Donnerstag, 8. April 2010

Wieder zuhause in Shell



Es war gar nicht so einfach, wieder nach Hause zu kommen. Im Oriente hat die Regenzeit begonnen und das sehr heftig nach langer Zeit mit wenig Niederschlag. So war die Straße durch mehrere Verschüttungen unpassierbar. Schließlich die erlösende Nachricht, dass jetzt frei ist, also nichts wie los. In der Sierra wenig Regen aber dann in Richtung Shell schüttete es in der Nacht wie aus Kübeln. Da sah man kaum die Straße. Aus den Bergen stürzten Bäche auf die Straße, die es vorher nie gegeben hatte. Ein Wasserfall schüttete nicht nur Wasser sondern auch Steine auf den Wagen. Eine Fahrzeuge zeigten hinterher zersprungene Frontscheiben. An einer Stelle war die Straße teilweise weggeschwommen, aber es gab am Rand einen Ausweich. Und schließlich direkt vor mir einen 3 Meter hohe Barriere aus Schlamm und Bäumen. Ende der Reise und Umkehr zu einem sicheren Wegabschnitt, denn es können noch mehr Schlammlawinen runterkommen.
Die wenigen Autos trafen sich dann an einer sicheren Stelle und ich habe die Nacht im Auto recht unbequem verbracht, da der Wagen hoch beladen war. Am nächsten Morgen wurde die Straße dann notdürftig geräumt und wir konnten als erste passieren. Es gab danach noch 5 weitere Stellen, an denen in der Nacht kein Durchkommen gewesen wäre.
Es tut gut, wieder zuhause zu sein. Ich, Eckehart, bin froh über die Bewahrung. Klaudia kommt später mit dem Bus nach.

Samstag, 3. April 2010

Ende des Einsatzes



2 Wochen Haiti, 2 Wochen Wiedersehen mit den Schwarzen hier. Wir haben nicht eine Hand voll weiße Haitianer in dieser Zeit gesehen. Es war eine erfüllte Zeit, nicht voller Arbeit, weil hier wirklich nicht mehr allzu viel zu tun war. Es war die Nacharbeit bei relativ wenige Komplikationen der insgesamt fast 400 stationären Patienten nach dem Erdbeben, die meisten davon operierte Patienten. Ca 10 von ihnen hatten wirkliche Schwierigkeiten wie Infektionen. Jetzt werden wir nicht mehr gebraucht aber trotzdem bleibt ein Loch. Wie geht es weiter.
Nebenbei haben wir erlebt, wie das hiesige Hospital normalerweise funktioniert. Da liegt eine Patienten fast 14 Tage wegen Diabetes im Hospital. Ihr Blutzucker schwankte über eine Woche lang so um die 400 mg% ohne wirkliche Therapie. Da kommen gynäkologische Patienten und sterben, weil man ihre Probleme viel zu spät erkennt. In Ecuador wäre der zuständige Arzt schon lange im Knast. Hier wird so etwas als normal hingenommen und keiner sagt etwas. Dabei versichern uns die Missionare, dass dieses Hospital noch den besten Ruf habe. Menschen in Haiti gehen nur in stationäre Behandlung, wenn es nicht mehr anders geht. Die Überlebensrate ist dann nicht mehr so hoch.
Wir haben es mit dankbaren Patienten zu tun, weil wir im Gegensatz zur sonstigen Versorgung jeden Tag da sind, sie selbst verbinden und die Therapie auch zwischendurch wenn nötig umstellen. Immer wieder hören wir dazu das "Mercí"! Jetzt aber werden wir nicht mehr wirklich gebraucht. Ein kleines Nachfolgeteam wird in etwas über einer Wochen aus den USA kommen.
Bis das Land aber wieder aus der Krise kommt, die Regierung und Verwaltung wirklich funktioniert, die Häuser wieder aufgebaut werden, die Zeltstädte der Parks, gesperrten Straßen und sämtlicher Grünanlagen der Stadt geräumt sind, da werden noch Jahre vergehen. Haiti braucht die Hilfe von außen noch lange, aber es muss mehr und mehr Hilfe zur Selbsthilfe werden, damit das Land den Weg des Fortschrittes von innen heraus machen kann. Und da können gut gemeinte Pläne von außen auch wieder in neue Anhängigkeiten führen.

Freitag, 2. April 2010

Yanel läuft wieder


Über 11 Wochen ist das Erdbeben von Haiti nun schon her und wir haben noch immer Patienten, die das Bett hüten müssen. Jetzt vor Ostern gehen die meisten anderen Patienten heim. Und nur wenige unserer "alten Patienten sind auf dem gleichen Weg. Für Yanel ist der Krankenhausaufenthalt erst einmal beendet. Er hatte einen völlig zerquetschten Unterarm, den wir mit äußerem Spanner behandelten, Jetzt sind sowohl die Weichteile geheilt, die Finger sind wieder beweglicher und auch der Knochen ist fast fest. Die Oberschenkelfraktur hatten wir nur mit Gips und Drähten geschient. Das schien einem Nachfolgeteam zu wenig und sie hab en eine Platte aufgesetzt, die jetzt infiziert ist. Trotzdem heilt der Knochen. Wir haben aber eine Kniegelenkskontraktur über 2 Wochen nun mit verschiedenen Gipsen behandelt. Jetzt ist das Knie fast gestreckt und er kann beslasten. Geplant ist die Plattenentfernung in wenigen Wochen. Dann kann der Knochen ganz ausheilen.
Aber es ist ein Wettlauf mit der Zeit, denn die Mutter des 11 - jährigen hat Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Der Tumor ist ausgebrochen und infiziert, die Lungen voler Metastasen. Sie lebt mit Morphium. Es ist eine Frage von wenigen Monaten. Dann muss Yanel seine Mutter pflegen.
Eine besondere Freude ist für die beiden das Radio, das wir ihnen geschenkt haben. Es sind Radios, die auf die 4 UKW - Frequenzen des hiesigen christlichen Radiosenders programmiert sind, haben Solarzellen zum Aufladen und diese Musik quakt nun Tag und Nacht durch die Räume des hiesigen Hospitales.
Das Radio braucht auch der 10 - jährige Johnny. Er hat nach lebensgefährlicher Blutung aus seiner schlecht heilenden Oberschenkelfraktur jetzt einen Becken - Bein - Gips und noch weitere 5 Wochen im Bett. Für ihn muss sine Mutter die Radiobatterien immer wieder in der Sonne aufladen. Er könnte längst nach Hause gehen, aber den Rest der Familie gibt es nicht mehr und sie wohnen weit weg. Das Haus ist ebenfalls zerstört. Für solche Leute laufen derzeit viele Hausbauprojekte an. Da müssen aber vorher Eigentumsrecht geklärt werden, jemand die Initiative ergreifen..... So blaibt Johnny erst einmal für weitere 5 Wochen im Hospital. Und wieder zeigt sich, dass die Witwen und Waisen am Schlechtesten dastehen.

Donnerstag, 1. April 2010

Neue Aussichten



Die Arbeit hier im Hospital wird jeden Tag weniger. Wir sind deutlich unterbeschäftigt. Deswegen nutzen wir die Zeit zur Vorbereitung eines neuen Auftrages: den Aufbau eines Zelthospitals für die Zukunft. Samaritian´s Purse (SP) hat uns ja schon im Januar gebeten, so ein Projekt zu planen.Seit Monaten haben wir Pläne zusammen gestellt. Das internet ist voller solcher Angebote, aber mit Bilderanschauen allein ist es nicht getan. Jetzt sitzen wir hier zusammen: Schwestern, Ärzte und Ingenieure und so sind wir dankbar für solch eine gemeinsame Zeit in der Abgeschiedenheit in den Bergen Haitis, die wir sonst nie gehabt hätten. Wir haben ein mögliches Zelt ausgewählt, Bilder im internet angesehen, mit der Firma telefoniert, aber es blieben viele Fragen offen. Jetzt fanden wir heraus, dass es solch ein Zelthospital hier in der Nähe von Port au Prince gibt und da sind wir gestern gewesen. Es hat unsere Erwartungen übertroffen, ist größer als geglaubt und besser verarbeitet als erwartet. Es steht in einer kleinen Stadt südlich der Hauptstadt in einer Region an der Küste, die extrem stark vom Beben betroffen war. Dort steht kaum noch ein Haus unbeschädigt. Eine us - amerikanische Organisation hat das 50-Betten- Hospital dort aufgebaut. Es soll ein beschädigtes Krankenhaus ersetzen und in wenigen Monaten an Einheimische übergeben werden. Derzeit ist aber wenig stationärer Bedarf, so dass einige Räume Lager und Apotheke sind, bis diese in Holzbauten ausweichen können, die darum herum errichtet werden. Und wieder und wieder sehen wir, dass sämtliche Nothospitäler Haitis mit Instrumenten der Firma Synthes aus der Schweiz ausgestattet wurden. Die haben für viele Hunderttausende von Dollar Material und Instrumente gespendet und scheinen die Einzigen gewesen zu sein, die sich auf diesem Gebiet engagierten.
Dieses Hospital hat drei mit einander verbundene Zelteinheiten, die je nach Bedarf eingerichtet werden können. Da passt alles vom OP bis zum Lager rein. Man kann es innerhalb von 12 Std. aufbauen und betriebsfertig haben. Jetzt haben wir das Gerippe. Derzeit planen wir die Inneneinrichtung - eine spannende Zeit. Und irgendwann werden wir dann in irgendeinem Teil der Welt bei einem Katastropheneinsatz sitzen und merken, was wir vergessen haben. Wo bekommen wir Wasser her? Wie filtern wir es? Was ist mit den Abwässer? Wo entsorgen wir unseren Müll, unseren Biomüll? Wie sieht es mit Diesel für den Generator aus? Das Zelt ist erst der Anfang eines langen Weges.

Mittwoch, 31. März 2010

Der Aufbau Haitis



Heute beginnt in New York die Geberkonferenz fer Vereinten Nationen für Haiti. Werden es 4 oder bis zu 8,3 Mrd. sein, die hier in das zerstörte Land fließen und wo wird das Geld des Wiederaufbaus wirklich landen? Was braucht das Land wirklich? Hier einige kleinere Anmerkungen aus unserer Sicht.
Es ist schon erstaunlich, wie schnell sich das Leben zu normalisieren scheint. Die Straßen sind voll, es gibt genügend zu kaufen. Aber die Preise etwa für Gemüse sind gewaltig. Wer kann sich das leisten?
Nummer eins ist das Wohnungsproblem. Jeder freie Platz in der Hauptstadt, jeder Park, ist zur Zeltstadt geworden. Dort stehen am Rand Toiletten, die täglich geleert und gereinigt werden, dort wir Wasser verteilt. Die Menschen dort kommen aus den Randbezirken der Stadt, wo besonders an den Berghängen ganze Stadtteile zerstört wurden. Dir schlecht gebauten Einzelhäuser sind dort aufeinender gefallen und eines hat das andere zerstört. Bis da aufgeräumt ist, Eigentumsrechte geklärt und wieder aufgebaut wird, bis dahin ist kein Geld mehr vorhanden.
Dann sind viele Behörden und Ministerien zerstört. Beim ihrem Bau verschwand wohl hier und da ein Sack Zement und auch mal Baustahl. Jetzt brach das alles zusammen. Daneben steht fast unbeschädigt ein Privathaus oder eine Bank. Da geht das Leben normal weiter. Jetzt funktioniert nicht nur die Verwaltung schlecht, es sind auch die meisten Aktenunterlagen zerstört. Das öffnet der Korruption erneut Tür und Tor.
Es sind überdurchschnittlich viele Schulen und Universitäten zerstört worden. Einer unser Übersetzer berichtete, wie er seine Freundin in der Ingenieur-Hochschule verlor. Dort ist ein 7-stöckiges Gebaude eingestürzt. 300 Studenten und Professoren haben ihr Leben gelassen. Da wurde auch ein tiefes akademisches Loch in die Gesellschaft gerissen. Das auszufüllen dauert Jahre.
Am schnellsten hat sich das Leben auf dem Land normalisiert. Dort findet längst wieder Unterricht in Zelten oder schnell errichteten Hütten statt. Dann werden sicher in einem Bauboom die Verwaltung und Ministerien wieder hergestellt werden. Bis aber die Zeltstädte in den Parks und Stadien verschwinden und die Häuser der Berghänge wieder aufgebaut werden, wird wohl längst alles Geld ausgegeben worden sein.
PS: Die Bilder einer Dorfschule sind von Hermann Schirmacher.

Dienstag, 30. März 2010

Ernstes zum Lachen



Von unseren Patienten gibt es nicht viel Neues zu berichten. Der Junge mit seiner Hirnverletzung ist auf dem Weg der Besserung. Allerdings funktionieren seine Augenmuskeln noch nicht richtig. Dafür ist er aber jetzt vermehrt auf den Beinen. Die anderen Patienten laufen zunehmend. Es geht voran und zwar ohne weitere Komplikationen. Neue Patienten nach Auto - und Motorradunfällen füllen die leer gewordenen Betten wieder. Aber insgesamt überarbeiten wir uns nicht. Dafür übergeben wir die Kranken mehr und mehr in einheimische Hände. Bei diesen Besprechungen kommen die Verletzungen des einheimischen Personals durch die Ausländer so langsam zutage. Es war nicht nur die Sprachbarriere, es war hier und da auch das selbstherrliche Auftreten Einiger in den ausländischen Teams, die die Haitianer verletzt haben. Aber sie haben es sich nicht anmerken lassen. Jetzt bitten sie höflich aber bestimmt, die Kontrolle wieder zu erlangen.
Dazu zum Lachen ein ernstes Thema am Rande: Geschenke an die Mission: In vielen Krankenhäusern Europas und Nordamerikas gibt es jemanden, der praktisch für Mission sammelt und so erhalten wir in Ecuador wie die Menschen hier in Haiti dann Container voller Spenden. Das zu sortieren und intern als Spenden in unserer Versorgung zu verbuchen kostet viele Arbeit nebenbei. Es tut weh zu sehen, dass da oft viel Unnötiges dabei ist, unbrauchbare oder abgenutzte chirurgische Instrumente, Dinge, die in Europa oder Nordamerika keiner haben will ..... all das landet für teures Transportgeld und Zollbearbeitung schließlich in einem Missionskrankenhaus, um dort die Lager zu füllen, bis einer mal den Mut hat, sie zu entsorgen. Aktuelles Beispiel in Haiti: OP-Kleidung aus den USA der Größe: 5XL. Haitianer sind zwar groß, aber nicht so dick. Zwei unserer Mitarbeiter haben es ausprobiert. Sie passte auch zu zweit in so eine Hose. Da hat wohl ein "edler" Spender seinen "Müll" in die Dritte Welt "entsorgt".

Montag, 29. März 2010

Ein Blick zu anderen Organisationen



Am Wochenende war Zeit, einmal über unseren Tellerrand hinauszuschauen. Wir haben die Stadt und zwei weitere Organisationen besucht. Da war zunächst "Mission in Hope", eine wohl neue us -amerikanische Mission. Sie haben vor wenigen Jahren mit einem Heim für Waisen angefangen, mittlerweile ca. 150 Kinder in verschiedenen Altersgruppen und bauen neben Schule und Kirche derzeit ein Krankenhaus auf. Sie haben außerhalb der Hauptstadt ein mehrere Hektar großes Gelände an der Küste, betreiben eine ambulante Klinik, haben aber das Labor schon nach dem Erdbeben zum OP umgebaut und auch schon Patienten operiert. Sie schwimmen in geschenktem Material, so dass sie ein ganzes Zirkuszelt damit füllen. Noch sind es wenige Amerikaner, die hier vielen Einheimischen Arbeit geben. Doch demnächst sollen Gruppen von Medizinern kommen und für eine Woche oder mehr Operationen der verschiedensten Fachgebiete durchführen. Dabei sollen aber auch haitianische Ärzte mitmachen und fortgebildet werden.
Anders als unser nun schon fast 50 Jahre bestehendes Missionshospital in den Bergen setzt diese Gruppe auf Begeisterung us - amerikanischer Gruppen, verbindet Waisen - Schul - und Gesundheitsarbeit mit Glaubensverkündigung und das sehr großzügig. Allein der Fahrzeugpark von ca. 20 meist neuesten und teuersten Geländefahrzeugen zeigt das an. Ich frage mich nur, wie man so ein Konzept auch noch in 5 oder 10 Jahren finanzieren kann, wenn sich einmal die erste Begeisterung der Spender gelegt hat. Und inwieweit gelingt es ihnen wirklich, einheimische Fachkräfte heranzubilden und mit einzubinden.
Das andere Extrem ist das Zelthospital des Jackson Memorial Hospitals der Universität von Miami am hiesigen Flughafen. Sie arbeiten dort mit immer ca. 200 amerikanischen Helfern, die im Schnitt eine Woche bleiben. Sie betreiben in Zelten OP-Saal, Intensivstationen für Erwachsene und Kinder und sonstige stationäre Behandlung. In ca. 3 Wochen wollen sie das Hospital auflösen und zurückkehren. Wöchentlich kommen zwei große Armeeflugzeuge aus Miami mit neuem Personal und Material. Es ist eine logistische Meisterleistung eines der größten Krankenhäuser der USA, die Helfer aus dem ganzen Land hier seit dem Erdbeben einsetzen. Das Ganze geht aber nur, weil Haiti so nahe ist. Wäre das Erdbeben etwa in Pakistan, sähe das ganz anders aus.
Wir haben am Wochenende wichtige Erkenntnisse gewonnen für den Aufbau des Zelthospitals von Samaritan´s Purse, um das wir gebeten wurden. Diese Woche werden wir neben der Arbeit weiter an diesen Plänen arbeiten.