reich auf unmilitärische Weise überrollen und ändern sollte.
Das tut Gott bis heute. Er ruft unscheinbare Menschen, die in seinem Namen Missstände benennen, sich um die Unterdrückten kümmern, versuchen den Mitmenschen die Augen und Ohren für die Wahrheit zu öffnen und die Wahrheit hat einen Namen - Jesus Christus.
Das ist unsere Aufgabe als Christen generell, aber als Vozandes Media im Besonderen. Unsere Zeit geht zu Ende. In wenigen Tagen werden wir die bisherigen Sendungen einstellen, aber es bleibt weiter unser Ziel, Menschen wachzurütteln und den wahren Herrn dieser Welt zu verkündigen. Wir werden es weiter für die indigenen Völker unserer Region in ihrer jeweiligen Sprache tun - in Radio und medizinischer Arbeit in Shell im östlichen Tiefland Ecuadors. Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und vergessen Sie den 21. Vers des Weihnachtevangeliums nach Lukas mitzulesen. Er ist der Höhepunkt der Geschichte. Und er ändert Sichtweise und Leben.

Mittwoch, 14. Dezember 2016

Jahresrückblicke 2015-2016

    Das Jahr 2016 geht zu Ende und es ist Zeit, einmal den Freunden, die uns begleiten, wieder einen Bericht über die Klinik zu geben. Heute soll einmal die finanzielle Seite näher beleuchtet werden. Denn Sie/Du sind die Träger des Fortschrittes im Geben.
    Seit Juli 2014 besteht unsere ecuadorianische Stiftung und damit können wir Spenden entgegen nehmen. Aber im Jahr 2014 haben wir hauptsächlich Gelder gesammelt und wenig ausgegeben, außer für Unkosten bei Rechtsanwalt, Notar etc. 2015 ging es dann eigentlich los.
    Wie mehrfach beschrieben, haben wir fast das ganze Jahre 2015 mit einer Ölgesellschaft zusammen gearbeitet, die uns die Erlaubnis für die Klinik und einen Monat Miete bezahlt hat, danach kam aber nichts mehr außer warmen Worten, Versprechungen und Verträgen, die nicht eingehalten wurden. Wir haben sogar einen größeren Betrag vorgestreckt, den wir trotz Vertrags nie wieder gesehen haben. Das hat uns Lehrgeld gekostet. Wir haben deswegen einen guten Teil aus unserem Ersparten für Personal in den 5 Monaten ohne Lohn bezahlt.  Wir könnten das geliehene Geld gerichtlich einklagen, aber beide "Mitstreiter" sitzen derzeit sowieso im Gefängnis. Da sind noch ganz andere Summen im Spiel, wohl alles im Zusammenhang mit der Teeplantage. Wir sind froh, aus diesem Geschäft ausgestiegen zu sein. Selbst der Indianervertreter, der dann alles an sich reißen wollte, steht derzeit unter Hausarrest.
    So geht unsere Buchführung eigentlich erst ab März 2016 los, denn ab da haben wir unser Personal selbst übernommen und regulär bezahlt. Aber natürlich sind in der Vorbereitung schon Kosten angefallen. Deswegen jetzt der Bericht über die beiden zurückliegenden Jahre.

    Zunächst galt es, das gemietete Haus zu renovieren (Juni/Juli 2015). Das war noch das Einfachste, weil wir keine Zeitnot hatten und immer noch an den Neubau dachten.
Die erste große Ausgabe waren die Möbel. Wir besaßen nichts in diesem gemieteten Haus. Also kauften wir Stühle, Schreibtische, Untersuchungsliegen, eine Holzwand zur Abtrennung. Unser Handwerker baute Regale und Verbandswagen für jedes Untersuchungszimmer, die unser ganzer Stolz sind.
Eine wichtige Entscheidung war unser Computersystem. Wir wollten keinen Papierkram. Unser Techniker, der uns aufopfernd hilft, besorgte die Software, richtete das Computernetz ein und sicherte das Haus mit Kameras, denn trotz Wächter ist eine Praxis einbruchsgefährdet. Inzwischen haben wir ein größeres System mit vielen geschenkten, gebrauchten Computern einer Firma. Wir leben auch da von hiesigen Gaben. Inzwischen steht sogar eine große geschenkte Telephonanlage im Stauraum. Die brauchen wir aber erst später.
Die dritte große Aufgabe war die Laboreinrichtung. Einige Geräte schafften wir uns gebraucht an, aber die wichtigsten Automaten neu. Geplant waren über $ 40.000,- aber letztlich haben wir nur knapp $ 30.000,- ausgegeben, da wir von der alten Mission einen guten Kühlschrank und viele andere Geräte wirklich billig bekamen.
Seit dem Umzug ins alte Hospital sind wir dabei, unserer alten Mission „Reach Beyond“ Stück um Stück gebrauchte Sachen abzukaufen. Da sind Stühle und Bänke, wir benutzen Regale, übrig gebliebene Telefone, die Krankenhauswaschmaschine und den Trockner. Begonnen hat das alles erst einmal mit Reparieren und Ersatzteile besorgen. Bevor aber da die Einzelheiten geregelt werden können, kaufen wir derzeit die beiden Röntgengeräte und die beiden Notstromgeneratoren ab. Das wird bis Anfang Januar abgeschlossen sein.
Nebenbei haben ein Architekt und eine andere Gruppe Vorschläge für die Renovierung der Operationssäle und einen weiteren Anbau erstellt, so dass wir jetzt echte Zahlen vorweisen können und nicht wie bisher Schätzungen.
Wenn wir die Zeit ab September 2015 sehen (am 12. Oktober begann die Sprechstunde), haben wir bisher 2015 - 2016 USD 102.000,- Einnahmen über Spenden aus dem Ausland erhalten, davon ein kleiner Teil aus den USA (ca. $ 15.000), der Rest aus Deutschland und der Schweiz. Von dem Spendengeld sind $ 9.500,- in den laufenden Betrieb geflossen, zum Einrichtung der Apotheke, Laborchemikalien, Büroartikel, Formulare wie Rezepte, Laboranforderungen und etwa die Hälfte in die Bezahlung der Mitarbeiter in den ersten Monaten. Seit Juli 2016 trägt sich der Betrieb selbst, wenn auch ohne Rücklagen und sicheres Polster. Von einer gesunden Finanzierung sind wir noch weit entfernt. So verlernen wir das Beten und Bitten nicht.

Mittwoch, 7. Dezember 2016

Selbstbedienung?

Oft an Feiertagen oder Urlaubszeit setzt der Staat wichtige Entscheidungen in Kraft in der Hoffnung, dass Menschen abgelenkt sind und sich über die sogenannte Kleinigkeit nicht aufregen. Just zur Zeit der Quitofeiern am Dezemberanfang und dem nahtlosen Übergang in die Vorweihnachtszeit mit ihrem Trubel wurden 7 große Banken Ecuadors von der Bankenaufsicht angewiesen, ihre Einlagen in der Zentralbank deutlich zu erhöhen. Das soll der staatlichen Bank rund eine dreiviertel Mrd. Dollar in die Kassen spülen. Innerhalb eines Jahres ist das ein Zuwachs an Einlagen von fast 60%.
Wozu dienen die Einlagen bei der Zentralbank? Sie sind als wichtiges Werkzeug zur Wirtschaftssteuerung gedacht. Zieht der Staat private Gelder ab, steht weniger für private Kredite bereit. Umgekehrt kann durch Freigabe von Geldern die Wirtschaft angekurbelt werden.
Ecuador ist aber alles andere als auf einem wirtschaftlichen Höhenflug, den man bremsen müsste. Die Wirtschaft weißt einen Schrumpfungsprozess auf, bei dem vor allem der private Sektor zum Zuge kommen müsste. Doch selbst der private Sektor war Jahre lang von Großprojekten des Staates abhängig. Straßen - Kraftwerks - und Infrastrukturmaßnahmen bezahlte der Staat. Die private Wirtschaft, das waren Zulieferer. Bei sinkenden Ölpreisen fehlte die staatliche Möglichkeit und Ecuador ist gezwungen, massiv zu sparen. In diesem Moment ist es wohl wenig hilfreich, auch noch mögliche private Kredite zu beschneiden, also kommt ein ganz anderer Verdacht auf, der auch aus Bankenkreisen laut geäußert wird: Der Staat braucht diese Einlagen für das harte nächste Jahr, von für das zweite Quartal, wo es erfahrungsgemäß sehr, sehr eng werden wird.
Diese Maßnahme kann sich sogar als Bumerang erweisen. In Ecuador ist es unmöglich, staatliche Behörden rechtlich zu belangen, wenn sie nicht pünktlich und vereinbarungsgemäß zahlen. Wir haben es selbst erfahren, dass beispielsweise das Gesundheitsministerium für vertraglich vereinbarte medizinische Leistungen erst nach 19 Monaten und dann auch nur 80% der Leistung beglich. Da wird mit notwendigen und aufwendigen Kontrollen gearbeitet, die angeblich so lange dauerten und Fehler entdeckten. Ein Einspruchsrecht gibt es dabei nur auf dem Papier. Wenn eine Firma aber weitermachen möchte und ihr Personal einige Monate nicht bezahlt (manchmal ein Jahr lang), dann sehen sich Firmenleitungen gezwungen,  schwierige Zeiten mit Bankenkrediten zu überbrücken. Dieser Kredit wird jetzt noch teurer, wenn nicht gar unmöglich.
Offiziell wird argumentiert, dass es ja nur die großen Privatbanken trifft mit genügendem Polster. Aber sie sind es, die die Wirtschaft leiten, nicht die vielen oft unsicheren Sparkassen und Spargemeinschaften, die manchmal über Nacht pleite sind. Man wird dabei den Eindruck nicht los, dass sich der Staat zu Weihnachten ein eigenes Geschenk macht, auf dem er sich eine Weile ausruhen kann. Sozialismus ist nicht immer logisch - oder doch?

Donnerstag, 1. Dezember 2016

Gefangen im sicheren Netz

Dieser Tage ging wieder einmal eine Tagung der erdölexportierenden Staaten OPEC in Wien zu Ende. Ecuador war mit viel Hoffnung dabei gewesen und hoffte auf weitere Steigerung seines Exportschlagers Nr. 1, dem Rohöl. Die Staatskasse hätte es mehr als nötig nach Jahren des Preisverfalls. Die staatliche Ölgesellschaft Petroecuador hatte die Produktion deutlich gesteigert, während der Produktion der privaten Firmen wieder einmal sank. Das liegt daran, dass die privaten Firmen wie AGIP, Schlumberger und andere ungünstige Felder meist erst erschließen. Sie haben es bei dem geringen Gewinn auch derzeit nicht besonders eilig. 431.000 Barrel pro Tag liefert Petroecuador im Gegensatz zu gut 117.000 Barrel der privaten Unternehmen zusammen.
Doch in Wien kam ein anderes Ergebnis für Ecuador heraus. Die OCEP beschloss eine Drosselung der weltweiten Produktion, um dem Preisverfall entgegen zu wirken. Saudi Arabien mit bisher täglich 10,5 Mio. Barrel täglich wird um fast eine halbe Mio. täglich zurückfahren. Irak, die Golfstaaten, Venezuela und Angola werden ebenfalls kräftig reduzieren, während dem Iran eine Steigerung zugestanden  wurde. Libyen, Nigeria und Indonesien behalten ihre Produktion bei. Für Ecuador bedeutet das eine Reduzierung um 26.000 Barrel täglich, also gut 5%.
Jetzt wird die Regierung nicht müde zu versichern, dass sie diese Vereinbarung auch erfüllen wird. Denn das Ergebnis schmerzt, hätten doch die 5% über ein Jahr gerechnet ca. 100 Mio. zusätzliche Dollar eingebracht.
Das Land ist nun gefangen im Netz der OPEC. Dabei war das Land erst im Oktober 2007 wieder in diesen Kreis bewusst zurückgekehrt und hatte sich viele Vorteile versprochen. Doch der Stern dieser Organisation sinkt weltweit. Die OPEC war einst ein wirksames Instrument, um die Weltwirtschaft zu beeinflussen. In die Geschichte eingegangen sind die Gegendemonstrationen der europäischen Staaten mit autofreien Sonntagen, wo man auf Autobahnen spazieren gehen konnte, um den drastischen Preissteigerungen beim Erdöl ein trotzigen Nein zeigen wollte (und dennoch den höheren Preis bezahlte).
Aber diese Machtposition hat die OPEC längst verloren. Kam noch vor wenigen Jahren ca. 60% des Öles weltweit aus OPEC-Staaten, sind es heute noch 30%. Die klassischen Erdölexporteure wurden verdrängt. Heute ist Russland der größte Exporteur. Es hat dieses Mal aber die Entscheidung von Wien begrüßt und macht mit bei der Reduzierung, obwohl es kein Mitglied ist. Dahinter stecken sowohl politische als auch wirtschaftliche Gründe. Man hofft so auf einen Ölpreis von über 50 Dollar pro Barrel. Gerade die kleinen Staaten wie Ecuador sind dringend darauf angewiesen.
Doch man sollte sich nicht zu früh freuen. Der extrem niedrige Ölpreis war ja auch einst hausgemacht, hatte doch die OPEC durch Überschwemmung des Marktes mit dem schwarzen Gold das Hauptziel verfolgt, den Nordamerikanischen Mark zu versorgen und das Fracking zu verhindern. Die USA und Kanada haben aus Ölschiefer mit Hilfe von Chemikalien riesige Mengen Erdöl gewonnen. Ziel war die Unabhängigkeit vom Ausland. Man wollte nicht erpressbar sein. Mit dem Preisverfall ist diese Art der Produktion fast vollständig zum Erliegen gekommen. Sobald der Ölpreis aber die 50 Dollar Grenze erreicht lohnt sich auch wieder das Fracking und Nordamerika mischt wieder mit.
Die jetzige Entscheidung von Wien bringt Ecuador eher Nachteile, aber wer Teil einer mächtigen Gruppe sein will, muss auch als kleiner Partner die Spielregeln einhalten. Also muss man gute Miene zum bösen Spiel machen und trotzdem hoffen, dass es irgendwann doch bergauf geht.