Freitag, 12. Juli 2013

Es lebe derSozialismus!!!!!

Unsere Regierung ist angetreten, das Leben für die Menschen hier zu vereinfachen und Hindernisse abzubauen. So sollen nicht mehr beispielsweise Universitäten über ausländische Studienabschlüsse bestimmen dürfen, sondern eine staatliche Stelle ohne Kosten, wie es heißt. Und wir können ein Lied von diesen Erleichterungen singen.
Wir haben bei dem vielen Nachtdienst zwei freie Tage im Monat, die wir in Quito verbringen. Und was machen wir in dieser Freizeit - wir besuchen die verschiedenen Behörden in der Stadt.

Mein Titel als Arzt war damals noch von einer Uni für 2000 Dollar anerkannt worden, der Titel als Chirurg von der hiesigen Ärztekammer ohne Kosten. Bei der jetzigen Regierung geht alles nochmals von vorne los. Also alle Papiere von der Uni, Ärztekammer etc. in Deutschland über die uns nun allemal bekannten Stellen beglaubigen lassen, dann hier die Übersetzung. Doch da tut sich ein neues Problem auf: Hierzulande werden Facharzttitel wie in den USA von Universitäten am Ende eines Ausbildungsprogrammes vergeben. In Deutschland macht das die Ärztekammer als Anstalt des Öffentlichen Rechts. Also habe ich ein Schreiben (auch alles mit Stempeln und Beglaubigungen) vom Sozialministerium in Hessen, dass das in Deutschland so ist. Alles hier eingereicht - 6 Monate warten - Fehlanzeige. Jetzt brauchen sie noch eine Bestätigung, dass das Krankenhaus auch zur Ausbildung berechtigt ist. Frage: Wer kann so etwas ausstellen?  Antwort: Die Ärztekammer! Aber die hat doch nach der Prüfung als Facharzt die Urkunde ausgestellt? Ja, das ist ein Titel, aber wir wollen wissen,. ob das auch rechts war. Es gibt so viel Lug und Trug auf der Welt. Also soll die Ärztekammer das jetzt nochmals bestätigen. Macht keinen Sinn, ist aber Vorschrift und das zählt hier auf dem Amt.

Alle 5 Jahre müssen wir den Führerschein erneuern - eine sinnvolle Sache, die wir sehr begrüßen. Man macht eine neue theoretische Prüfung am Computer mit 20 Fragen - und den Papierkrieg. Zuerst der Schreck: Man muss Strafe zahlen. Anstatt die Strafe auf das Auto zu erheben, wenn man jährlich die "Matricula" erneuert (Steuer, TÜV-Untersuchung etc.).  Nein, bei Klaudia und Eckehart wurden Bagatellen auf die Person erhoben. Wir wussten nichts davon. Wer aber nicht in diesem Jahr bezahlt, bei dem verdoppelt sich die Strafe in jedem neuen Jahr. Nach 3 - 4 Jahren ist das dann ein beträchtlicher Betrag. Es ist unsere Schuld, gibt die Polizei auch unumwunden zu. Wir könnten einen Prozess gegen die Polizei anstrengen - keine Lust - wir bezahlen.

Nächstes Streitfeld: Die Namen!!!
Jede Person in Lateinamerika hat normalerweise zwei Vor - und zwei Nachnamen. Letzterer kommen von Vater und Mutterseite und ändern sich auch nicht bei der Heirat. Deren Kinder haben dann wiederum als ersten Nachnamen den des Vaters und als zweiten den der Mutter. Wenn wir als Klaudia und Eckehart Wolff kommen, gelten wir als Geschwister bei gleichem Nachnamen. Also haben alle unsere Kinder etwa in den Zeugnissen die Nachnamen Wolff - Gerhards. Doch mit den Titeln durch Anerkennung als Ärztin und ihr Masterprogramm in der Familientherapie, dem Visum, dem eigenen hiesigen Personalausweis etc. steht jetzt auf jedem Dokument etwas anderes. Deswegen kann der Führerschein so nicht erneuert werden. Erst muss der Name in ALLEN, aber auch in ALLEN Dokumenten vereinheitlicht werden. Denn für Ausländer gilt wohl ab jetzt: Ihr Name ist der im ausländischen Pass. Aber das versteht das Standesamt nicht, wo wir erst vor einem halben Jahr unsere Ehe hier in Ecuador mit Pomp und Gloria erneuern lassen mussten. (auf dem Standesamt). Für Klaudia ist das ein Gang durch viele, viele Ämter - dauert viele Monate bei zwei Tagen pro Monat in Quito. Und wo immer ein Fehler in einem Amt gemacht wird, wir müssen den Antrag auf Berichtigung stellen, wir haben die Behördengänge zu leisten, immer wieder zu bezahlen....
Es ist nicht das Geld, es sind die Stunden der Demütigung auf den Ämtern, wo Beamten sich Mühe geben und uns helfen wollen, aber selbst im System gefangen sind, ohne etwas dagegen tue zu können.
Ist es wirklich besser geworden in Ecuador? Wir sind nicht davon überzeugt.

Donnerstag, 11. Juli 2013

Der Condor

Seit Jahrhunderten schmückt der Adler das Wappen von Königshäusern und ganzen Staaten sowohl in Europa wie auch Nordamerika. Er ist das Symbol von Stärke und Überlegenheit, weil er sich in die Lüfte erheben kann und Weite, Übersicht und Macht repräsentiert. Was der Adler für uns ist, symbolisiert der Condor für die Andenregion. Es gibt ihn in den Bergen von Venezuela bis in den kalten Süden Chiles zur Magellanstraße. Und er findet sich auch hierzulande im Staatswappen.
In der Mythologie ist der Condor allgegenwärtig, kann Frauen oder junge Rinder rauben und ist der Bote zwischen den Menschen und den Göttern. Für die Bauern des Hochlandes war er viele Jahre lang der Feind, denn ab und zu verschwand ein Huhn oder Meerschweinchen und mit dem Einzug der Feuerwaffen wurde auch den Condor als Feind systematisch dezimiert. Das hat sich leider immer noch nicht ganz gelegt, wenn auch inzwischen die große Mehrheit der Ecuatorianer den Condor bewundert und schützt. Derzeit ist ein junger Condor in der veterinärmedizinischen Betreuung einer Universität nach Schussverletzungen.
Aber es ist nicht damit getan, dass man den Herrn der Lüfte in Ruhe lässt. Er vermehrt sich nicht so schnell wie Kaninchen. Der Condor lebt monogam. Männchen und Weibchen trennen sich nicht und wenn einer stirbt findet sich fast nie ein neuer Partner. Außerdem legt ein Weibchen durchschnittlich nur alle zwei Jahre ein Ei von 11 cm Durchmesser.
In Ecuador gibt es derzeit 68 Condors, 50 davon leben in Freiheit und 18 in Zoos. Und dort wird mit allen Mitteln versucht, für Nachwuchs zu sorgen, den man in die Freiheit entlassen könnte. Doch das klappt nicht. Nach Jahren gab es endlich einen Jungen, den die Eltern aber nicht richtig pflegen konnten und so verstarb er. Die Aufzucht von jungen Condors scheint in Gefangenschaft nicht zu klappen, aber die Condors in Zoos sind ohne Fütterung auch nicht mehr überlebensfähig, auch wenn man sie in Haciendas von Besuchern abschirmt und ihnen großen Freiraum gestattet, den kein Zoo geben kann. Die Zukunft der Condors liegt in der Freiheit und da ist in Ecuador noch viel Platz. Es gibt noch große Gebiete ohne Straßen und menschlichem Zugang. Das Wichtigste ist, dass die Menschen dieser Gebiete den Condor nicht mehr als Feind betrachten.
Es ist schon etwas Majestätisches, wenn dieser Riesenvogel mit bis zu 3,5 m Flügelspannweite lautlos über einem kreist und große Entfernungen in den Bergen mühelos überwindet. Am Tag als der Flughafen Quito aus der Stadt in das nahe Tal verlegt wurde und die Stadt plötzlich ruhig wurde, weil der Lärm der Flugzeuge fehlte kreiste ein Condor über dem alten Flughafen als wollte er verlorengegangenes Terrain wieder zurückerobern. Es gibt ihn noch, so nahe an unserer Zivilisation, denn Herrn der Lüfte der Anden.

Sonntag, 7. Juli 2013

Schulausbildung in Ecuador

In wenigen Tagen ist die Schule im Hochland zu Ende, nachdem während des Schuljahres plötzlich um zwei Wochen verlängert wurde, was wieder mal für viele Familien die Sommerpläne durcheinandergebracht haben. Aber kurzfristige Änderungen sind wir ja gewohnt. In der Vergangenheit war es oft der Streik der Lehrer, wenn sie mal wieder auf ihren Lohn 2 - 3 Monate verzichten mussten. Dann fiel die Schule aus, aber musste nachgeholt werden. In Extremfällen führte das dazu, dass die Kinder keine Sommerferien hatten. Das gehört aber mittlerweile der Vergangenheit an. Aber kurzfristige Änderungen, Verlegung der Ferien ohne Vorplanung für ein ganzes Schuljahr, das gibt es nach wie vor. Dennoch wird diesmal  Vieles grundlegend und berechenbarer geändert.

Da ist erstes der Beginn und das Ende des Schuljahres. Ecuador ist ein geteiltes Land. Die Küstenregion hatte ihr Schuljahr von ca. Ostern bis vor Weihnachten, während die Sierra und der Ostteil des Landes nach der Nordhalbkugel gingen mit langen Sommerferien von Juni/Juli bis Anfang Oktober. Dazwischen gab es kaum freie Tage, vielleicht einige an Weihnachten und die Karwoche. Die Schule zog sich ewig hin und die Eltern wussten nicht, was mit ihren Kindern in den langen Ferien zu tun.
Das wird jetzt geändert. Wir gehen weg von den Trimestern mit 3 Prüfungen in allen Fächern hin zu Semestern, also zwei Zeugnissen und Zwischenprüfungen. Früher war es klar: Erstes Trimester bis Weihnachten, zweites bis Ostern und dann bis Juni/Juli. Dafür gibt es jetzt nach der neuen Ordnung zwar an Weihnachten kaum noch frei, aber zwei Wochen Ferien im Februar. Und die Küste wird jetzt Stück um Stück an den Fahrplan des Hochlandes angeschlossen. Dieses Jahr fing die Schule dort erst im Mai an. Demnächst wird es einheitlich am ersten Montag im September losgehen und im Juni enden.
Die größte Änderung aber ist die Abschaffung einiger Schulabschlüsse. Ecuador hat das letzte Kindergartenjahr zum ersten Schuljahr deklariert, denn dort lernt man neben Farben auch Buchstaben und Zahlen. Dann 6 Grundschuljahre, Primaria genannt. Danach kommt die Secundaria, die weiterführende Schule, in sogenannten Colegios, für weitere 6 Jahre. Die ersten drei davon sind gemeinsame Ausbildung für alle. Einige Colegios bieten dann Berufsausbildung an, etwa zum Elektriker, Automechaniker, Schneiderin oder Landwirtschaft, entsprechend einer Gesellenausbildung. Die anderen Schulen bereiten für die Universität in drei Gruppen vor:
-    Chemie - Biologie: Damit kann man dann Chemie, Biologie, Medizin etc. studieren.
-    Mathematik - Physik für solche naturwissenschaftlichen Fächer in Richtung Ingenieure.
-    Soziale Fächer: Lehrerausbildung, Soziale Fächer bis hin zur Psychologie.
In der Praxis musste also ein Schüler seine Zukunft nach der 3 Klasse der Secundaria entscheiden und es gab wenige Änderungsmöglichkeiten.
Die moderne Ausbildungsentwicklung hat hier eine Änderung gefordert. Viele neue Berufe passen hier nicht mehr in dieses einfache Schema. So gibt es ab jetzt nur noch ein einheitliches Bachillerato, das alle ableisten müssen und dann alle Fächer studieren können. Das klingt gut und logisch, doch hat auch seine negativen Seiten:
Früher konnten schwache Schüler über den Zweig "Sociales" auch ihr hiesiges "Abitur" machen. Das wird jetzt für machen Schüler unmöglich. Und ohne Bachillerato kann man gar nicht anfangen, noch nicht mal Bote für eine Bank oder Firma sein und Post austeilen. Ein kleiner Anteil Schüler wird hier hinten runterfallen, weil er bestimmte Fächer die letzten 3 Jahre nicht abwählen kann und so das Bachillerato nicht schaffen wird..
Wie so oft hat eine Regierung gut überlegt und Entscheidungen getroffen, die in die richtige Richtung gehen. Ein Schüler der 9. Klasse sollte nicht endgültig sein Leben festlegen müssen. Aber am Angebot für die Leistungsschwachen und ihrer Chancen muss noch gearbeitet werden.

Freitag, 5. Juli 2013

Sicherheitkomitees in Quito

Die großen Städte Ecuadors sind nicht besonders sicher. In der Hauptstadt Quito sind es bestimmte Stadtviertel, die besonders heimgesucht werden. Es sind nicht nur Diebstähle auf der Straße. Es werden auch die kleinen Läden überfallen und die Kasse geraubt. Da gibt es Überfälle auf Busse in den Stadtrandgebieten. Und dann nicht zuletzt die Wohnungseinbrüche, unabhängig, ob jemand zuhause ist oder nicht. Deswegen sind die meisten Häuser nicht nur hermetisch verriegelt, sondern Stacheldraht und auf Mauern einbetonierte Glasscherben sollen schützen. Derzeit ist die große Mode der elektrische Zaun um Privatgrundstücke. Sicherheitsfirmen haben Hochkonjunktur, aber die kann sich nicht jeder leisten. Besucher wundern sich häufig, warum in Missionskrankenhäusern Wachpersonal patrouilliert. Unsere Patienten müssen für die Leistungen bezahlen und so wird Geld eingenommen. Wir sind ebenfalls schon überfallen worden.

Die Stadt Quito verfolgt seit 2009 ein eigenes Konzept der Sicherheit - eine Art Bürgerwehr.
In verschiedenen Stadtvierteln wurden einfache Bürger in Sachen Sicherheit an 10 Samstagen geschult. Danach bekommen sie nach einer Überprüfung ihrer Kenntnisse eine Berechtigung, in ihrem Stadtviertel für Sicherheit zu sorgen. Bei den Kursen geht es um Demokratieverständnis, Rechte und Pflichten und wie man kritische Gefahrenpunkte des Stadtviertels verändern kann. 42 % der Stadtbewohner fühlen sich nicht sicher. Bei den Kursen machen nicht nur Abenteurer mit, sondern auch mittleres und fortgeschrittenes Alter, Männer und Frauen mit. Viele von ihnen haben persönlich Diebstahl und Überfälle erlebt. Deswegen sind sie dabei.
Ziel ist, Komitees der einzelnen Stadtteile zu bilden und dort Sicherheitskonzepte auszuarbeiten. Wo sind neuralgischen Punkte? Was kann man zur Sicherheit ändern. Wie kann man zusammen mit der Stadtverwaltung und der Polizei das Verbrechen zurückdrängen? Die Regierung beteiligt die Bürger aktiv am Geschehen - eine sicher lobenswerte Einrichtung.
Aber es gibt auch kritische Stimmen dazu. In einigen Stadtteilen patrouillieren inzwischen selbsternannte Bürgerwehren durch die Straßen. Manche sind mit Besenstielen bewaffnet. Es sollen auch schon Waffen bei ihnen gesehen worden sein, was allerdings verboten ist. Manche verstärken die Polizei zu Fuß. Die Rechtslage ist klar. Solche Bürgerinitiativen schießen über das Ziel hinaus.
Mir macht die Angelegenheit aber doch ein wenig Angst. Von solchen Bürgerinitiativen ist es nicht weit von einem weiteren Ziel, das die Regierung schon des Öfteren angedeutet hat. Die Nachbarschaftshilfe. In jedem Stadtteil soll danach ein Bürgerkomitee sich um die Nöte der Mitbürger kümmern. Dieses Modell wurde auch in Kuba eingeführt und ist letztlich zu einem gut wirkenden Bespitzelungssystem herangewachsen, wo der Staat seine Bürger kontrolliert und Widerstand schon im Keim ersticken kann. Sind die ersten fast 2000 ausgebildeten Helfer der Stadtverwaltung in Quito dafür die Speerspitze?

Dienstag, 2. Juli 2013

Wunsch und Wirklichkeit - Strafvollzug in Ecuador

Rehabilitación Social = Soziale Wiederherstellung ist hierzulande der vielversprechende Name für den Knast. Doch immer wieder sterben Menschen darin, hören die kriegerischen Auseinandersetzungen nicht auf. Und die meisten werden per Schusswaffe von Mithäftlingen hingerichtet. Ca. 20 waren es in der letzten Zeit im ganzen Lande. Im Gefängnis zu sitzen, kann lebensgefährlich sein. Zwar hat der Staat viel Geld in die Renovierung und neue Gefängnisse gesteckt, aber der innere Krieg geht weiter. Im neuen Gefängnis "La Roca" in Guayaquil sind im Februar18 Gefangene einer Bande ausgebrochen. Die Hauptmauer haben sie mit Dynamit gesprengt, Danach kam nur noch eine Mauer aus Hohlblocksteinen, schön bunt war sie angemalt, aber mit einem Stiefel konnte man sie durchtreten. 14 der Ausreißer sind aber schon wieder zurück.
Die Polizei hat in der Verbrechensbekämpfung ordentlich dazugelegt. Das wird deutlich in der Drogenfahndung. Zwar gibt es überall im Lande noch Polizeikontrollen, auf deren Häuschen Drogenfahndung steht, aber es werden nur noch gelegentlich Wagen angehalten. Die Information wird vorher besorgt und dann bei der Kontrolle zugeschlagen. Und so steigt die Gefangenenzahl besonders vom Drogenhandel. Aber auf der anderen Seite läuft zu wenig.
Da hat man wieder einmal sämtliche Vollzugskräfte über Nacht ausgetauscht, die einen für teure Abfindung über Nacht entlassen und dafür neue von der Straße im Schnellverfahren zu Wärtern gemacht. Damit wurde sämtliche Korruption beendet - bis die neue anfing.
Wir besuchen in regelmäßigen Abständen einen Gefangenen in einem der ruhigsten Gefängnisse des Landes. Inzwischen kommen auch dort die Wächter mit Schnapsfahne zum Dienst und kassieren bei den Gefangenen ab. Während der Besuchszeit herrscht Frieden, doch danach wird wieder verteilt. Ansonsten herrschen die Gesetze des besonderen Marktes im Knast. Wer den Wächtern nicht ab und zu etwas abgibt wird gepiesackt. Wer aufmupft, verspielt seine Pluspunkte, mit denen er nach der Hälfte der Zeit bei guter Führung entlassen werden kann. Jedes Meckern kann dann 6 Monate länger bedeuten. Und wie sonst kommen Waffen, Eisenstangen etc. ins Gefängnis, wenn doch jeder Besucher, besonders Frauen einer ausgiebigen Leibesvisite mit Ausziehen unterzogen werden.
Wer willig ist, darf arbeiten, unser Freund als Schreiner. Aber andere achten darauf, dass er nicht zu viel lernt. Es gibt zwar Maschinen, die das Gefängnis stellt, aber wehe, etwas geht kaputt. Dann ist es ein langer Behördengang mit Überprüfung und das kann auch als vorsätzliche Schädigung ausgelegt werden - wieder Strafverlängerung. Also benutzt jeder die Maschinen der wenigen Gefangenen und die lassen sich das gut bezahlen, pro Stunde, pro Tag, je nach "Tarif". Und überall bestiehlt einer den anderen. Bestraft wird aber selten der Dieb, sondern der, bei dem weiterverkaufte "Ware" gefunden wird.
Da, wo Freundschaften entstehen, werden sie durch das System kaputt gemacht. Wer einen Knasti davon abbringt, weiter Drogen zu nehmen, bekommt es mit dem internen Verkäufer der Drogen zu tun, erhält zu einem Freund gleich einen Todfeind. 
Nein, der den Strafvollzug in Ecuador verbessern will muss bei dem Personal anfangen. Dort werden die eingeschmuggelten Waffen "übersehen". Dort herrscht Ungerechtigkeit, weil da kein stabiles, geschultes Personal vor Ort ist. Und es sollte bei den Richtern anfangen, die bei gleichen Straftaten zwischen 2 und 8 Jahren Haft verhängen. Die Justiz ist bei allem Bemühen noch korrupt. Und das ergibt sich zwangsläufig, wenn wir regierungsfreundliche Richter bestellen. Zwar wird bei Berufungen auf Fachwissen geprüft, aber an entscheidender Stelle sitzen Parteigänger der Regierung. Erst wenn die Justiz wirklich unabhängig ist, kann es gerechter zugehen - ein weiter Weg in unserem Land.

Sonntag, 23. Juni 2013

Das neue Mediengesetz ist in Kraft getreten

Jahrelang umkämpft, dann verschoben, aber nach dem Wahlsieg des Präsidenten und dem Beginn der neuen Legislative als erstes durchgepeitscht worden. Das neue Mediengesetz ist vom Parlamente beschlossen, vom Präsidenten ohne Änderungen unterzeichnet und wird nun im Gesetzblatt veröffentlicht. Die Regierung Ecuadors zementiert damit ihre Macht. Vertreter der UNO und viele andere haben versucht, dieses Gesetz zu ändern - ohne Erfolg.

Was wird nun anders? Es gibt eine Menge Beschränkungen für alle, die in den Medien tätig sind. Die wichtigsten davon sind:
1) Publikationen dürfen nur noch von Personen mit einem anerkannten Titel hergestellt werden. Seiteneinsteiger, die sich in Materien eingearbeitet haben, dürfen nicht mehr produzieren. Damit ist auch eine Kontrolle seitens des Staates besser gewährleistet.
2) Es wird eine Überwachungsbehörde eingeführt, die alle Kommunikation überprüft. Diese Behörde ist besetzt durch Repräsentanten der Regierung und lokalen Behörden.  Und da steckt die größte Unsicherheit. Wer bestimmt diese lokalen Vertreter? Die Idee ist einleuchtend. Geschehnisse und Berichte vor Ort müssen von Menschen dieser Region beurteilt werden. Aber bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen meint es wieder Regierungsvertreter vor Ort. Der Staat übernimmt praktisch diese Kontrollbehörde und hat damit das letzte Wort.
3) Jeder, der etwas veröffentlicht, ist persönlich dafür verantwortlich. Das ist sicher kein schlechter Ansatz. Zu oft konnte jemand irgendetwas behaupten und sich vielleicht dann am nächsten Tag in Kleingedrucktem dafür entschuldigen oder berichtigen, ohne dass jemand die Berichtigung überhaupt las. Das macht es aber in der Praxis und unter den gegebenen Umständen unmöglich, die Regierung und ihre Vertreter zu kritisieren. Alles kann negativ ausgelegt werden.
4) 60% der Produktionen müssen ecuatorianischer Herkunft sein. Das betrifft wohl in erster Linie das Fernsehen. Telenovelas und internationale Programme, vor allem aus den USA dürften deutlich reduziert werden, was ich nicht unbedingt als einen Verlust bezeichnen möchte. Damit fällt manche Zeichentrickserie weg, müssen sich Fernsehkanäle mächtig anstrengen, etwa ihr Nachtprogramm zu füllen. Es geht aber dann auch den Trend der Bevölkerung hin zu ausländischen Kanälen im bezahlten Fernsehen. Auf jeden Fall wird die Regierung in ihren Fernsehkanälen mit einem riesigen, staatlichen Finanzaufwand, diese Vorgaben erfüllen.
Was demnächst gegen die freie Presse ablaufen wird, haben wir vor wenigen Tagen am Beispiel einer Tageszeitung von Quito erlebt. Der "Defensor del Pueblo" einer Behörde, die eigentlich Bürger bei ihren berechtigten Forderungen gegen den Staat oder sonstige Institutionen vertreten soll, hat die Zeitung HOY gezwungen, sich beim Präsidenten zu entschuldigen und eine Nachricht zurückzunehmen. Eine Behörde für den "kleinen Mann" sieht ihre Aufgabe in der Präsidentenverteidigung.
Mich erinnert das alles an die These eines Buches des US-Amerikaners  William Dobson: "The Dictator´s learning curve". Er zeigt, wie in zentralistisch gelenkten Staaten wie Venezuela oder Russland, aber auch in anderen die neuen "Zaren" nicht mehr Menschen zu Tausenden beseitigen, nicht mehr viele in Gefängnisse abtransportieren, sondern bei günstigen Mehrheitsverhältnissen Gesetze ändern, dann aber gezielt gegen Gegner vorgehen, etwa gegen Aktivisten. Sie setzen ihre Macht ganz legal um.
Wir denken immer, Demokratie sei die einzige Herrschaftsform. Aber existiert sie wirklich? Sind die USA wirklich DIE Vorzeigedemokratie oder sind sie nicht auch in der Hand einiger weniger Medienkonzerne, gegen die es auch ein Präsident schwer hat. Die Mehrheit der Staaten in Afrika und Asien, aber auch in Südamerika, werden totalitär regiert. Bei einer Revolution löst eine Diktatur die andere ab, derzeit zu sehen in der arabischen Welt. Jedes Volk bekommt die Staatform, die es wählt. So auch in Ecuador.

Sonntag, 9. Juni 2013

Freud und Leid des Schnellen Geldes

Erdöl der die Nummer 1 der Einnahmen unseres Landes Ecuador. Wir haben unlängst einige Tage Urlaub in der Region im Ostteil des Landes südlich der kolumbianischen Grenze im Amazonaszuflussgebietes machen können. Ecuador hat Erdöl, aber es sind viele kleine unterirdische Erdölblasen, die durch Bohrungen angezapft werden, einige Mitten in einer Stadt wie in Shushufindi. Dann werden kleine Leitungen gelegt und irgendwo laufen die zusammen, um in einer Hauptleitung Richtung Küste abgepumpt zu werden. Aber es kann ja mal der Fall eintreten, dass die Hauptleitung unterbrochen ist. Dazu sind Zwischentanks eingerichtet worden. Wer entlang der Hauptstraßen fährt, inzwischen alle geteert, sieht zu beiden Seiten die vielen kleinen Metallleitungen, die zur schließlich großen Hauptpipeline führen.  Und die geht entlang des aktivsten Vulkans Ecuadors, dem Reventador, und dann über die Anden bis in fast 4000 m Höhe, weil durch einen Tunnel geleitet, dann über Quito bis zur Küste zum Ölhafen Esmeraldas im Norden des Landes. Dort wird unser schwarzes Gold verschifft. Ecuador hat eigene Schiffe angeschafft, um auch da möglichst wenig Gewinn abzugeben.
Am 31. Mai ist wieder einmal diese Hauptleitung gebrochen. Diese Pipelineführt an einem aktiven Vulkan entlang und geht durch schroffe Täler. Derzeit ist Regenzeit im Ostteil des Landes. Überall gibt es Schlamm- und Gerölllawinen und hier und da nehmen sie auch die Pipeline mit. Dann ergießt sich das Öl in die Landschaft, in Flüsse und Bäche, bis über Alarm durch Druckabfall der Zufluss gestoppt wird. Dann läuft eine hektische  Reparationsaktion an, denn sonst laufen die Reservetanks über.
1972 erstmals in Betrieb genommen, wies die Pipeline bisher 72 Risse auf. Das sind geschätzte knappe dreiviertel Million Barrels Rohöl, die in der Erde und den Flüssen Ecuadors verloren gingen. Da gibt es Seen, die seit Jahren keine Fische mehr haben.
Aber die Ölgesellschaften haben auch gelernt. Die großen Katastrophen geschahen in den 70-er und 90-er Jahren. Was heute geschieht ist nichts gegen die Katastrophen des Anfangs. Und doch ist die letzte Katastrophe schlimm für die Bewohner der unteren Flussabschnitte. Sie haben kein Trinkwasser mehr und werden durch Schiffe mit Wasser und Lebensmittel versorgt.

Aber wie immer gibt es auch Leute, die daran verdienen wollen, die auch das schnelle Geld zu erhaschen wünschen. Es sind die Anwohner solche eines Rohrbruchs. Die Landschaft muss meistens von Hand gesäubert werden. Dann lassen die Bauern der Gegend ihre Fincas liegen und arbeiten für ca. 800 Dollar Monatslohn für die Ölgesellschaft. Dieses Einkommen haben sie sonst nicht. Ganze Familien lassen in dieser Zeit alles im Stich und verdienen riesig. Das Problem kommt manchmal hinterher. Dass sind die Felder nicht bestellt worden. Die Ernte ist verdorben und sie fallen in ein finanzielles Loch und schreien nach staatlicher Hilfe für "Geschädigte der Erdölleitung".

Das schwarze Gold, das Ecuador so viel Segen zu bringen scheint, hat viele Schattenseiten. Ölarbeiter ändern die Kultur, dringen in bisher entlegene Gegenden ein. Das schnelle Geld verändert mehr als man oberflächlich sieht. Und im Gefolge ändert sich ein ganzes Land. Wird eine Schneise für eine Pipeline in den Urwald geschlagen, wächst die nicht einfach zu, sondern im Gefolge kommen "Colonos" ? Siedler, die dann das Land bebauen. Die Indianer werden weiter weg verdrängt, aber auch Gelegenheitsjobs zerstören die bäuerliche Lebensweise entlang der Hauptschlagader des Landes. Das schnell Geld war selten ein Segen für Viele.