Montag, 26. Oktober 2015

Ecuador von der schwarzen Liste gestrichen

1989 wurde von einflussreichen Industriestaaten die Financial Action Task Force gegründet. Ihr gehören mittlerweile 36 als Mitglieder Staaten. Im Spanischen nennt sie sich GAFI: Grupo de Action Financiera Internacional. Ziel dieser Gruppe ist die Kontrolle internationaler Geldströme, um Geldwäsche und Terrorismus zu bekämpfen. Diese GAFI kontrolliert Banken und ganze Staaten auf ihre Glaubwürdigkeit.
Und so gibt es eine Liste von Staaten, die nach Weiß - Grau bis hin zu Schwarz markiert werden. Schwarz meint verwickelt in Drogen - und Terrorismusgeldwäsche und der Staat tut zu wenig zu deren Aufklärung. Die Mafiastrukturen können mit wenig Risiko weiter ihren Geschäften nachgehen.
2010 wurde Ecuador auf diese schwarze Liste gesetzt. Seitdem hat das Land reagiert, 8 Staatsanwälte auf die Mafia und Geldwäsche angesetzt. Zwischen 2001 und 2015 wurden fast 300 Fälle von Geldwäsche aufgedeckt.
35% der aufgedeckten Fälle waren Drogengelder, 31 % Geldwäsche und nur 8% Gelder aus Korruptionsfällen. Der Rest sind sonstige Ungereimtheiten der Firmen, die selbst dem Fiskus entgangen waren. Zum Beispiel: In einer Fabrik an der Küste für Fischverarbeitung fand die Polizei eine merkwürdige Diskrepanz zwischen Ausgaben und Einnahmen. Jetzt wurde der Besitzer, ein früherer enger Vertrauter vom ehemaligen Drogenchef Medellins, Pablo Escobar festgenommen. Zu den beschlagnahmten Gütern gehört eine Jacht im Werte von 80 Mio. Dollar. Andere Drogenbarone steigen als Geldgeber in normale Firmengeschäfte ein. Da ist es nicht immer einfach, die Geldwäsche herauszufinden. Aber es gab deutliche Fortschritte. In einer Firma waren es 1 Mrd. Dollar versteckt, eingezahlt in Raten über 10 Jahre. Es sind derzeit die großen Haciendas und Plantagen im Visier der Fahnder.

Und so wurde Ecuador jetzt im Juni 2015 von der schwarzen auf die graue Liste gesetzt. Seit Oktober ist das Land auf der weißen Liste zu finden. Was bedeutet das? Jetzt kann das Land dringend benötigte Kredite beantragen etwa von der Weltbank oder anderen internationalen Geldgebern. Es ist eines der wenigen Länder Lateinamerikas mit diesem Zertifikat und stolz auf seine Fortschritte hin zu mehr Transparenz, auch wenn das „Weiß“ noch nicht eine komplett weiße Weste bedeutet. Der Kampf gegen Geldwäsche und Drogen geht weiter.

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Warum brauchen wir ein anderes Krankenhaus in Shell?

Seit erst wenigen Tagen ist unsere Sprechstunde in Shell eröffnet und die Patienten kommen, weil sie Vertrauen haben oder von anderen über uns gehört haben. Heute möchte ich die Geschichte einer Indianerin erzählen, die verzweifelt um Hilfe ersucht hat:
Die 30-jährige Frau leidet seit 2 Jahren an einer Entzündung des Oberschenkels. Immer wieder fließt Eiter aus zwei Wunden einige Zentimeter über dem Knie. Das Knie ist fast komplett steif, aber sie kann gut laufen. Manchmal sind die Schmerzen groß, wenn Eiter ausläuft weniger. Die Mutter von 4 Kindern kommt aus dem Urwald, lebt aber mittlerweile in der Provinzhauptstadt Puyo, weil, sie da Hilfe erwartet.
Ihr Mann sucht Arbeit, schlägt sich derzeit mit Gelegenheitsjobs durch, um die Familie zu versorgen. Seit Monaten geht sie von einem staatlichen Gesundheitszentrum zum anderen. Sie wird vertröstet und nach vielen Besuchen nach Quito weiter geschickt.
Die Untersuchungen haben eine Osteomyelitis ergeben, eine Vereiterung des Knochens.
Wenn es dazu kommt, dann bilden sich oft mitten im Knochen abgestorbene Knochenteil, die selten von alleine heilen. Denn der abgestorbene Teil ist wie ein Fremdkörper. Wenn der einmal entzündet ist, dann muss es raus: Er eitern raus oder er bleibt für immer ein Entzündungsherd. Das ist ähnlich wie eine entzündete Metallplatte oder sonst ein Fremdkörper. Erst wenn er entfernt ist, kommt der Entzündungsprozess zur Ruhe. Antibiotika führen zur Resistenzen, aber nicht zur Heilung.
Unser staatliches Regionalkrankenhaus, das eigentlich für die Region zuständig ist, wagt sich trotz viele "Spezialisten" nicht an die Operation und schickt die Frau nach Quito, wo sie sich nicht auskennt und keine Bleibe hat. Dort schickt man sie von hier nach da, fordert viele Untersuchungen, die sie teilweise selbst bezahlen muss. Doch sie hat weder das Geld für eine Übernachtung noch für die Untersuchungen, also scheitern die Besuche dort. Sie wird sicherlich vom dortigen System als wenig hilfreich abgestempelt. Also kommt sie zu uns und klammert sich an den Strohhalm, der ihr noch bleibt.
Es tut in der Seele weh. Solche Patienten haben wir so oft behandelt. Der Knochen muss eröffnet werden, der infizierte Teil herausgeholt werden. Anschließend gibt es Spülungen mit Antibiotika oder entsprechende Ketten, die danach entfernt werden müssen etc.  Die Chancen für eine Heilung sind groß, auch wenn das Knie schon so gut wie steift ist, ist es doch noch nicht infiziert.
Was hier passiert, ist typisch für unser System. Offiziell erhalten Indianer alle Hilfe ohne Kosten, aber die Wirklichkeit mit Reisen in die Hauptstadt etc. sieht anders aus. Und sie werden oft genug enttäuscht und wenden sich ab. "Es hat doch keinen Zweck".
Das ist der Grund, warum wir keine Massenabfertigung brauchen, bei der schwache Glieder durchfallen und keiner fühlt sich schuldig dabei, denn immer der andere ist schuld, wenn es nicht funktioniert.
Das ist der Grund, warum wir ein Hospital brauchen, an dem wir anders handeln können und den Einzelnen sehen, auch wenn es rein finanziell ein Verlustgeschäft ist. Heute ein Beispiel von vielen anderen.......

Wie lange darf ein Präsident in Lateinamerika regieren,

ist derzeit eine der vielen Fragen dieser Region. Und wie meistens ist Lateinamerika zerrissen zwischen guten und schlechten Beispielen. In Ecuador hat vor kurzem das Parlament beschlossen, dass ein Staatspräsident mehr als zwei Amtsperioden von jeweils 4 Jahren regieren darf. In Bolivien wir im Februar 2016 ein Volksentscheid zum gleichen Thema laufen. Auch Evo Morales hat dort gute Chancen, das Grundgesetz zu ändern. In Honduras hatte es Präsident Manuel Zelaya vor 6 Jahren versucht und war gestürzt worden. Jetzt machte auch dort das Parlament den Weg zur Wiederwahl frei. Gleiches geschah im Nachbarland Nicaragua.
Aber es gibt auch die gegenteilige Entwicklung. 1994 scheiterte der  damalige Präsident Carlos Menem mit diesem Vorschlag in Argentinien. In Chile begrenzte das Parlament im Mai 2015 ebenfalls die Wiederwahl. Gleiches tat Kolumbien. Paradebeispiel war aber Peru. Alberto Fujimori, der äußerst populäre Präsident seiner Epoche setzte eine dritte Amtszeit durch, in der er aber kläglich scheiterte. Da flogen Korruption und Geheimnisdienstmachenschaften auf, die ihn letztendlich ins Gefängnis brachten.

Lateinamerika ist zerrissen zwischen guten Regierungen, die das Land weiter brachten und damit den Präsidenten berühmt machten und auf der anderen Seite dem Amtsmissbrauch und der Korruption. In dieser Gesellschaft muss der Gewinner einer Wahl anschließend seine Gefolgsleute an der Regierung und Verwaltung beteiligen. Die holen sich dann ihre Vorschüsse zurück. Jede Regierung in unserer Region tritt mit dem festen Willen gegen die Korruption an. Aber es ist Gang und Gäbe, dass bei öffentlichen Aufträgen 10% an die Behörden fließen. Je länger eine Regierung aber im Amt ist, umso höher steigen diese sogenannten Anfangsbeiträge. Deswegen ist es wichtig, dass die Verwaltungsleute nach einer Zeit ausgewechselt werden. Das geht aber eigentlich nur über den Wechsel des Staatspräsidenten. Fujiomori in Peru stolperte in seiner 3. Amtszeit am Geheimdienst, der mit kriminellen Methoden die Gegner einschüchterte. Im Kampf gegen die Guerrilla im Osten Perus hatte dieser Geheimdienst Sonderrechte erhalten, die er ausbaute und auch gegen politische Gegner nutzte.
Derzeit haben wir viele linksgerichtete Regierungen wie in Ecuador und Bolivien mit wirtschaftlichem Fortschritt. Das andere Extrem ist aber Venezuela. Dort hatte Hugo Chavez den Sozialismus eingeführt, die 2/3 Mehrheit im Parlament errungen und damit die Verfassung geändert. Nach seinem Tod regiert jetzt sein Schwiegersohn Maduro. Doch der Sozialismus hat abgewirtschaftet. Jetzt ist das Land in einer schweren Wirtschaftskrise mit hoher Inflation und Warenmangel. Fragt sich, wann es zum politischen Umsturz kommt. Dann wird auch die unbegrenzte Wiederwahl abgeschafft werden.
Lateinamerika kommt noch lange nicht zur Ruhe. Das Auf und Ab bleibt bestehen und damit der Wunsch nach Begrenzung der Macht einerseits und weitest gehender Freiheit andererseits.

Dienstag, 13. Oktober 2015

Klinikeröffnung

Die neue Zeit ist angebrochen. Wir behandeln die ersten ambulanten Patienten. Die großen Worte sind vorbei. Jetzt folgen die Taten.
Am ersten Tag kamen fast 60 Patienten uns alle beglückwünschten, dass wir wieder den Service anbieten und sie nicht stundenlang in staatlichen Institutionen warten müsse. Und es macht Freude im Team zu arbeiten, bei dem alle ein gemeinsames Ziel haben.
Jetzt merken wir, was alles noch fehlt und ständig ist jemand dabei Kleinigkeiten einzukaufen.
Wir haben einen sehr erfindungsreichen Handwerker, der uns derzeit kleine Wagen bastelt, auf denen Verbandmaterial und Instrumente für kleine Operationen bereit liegen. Wir äußern einen Wunsch und er hat die Lösung, die er solgleich umsetzt.
Schon jetzt ist der Platz mit 4 Behandlungsräumen schon eng. Wir überlegen, ob wir nicht einen großen überdachten Garagenplatz noch ausbauen sollten. Im Januar möchte eine Augenärztin kommen und ein Gastroenterologe möchte hier Magen - und Darmspiegelungen durchführen.
Derzeit sind wir froh, dass das Labor in der Küche des Hauses nicht funktioniert. Die Küche ist derzeit Stauraum und Vorbereitung zur Sterilisation von Instrumenten.
Und auch für unser Wohl ist gesorgt. Da wir am Rand von Shell arbeiten, bereitet ein Teil unseres Teams täglich ein Mittagessen vor. Dort essen wir zusammen und tauschen uns aus am Rande des Schwimmbades, das zu benutzen wir allerdings noch keine Zeit hatten. Doch es kommen Besucher. Unser Kochteam verdient sich mit dem Schwimmbad etwas Geld. Der Rest der Einnahmen ist für die Klinik.
Dann läuft die ganze Zeit über der Fernseher, aber mit einem Programm, das wir in der Gemeinde in Quito geschenkt bekommen haben. Es sind Anbetungslieder mit dem Text auf wunderschönen Bildern unterlegt. Das Ganze dauert über 2 Std. so dass es sich für die Patienten praktisch nicht wiederholt. Später sollen Filme und anderes dazu kommen.
Interessant sind auch die Fragen von Patienten. Wir können nicht operieren, haben noch nicht mal ein Labor oder Röntgenmöglichkeiten. Aber viele kommen, um sich einfach nur Rat zu holen oder nach Komplikationen nach Eingriffen den weiteren Fahrplan ihrer Behandlung festzulegen. Wir sind nach kurzer Zeit als Vertrauensinstitution gefragt.
Diese Zeit erscheint allen wie ein Wunder. Die Mitarbeiter haben wieder Arbeit und verdienen. Das Team funktioniert hochmotiviert. Da macht es wenig aus, dass wir immer noch kein Internet haben und noch kein Computersystem, das uns unsere alte Mission zur Verfügung stellen wollte. Jetzt sind wir auf der Suche nach Alternativprogrammen. So schreiben wir halt die Patientendaten auf Zettel und hoffen auf baldige Besserung.
Wir fühlen uns getragen durch die Hilfe Vieler aus aller Welt und erleben immer wieder die Wunder der Hilfe von vielen Seiten.

Dienstag, 29. September 2015

Ein Traum scheint wahr zu werden

Wie oft haben wir von unserem Traum des neuen Hospitales gesprochen und geschrieben. Und wir trauen uns kaum noch, darüber zu berichten. Zu viele Hindernisse taten sich auf dem Weg auf. Nun scheint das Eis gebrochen zu sein. Heute waren der Probinzgoverneur und Vertreter des Gesundheitsministerium bei uns, um uns grünes Licht erstens für den Anfang der ambulanten Behandlung zu geben und zweitens uns die mündliche Zusage für den Hospitalbau zu überbringen.
Es hat lange gedauert. Die Widerstände zwischendurch waren schier unüberwindlich. Wir haben Feindschaft von Christen aus den hiesigen Gemeinden erlebt. Neid ist ein wichtiges Problem der hiesigen Gesellschaft, wie man es sich in in anderen Ländern schlecht vorstellen kann. Jetzt kam der "Befehl" für die Genehmigung von ganz oben, vom Staatspräsidenten persönlich. Und auf einmal ging alles ganz schnell und unbürokratisch, natürlich unter Wahrung all der nötigen Formalitäten.
Seit vielen Wochen bereiten wir unser gemietetes Haus vor: Neuer Innen- und Außenanstrich, Leitungen für ein Computersytem, Telephon - und Internetanschluss, Möbel und andere Einrichtung. Wir haben ein Ultraschallgerät geschenkt bekommen und es für wenig Geld mobil machen können. Für die Laboreinrichtung fehlt uns noch das Geld.
Wer ist im Team? Bis auf eine kubanische Kardiologin sind alle engagierte Christen, ein weiterer kubanischer Allgemeinmediziner, ein hollländischer Allgemeinarzt, zwei Zahnärztinnen, ein ecuatorianischer Arzt und Klaudia und ich. 8 Mediziner bis jetzt, eine weitere kubanische Ärztin, sie hat Gemeinden aufgebaut und ist Chirurgin mit viel Erfahrung möchte in Kürze zu uns stoßen. Es ist schon seltsam: In dem Moment, in dem US-Amerikaner das Feld verlassen, kommen engagierte Kubaner zu uns. Unser Startteam steht. Sobald wir die schriftliche Genehmigung haben, wollen wir loslegen. Die Menschen warten dringend darauf.
In der Organisation gab es ein großes Durcheinander aus vielen Gründen. Unsere Stiftung hat mit großteils ausländischer Hilfe die Praxis bisher eingerichtet. Die Genehmigung bekam aber nicht die Stiftung, sondern die Ölfirma durch Dekret von höchster Stelle. Auf einmal bewegten sich Steuerbehörde, Provinzverwaltung und auch das Gesundheitsministerium. Jetzt müssen wir wieder einmal neue Nebenverträge zwischen der Ölfirma, dem Leiter der Klinik/Hospital und der Stiftung schließen. Daran arbeiten wir gerade, denn in finanziellen Dingen darf es keine Vermischung geben. Dazu gehört auch besonders das Geld für das Labor. Das ist noch zu wenig. Die Sprechstunde fängt erst einmal ohne Labor an. 

Wie kam es jetzt zu einer so schnellen Einigung?
Der Widerstand kam von lokalen Kräften der Provinz, Kirchen und auch Organisationen in Quito, die uns schaden wollten. Die Ölfirmen haben jetzt den Staatspräsidenten gewonnen. Damit sind wir über Nacht auf der Überholspur und Nutznießer eines zentralistische geführten Staates. Und obwohl es inerhalb des Team auch starke Spannungen gab, haben wir uns immer wieder zusammen gerauft.
Wir können schon jetzt die große Linie des Segens Gottes sehen. Die Zeit des Wartens scheint vorbei zu sein. In zwei Tagen kommt das Gesundheitsministerium zur hoffentlich letzten Abnahme. Dann werden Papiere wie Rezeptblöcke etc. gedruckt. Wir müssen der Bevölkerung per Radio unsere Eröffnung mitteilen - und dann auf Patienten warten. Ein Traum scheint wahr zu werden.

Dienstag, 22. September 2015

Grenzstreitigkeiten in Südamerika

Immer wenn ein großes Preisniveau unter Nachbarstaaten besteht, setzt ein reger Grenzverkehr ein und der billigere Nachbar verdient am Grenzzaun - zum Leidwesen der anderen, die dann nach Gegenmaßnahmen rufen und ihr Geschäft schützen wollen. Dazu kommen noch ideologische Differenzen, von denen es im Norden Südamerikas genügend gibt.
Da sind die Unruhen an der Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela. Es prallen die Welten eines Handelsvolkes Kolumbien mit der zentralen, sozialistischen Staatswirtschaft Venezuelas aufeinander. Tausende Kolumbianer waren über die Grenze gezogen, um dort Waren zu liefern, die der Staat nicht garantieren konnte. Und sicher ist auch Benzin zurück nach Kolumbien geflossen, das in Venezuela billiger als in Flaschen abgefülltes Trinkwasser ist. Jetzt hat die Regierung Venezuelas die Kolumbianer vertrieben. Zu Tausenden sind sie über den Grenzfluss mit Hab und Gut in ihr Land zurückgekehrt. Derzeit versuchen Uruguay und Ecuador zu vermitteln. Es soll nicht zu militärischen Maßnahmen kommen.
Aber auch Ecuador hat so seine Probleme mit den Nachbarn. An den Grenzen zu Peru und Kolumbien gibt es seit Jahren illegalen Handel mit Gasflaschen und Benzin, das hierzulande stark subventioniert ist. Die Bevölkerung Ecuadors ist nicht gewillt, diese seit Jahren gewohnten Subventionen so ohne weiteres aufzugeben. Die Nachbarregionen Perus und Kolumbiens profitieren davon. Bei Grenzkontrollen werden hier und da Schmuggler erwischt, aber immer, wenn das Preisgefälle eklatant ist, funktioniert der Schwarzmarkt.
Aber Ecuador hat noch einen anderen Grund für weitere Grenzkontrollen: Es braucht höhere Steuereinnahmen, spätestens seit der Ölpreis im Keller gelandet ist.
Beispiel: An der Grenze zum nördlichen Nachbarn Kolumbien besteht seit langem ein reger Grenzverkehr von Ecuatorianern, die bei Tagesausflügen im kolumbianischen Ipiales  ordentlich einkaufen. Das Geschäft dort blüht, während auf der hiesigen Seite, wenige Kilometer vor der Grenze in Tulcan Geschäfte schließen. Früher war das einmal umgekehrt. Da kauften die Kolumbianer massenweise hier ein. Also klagen die hiesigen Händler und die Regierung sieht sich gezwungen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Also werden jetzt Schutzzölle erhoben. Insgesamt sind es 2961 verschieden Artikel, die ab sofort an allen Grenzen des Landes zollpflichtig sind. Das gilt aber natürlich für alle Grenzen, besonders auch an den Flughäfen bei der Einreise. Dort dauert jetzt die Kontrolle zwischen 10 und 30 Minuten länger. An den Außengrenzen bilden sich jetzt längere Autoschlangen.
Es sind besonders Kleidung, Spirituosen, Fernseher und Handys, an denen der Staat verdienen will. In der Presse laufen derzeit Kampagnen über Höchstgrenzen, Kosten und Formalitäten bei der Einreise.
Die Zeiten sind vorbei, in denen Ecuatorianer über die Grenze fahren und mit 4 neuen Reifen ihres Autos und einem großen Flachbildschirm zurückkehren. Aber immer, wo ein großes Preisniveau besteht, wird der Handel nicht aufhören. Menschen sind erfinderisch.
Wer die wirkliche Ursache bekämpfen will muss zweierlei beachten:
1) Überall, wo Subventionen gegeben werden, profitieren die Nachbarn. Der Schwarzhandel blüht. Da müssen die Subventionen abgebaut werden, was bei Benzin und Gas hierzulande aber politisch nur langsam durchzusetzen ist.
 2) Zum anderen ist im sozialistischen System hierzulande die wirkliche Inflation wesentlich höher als die offiziellen Angaben. Selbst Lebensmittel sind in Ecuador oft teurer als in Deutschland. Da profitieren vom Preisgefälle die Nachbarn. Also versucht unsere Regierung die Regelung über Schutzzölle, die dem Staat Mehreinnahmen versprechen.
Wir müssen zurückkehren zu einem friedlichen Handel der Nachbarn. Das geht aber derzeit nicht aus ideologischen Gründen. Also ist derzeit Kolumbien der Buhmann zwischen zwei sozialistischen Nachbarn. Das lässt sich nicht in Verhandlungen der Staatspräsidenten ändern. Also bleibt der Streit bestehen, allen amtlichen Beschwörungen zum Trotz.

Mittwoch, 16. September 2015

Rauch in Quito und Umgebung

Der Sommer in Quito neigt sich dem Ende entgegen und es qualmt in und um Quito. Das Wetter ist herrlich. Seit fast 3 Monaten hat es nicht mehr richtig geregnet. Normalerweise haben wir im August oder September immer wieder Regenschauer, oft mit viel Hagel. In einem Jahr mussten diese Hagelkörner mit Baumaschinen zur Seite geräumt werden und schmolzen tagelang vor sich hin. Oder die Pässe auf beiden Seiten der Sierra waren von Eis belegt, mit dem weder die Straßenbehörden noch die Autofahrer umgehen konnten und der Verkehr für einige Tage zum Erliegen kam. Dieses Jahr ist es anders. Es ist staubtrocken. Unser Nachbar hat sein marodes Dach des Hauses im Juli abgebaut und setzt ein Stockwerk drauf. Nur sehr langsam geht es weiter. Nur am ersten Tag nach dem Abriss des Daches Anfang Juli gab es einen starken Regen und  sie hatten nicht genügend Gefäße, um das durchsickernde Wasser aufzufangen. Seitdem kann der Bau ohne Probleme weiter gehen.
Nein, dieses Jahr ist der Sommer trocken wie selten zuvor.
Was in Quito qualmt, ist weit weg im Süden der Vulkan Cotopaxi. Doch seine Asche weht der Wind meist nach Westen Richtung Küste. Die Menschen dort leiden schon mächtig, vor allem die mit Viehwirtschaft. Die gesamte Natur in diese Richtung ist aschgrau verfärbt und das Vieh leidet. Auch der Gemüseanbau dort kommt zu Erliegen und der Staat erwähnt finanzielle Hilfe für die Landwirtschaft. Aber Quito bekam von diesem Vulkan bisher wenig Asche mit, gelegentlich im Südteil der Stadt.
Was uns derzeit vermehrt zu schaffen macht sind die alljährlichen Waldbrände in und um die Stadt, über 25 mal in diesem Jahr. Dann hängen dichte Rauchschwaden über der Gegend.
Quito liegt in einem Hochtal am Rande des Pichinchavulkans, der derzeit ruhig ist. Und weiter unten im Hochtal ist längst eine neue Stadt gewachsen, die aber zu Quito gehört. Die Stadt erstreckt sich über ca. 800 m Höhenunterschied. Und zwischen den verschiedenen Stadtteilen gibt es viel Wald. Es ist aber nicht der deutsche, dichte Wald, sondern häufig der schnell wachsende Eukalyptuswald. Diese Baumart wurde vor über 150 Jahren hier in Ecuador eingeführt, als es kaum noch Holz gab, weil die wachsende Bevölkerung alles Brennbare abgeholzt hatte. Doch Eukalyptus ist keine einheimische Pflanze und verdrängte andere Baumarten durch einen wachstumshemmenden Stoff und machte sich im gesamten Hochland breit. Eukalyptus wächst immer gerade, ist also für Holzverarbeitung ideal, aber braucht viel Wasser und Abstand zwischen den Bäumen. Ein Eukalyptuswald ist nie ein Mischwald und nie besonders dicht. Und so trocknet er in der Äquatorsonne bei fehlendem Regen schnell aus. Er hält kein Wasser über längere Zeit. Und so wird dieser Wald schnell Raub der Flammen.
An den Rändern Quitos will die Stadt wachsen. In der Vergangenheit hat man dann oft nach einem Waldbrand Genehmigungen für neue Siedlungen gegeben. Also wurden Brände absichtlich gelegt. Die Zeit ist längst vorüber. Dennoch scheinen es einige immer noch zu versuchen. Andere legen Brände in den Höhenlagen des Pichincha, um das Paramogras abzubrennen. Denn neues Gras ist Viehfutter. So ein Brand ist dann eine Gefahr für den nahen Wald. Und der Rest der Brände ist wohl Folge einer weggeworfenen Zigarette ohne besonderen Vorsatz.
Die Feuerwehr Quitos und Umgebung ist derzeit im Dauereinsatz und gab bereits Tote unter den Feuerwehrmannschaften; junge Leute mit nur wenig Erfahrung, die das Feuer eingeschlossen hatte und denen man nicht mehr helfen konnte.

Im September hat die Schule wieder begonnen. Das Leben normalisiert sich wieder. Der Verkehr ist chaotisch wie immer. Jetzt warten wir auf den Regen Anfang Oktober bis Weihnachten, um die braune Stadt wieder in ein normales Grün zu verwandeln und damit die Rauchwolken über der Stadt zu vertreiben. Bleibt vorerst einmal der Vulkan Cotopaxi.