Samstag, 4. April 2015

Der Schuldenberg steigt

Ecuador sucht neue Geldquellen. Die ehrgeizigen Pläne der Regierung unseres Landes, das Land voranzubringen, haben ihren Preis. Neben dem Straßenbau und anderen Infrastrukturmaßnahmen sind es vor allem die 8 Wasserkraftwerke, von denen bislang nur eines an Netz ging. Davon verspricht sich das Land auf dem Energiesektor mehr Einnahmen und auf der anderen Seite Kostenfaktoren zu reduzieren wie das extrem stark subventionierte Propangas. Wir haben mehrfach darüber berichtet. Aber auch neue Radaranlagen im Verteidigungsministerium sind im Plan. Damit will man die Drogenmafia bekämpfen, die Ecuador längst zu einem Umschlagplatz für ihre Geschäfte ausgebaut hat und letztlich mehr Schaden als Nutzen bringt. Durch den gefallenen internationalen Ölpreis ist die wichtigste Einnahmequelle geschrumpft. Also muss das Land für seine ehrgeizigen Ziele neue Schulden aufnehmen.
Die internen Reserven scheinen aufgebraucht zu sein. In erster Linie wurden Kredite von der Sozialversicherung aufgenommen. 12,5 Mrd. Dollar stammen hauptsächlich aus der Rentenkasse. Die fordert jetzt Rückzahlung. Vor allem bei den Rentnern kommt es zu Protesten. Wir haben von Lehrern gehört, die in Rente gehen wollen und laut Gesetz könnten, aber es wird ihnen verweigert. Ihre gesetzlich festgelegte Abfindung beim Ausscheiden aus dem Beruf, mit der viele Menschen dann nochmals ein neues, kleines Berufsleben anfangen mit etwa einem kleinen Geschäft, ist ihnen verweigert mit einer Zahlung von Staatspapieren, die sie erst in 10 Jahren einlösen können, wenn sie dann überhaupt noch leben.
Jetzt wurden vor wenigen Tagen die Zölle für Importe drastisch erhöht.
Derzeit untersucht eine Kommission, wie man Steuerschulden von Firmen schneller eintreiben kann und hofft in diesem Jahr auf eine halbe Milliarde Dollar.
Jetzt sucht das Finanzministerium weitere Kredite im Ausland. Die internationale Entwicklungsbank wird eine knappe Milliarde geben. Mit der Deutschen Bank wurde dieser Tage ein Kredit von 88 Millionen vereinbart. Südkoreanische, thailändische und vor allem chinesische Geldinstitute und große Firmen stehen in der Liste der 36 Geldquellen für Ecuador in diesem Jahr. Sogar Goldmann und Sachs aus den USA sind dort zu finden.
Dennoch sind die Ergebnisse mager. In 3 Monaten hat das Land erst 20% seiner gewünschten Kredite vertraglich vereinbaren können. Das Land wird sich mehr und mehr verschulden und das bei internationalen Banken.
So etwas hatten wir schon einmal. Die letzte große Wirtschaftskrise mit praktischem Staatsbankrott war erst in der Jahrtausendwende. Damals haben internationale Geldgeber das Land mit harten Sparmaßnahmen gerettet. Den Preis hat hauptsächlich die arme Bevölkerung und die Mittelschicht bezahlt. Jetzt geht es wieder in die gleiche Richtung. Die Regierung ist aber viel fester im Sattel als damalige Regierungen. Die Korruption scheint auch wieder zuzunehmen, wie bei jeder langfristigen Regierung. Was uns aber Sorgen bereitet sind Schulungsarbeit der Regierung hauptsächlich in ländlichen Gebieten, in der pure Propaganda auf Staatskosten läuft und das mit zunehmende Verschuldung bei privaten Banken. Gehen wir wieder den gleichen Wegwie zur Jahrtausendwende? Gehen wir den griechischen Weg?

Mittwoch, 25. März 2015

Die Entscheidung ist gefallen

Es sind fast 2 Jahre vergangen, seit wir wissen, dass das Hospital Vozandes del Oriente in Shell geschlossen wurde Fast 2 Jahre haben wir gewartet und die Menschen vertröstet. Jetzt ist das Gegenteil geschehen. Es drängt die Zeit.
Die Ölgesellschaft, die uns im Oktober im Stich gelassen hat, ist nach eigenen Aussagen 4 1/2 Monate mit Straßen - und Wegebau im Yasunipark beschäftigt gewesen. Auf Präsidentenerlass wurden alle anderen Arbeiten erst Mal verschoben und dort die Erdölförderung vorbereitet. Jetzt haben sie nach getaner Arbeit wohl ihr Geld bekommen mit der Weisung, das in ein Hospital ihrer Wahl zu investieren. Derzeit sind es wohl eine knappe Million Dollar.
Heute war Sitzung im Gesundheitsministerium und man gab ihnen 30 Tage Zeit, um mit einem Neubau zu beginnen.  Und wir als zukünftig Trägerorganisation müssen unseren Arbeitsplan vorlegen. Geplant ist ein 50 Betten Hospital mit 8 Facharztrichtungen.
Die Baupläne sind bereits gemacht und staatlich akzeptiert. Darum müssen wir uns nicht kümmern. Manches wird anders sein als wir es gedacht haben, aber sicher sinnvoll. An Einzelheiten müssen wir noch feilen. Sicher sind Änderungen nötig, aber dazu brauchen wir erst die genauen Blaupausen.
Das staatliche Krankenhaussystem will uns nun seinen Stempel aufdrücken, in denen Fachärzte das Geschehen bestimmen. Das wollen wir ändern. Allgemeinmedizin soll im Mittelpunkt stehen, weil sie einfach kostengünstiger ist und den Patienten ganzheitlich sieht. Die Fachärzte sollen dazukommen wenn immer nötig. Außer bei wirklichen Notfällen werden sie konsiliarisch dazu gebeten werden.
Beispiel: Eine Geburt: Der Gynäkologe will natürlich Geld verdienen und ein Kaiserschnitt bringt mehr Geld als stundenlang auf eine natürliche Geburt zu warten. So steigt die Rate der Kaiserschnitte in privaten Hospitälern in den großen Städten auf über 80%. Die anderen 20% sind Frauen, die einen Kaiserschnitt ablehnen oder das Kind kommt, bevor der Arzt erscheint.
Ähnliches erleben wir in der Unfallchirurgie, wo Unterarmfrakturen bei Kindern und Jugendlichen oft operiert werden, was gar nicht notwendig ist.

Und noch etwas enthält der Plan nicht: eine Kapelle.
Für uns ist klar, dass sie integriert werden und der erste Teil der Bauarbeiten sein muss. Wir wollen Gott in den Mittelpunkt stellen und ein missionarisches Hospital sein.
Jetzt geht alles ganz schnell. Wir beginnen diese Zeit mit einem Tag des Fastens und Betens, damit wir uns nicht durch die Ereignisse überrollen lassen. Dank für alle Begleitung!

Donnerstag, 12. März 2015

Kulturmischung in Quito

Seit kurz vor der Jahrtausendwende erleben wir starke Verschiebungen in der ecuatorianischen Bevölkerung, vor allem abzulesen in den großen Städten. Damals befand sich der Flughafen Quitos noch mitten in der Stadt und es hingen Trauben von Menschen am Flughafenzaun, um ihren Familienmitgliedern "Auf Wiedersehen" zuzurufen auf dem Weg nach Spanien und Italien, denn dort gab es Arbeit. Es waren häufig Menschen aus dem trockenen südlichen Hochland. Die Landwirtschaft dort lohnte sich nicht mehr. Menschen suchten ihr Heil anderswo, lebten dort unter primitivsten Bedingungen, schufteten hart. Viele Ehen und Familien zerbrachen, aber es wurde Geld in die Heimat geschickt und dort für die Zukunft schicke Häuser auf der grünen Wiese gebaut. Dieser Traum zumindest in Spanien ist längst zu ende geträumt und viele kamen und kommen wieder zurück.
Inzwischen boomt die hiesige Wirtschaft, vor allem auf dem Baumarkt. Also gibt es Arbeit. Überall in Quito und anderswo schießen Hochhäuser in die Höhe. Experten sagen, dass diese Blase bald platzen wird.
Und immer noch aktuell sind die Auswanderungen von Ecuatorianer in illegaler Weise mit Schlepperbanden Richtung Mexiko und den USA. Immer wieder hören wir von Ermordungen auf dem Weg, Ausrauben und schließlich Deportierung nach Hause.

Seit vielen Jahren sind es die Kolumbianer, die hier Geschäfte betreiben. Grund ist, dass viele Kolumbianer geschäftstüchtiger sind. Dazu kommt die Guerilla in der Heimat, die viele in ruhigere Gegenden vertrieben hat.
Die nächste Welle waren und sind die Kubaner. Sie dürfen seit einiger Zeit legal ausreisen und kommen in Scharen. Da sind die Ärzte, die der Staat eingestellt aus Mangel an eigenen Medizinern und bezahlt dafür viel Geld an Kuba. Aber auch Ärzte und andere Akademiker verlassen die Insel Richtung Ecuador, da sie hier wesentlich mehr verdienen und weniger Beschränkungen zu beachten haben.
Seit kurzem sind es die Venezolaner, die nach Ecuador reisen, manche unter dem Vorwand als Touristen und bleiben dann hier. Allein in Quito sind ca. 10.000 Menschen von dort sesshaft geworden. Neben kolumbianischen Restaurants und kubanischen kommt jetzt die venezolanische Küche in Quito in Mode. Es entstehen Kulturinseln, wo sich die jeweiligen Landsleute treffen und austauschen. Es sind zumeist gut ausgebildete Kräfte, die hier eine eigene Firma aufbauen.
Von den Touristen, die nach Ecuador kommen, steht Kolumbien an erster Stelle mit rund einem Viertel, gefolgt von den USA mit 17%, Peru mit 11 % und Venezuela mit knapp 8%. Aber Venezolaner bleiben derzeit am häufigsten hier.
Grund sind die wirtschaftlichen Verhältnisse dort. Manchen sind Ölarbeiter, die jahrelange Erfahrung besitzen und hier neue Möglichkeiten suchen, besonders nach 2003, als in der staatlichen Ölgesellschaft Venezuelas gestreikt wurde und danach 19.000 Techniker und Ingenieuren gekündigt wurde.
Aber auch die hiesigen Universitäten verzeichnen einen leichten Anstieg von Studenten aus dieser Karibikregion.
Es ist nicht in erster Linie das Geld, das Venezolaner vertreibt. Es ist in erster Linie die Unsicherheit zu hause, die einem Geschäft schadet. Was sind die nächsten Beschränkungen des Marktes? Wo schlägt die dortige Regierung jetzt wieder mit Restriktionen zu? Und dann ist es die Kriminalität, die derzeit besonders in den Städten Venezuelas schlimm sein muss.
Ecuador ist ein sozialistischer Bruderstaat mit guten Beziehungen zu Kuba und Venezuela. Also kommen sie und viele bleiben, was in manchen Stadtteilen schon zu Konflikten mit der dortigen Bevölkerung führt. Auch Ecuatorianer werden dann neidisch. Doch zu wirklich kritischen Konzentrationen der "Ausländer" ist es noch nicht gekommen. Aber es könnte in Zukunft geschehen. Denn auch wenn wir sie alle angeblich die gleiche Sprache sprechen, die Unterschiede in der Kultur und Sprache sind größer als man es von Europa aus meinen könnte.

Mittwoch, 11. März 2015

Die Preise steigen

Dass der ecuatorianische Staat Geld braucht, ist kein Geheimnis, ist doch der internationale Ölpreis erst einmal im Keller mit wenig Aussicht auf kurzfristige Besserung. Also sucht man nach Auswegen. In typisch sozialistischer Manier werden deswegen jetzt die Einfuhrzölle teilweise drastisch erhöht. Ab jetzt gelten Zusatzzölle für fast 3000 Artikel von bis zu 45 %. Manche Artikel werden dadurch mit bis zu 90 % insgesamt belastet.
Das sind in erster Linie Fleisch, Früchte, Wein, Bier und Schnäpse, dann Werkzeuge, Herde, Kühlschränke und Teppiche aber auch Baumaterialien wie Kacheln und Keramikartikeln.
Die offizielle Begründung ist der Schutz der eigenen Wirtschaft, denn das meiste stellt das Land selbst her, also soll das geschützt werden. Der wahre Grund ist aber, dass der Staat höhere Einnahmen für seine ehrgeizigen Projekte benötigt. Denn noch mehr Schulden sind schwierig zu erhalten. Mit China sind wir bereits bis an der Schmerzgrenze verschuldet. Das andere Ausland, besonders Nordamerika und Europa hat aufgrund der politischen Differenzen, den Geldhahn schon lange zugedreht.
Was wir jetzt erleben ist eine typische neue Etappe in sozialistischen Regimen:
2007 kam es zu einem enthusiastischen Neuanfang. Der gesamte Staat einschließlich der Verfassung wurde geändert. Große Projekte wie Straßenbau und Kraftwerke zeigten Erfolge.  Der Staat regelte und kontrollierte nach und nach alle Bereiche des Lebens. Vieles davon war notwendig und begrüßenswert. Dann aber merkten wir, wie mit zweierlei Maß gemessen wurde. Für staatliche Behörden und Dienstleistungen wurden die strengen Regeln mit vielen internen Ausnahmen geduldet.
Jetzt soll angeblich die einheimische Wirtschaft in vielen Bereichen geschützt werden. Also werden Importe teurer. Das wird aber mehrere negative Effekte auslösen, denn nun werden auch die einheimischen Produkte teurer werden. Die nutzen den Effekt sicher aus. Also wird sich das Leben insgesamt verteuern. Im Gegenzug muss der Staat jetzt einzelne Geschäfte kontrollieren, warum die Preise wirklich steigen. Solche Kontrollen wurden von Anfang an angekündigt.
Und die Praxis solcher Schutzzölle zeigt in aller Welt, dass sie der einheimischen Wirtschaft nur in Ausnahmen helfen. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Nur wer gute Qualität produziert und das zu einem konkurrenzfähigen Preis, kann auf Dauer bestehen. Die jetzigen Schutzzölle werden also auf Dauer eher ein Schuss nach hinten sein.
Und schon jetzt protestieren unsere Nachbarn. Peru wird sein Fleisch und sein Gemüse nicht mehr bei uns los, Chile wird weniger Äpfel und Trauben liefern. Das führt zu Spannungen.
Dass diese Maßnahmen, wie beschlossen auf 15 Monate begrenzt sein sollen, ist ebenfalls fraglich. Denn wenn erst einmal mehr Geld in die Staatskasse gespült wird, man spricht von bis zu 8,5 Mrd. Dollar, wird wohl den Durst des Finanzamtes eher erhöhen als stillen.

Samstag, 7. März 2015

Ein anderer Geist

Unsere Zeit der Operationen der behinderten Kinder, meist durch frühkindlichen Gehirnschaden, ist beendet. Wir haben wieder Mal 25 Kinder in zwei Wochen operiert, bei 70 anderen den nichtoperativen Therapieplan festgelegt. 6 Personen aus St. Paul, Minnessota, 4 aus Chile, 2 aus Brasilien und 4 aus Ecuador waren versammelt und haben wie ein Team zusammen gearbeitet. Es sind neue Freundschaften entstanden und neu gefestigt worden. Vor allem haben mehr Ecuatorianer das Behandlungskonzept verstanden. Der Plan ist, die Kinder in ihrer Entwicklung so wenig wie möglich zu operieren, sondern wegen der Spastik die Fehlentwicklung des Skelettes vorauszusehen und entsprechend rechtzeitig in richtige Bahnen zu lenken. Es geht nicht um eine Op jedes Jahr, sondern so wenig wie möglich zur richtigen Zeit der körperlichen Reife.
Dieses Konzept, das weltweit Schule gemacht hat, wurde von Dr. James Gage entwickelt. Er hat es zu uns gebracht. Letztes Jahr konnten wir aus missionsinternen Gründen das Programm nicht abhalten. Jetzt wurde es mit der Genehmigung der Gesundheitsministerin wieder eröffnet. Die Ärzte aus dem Ausland kamen wieder und wir haben neue Wege beschritten. 
Dieses Jahr haben wir 3 neue ecuatorianische Ärzte in das Team integriert, die aus verschieden Städten des Landes mit dabei waren. Zwei Wege überzeugte. Der eine die Qualität der Operationen, die sie erstaunt hat. Aber genauso wichtig sind die Freundschaften, die entstanden sind.  Denn an den Abenden nach den Operationen saßen wir bei einer Flasche chilenischem Rotwein zusammen, um über die "wissenschaftlichen und menschlichen" Probleme dieser Patienten und Angehörigen zu sprechen. Einige unserer Mitarbeiter sind aus Chile. Auch sie haben das gleiche Problem, neue Mitarbeiter zu überzeugen. Also kommen die auch mit zu uns. Zwischendurch gab es einen Samstag beste wissenschaftlichen Vorträge und Fallbesprechungen, die wir nächstes Jahr in eine Universität verlegen werden.
Patienten kamen genug, wie immer auch aus dem Ausland, aus Chile und dem Norden Perus. Während die Behinderten aus Ecuador meist staatliche Versorgung haben, müssen Patienten aus dem Ausland selbst bezahlen.  Und da scheiden sich die Geister.
Das Personal im Hospital Vozandes ist begeistert und mit ganzem Herzen bei diesem Programm. Wir dürfen einen Operationssaal für diese Tage für uns belegen. Kurzfristige Änderungen im Programmablauf waren nie ein Problem. Die Anästhesie machte bereitwillig mit, andere Überstunden, wenn wir nicht rechtzeitig fertig wurden. Die Pastoren besuchten die Patienten und Angehörigen auf Station, um ihnen die richtige Begleitung zu geben, denn viele Elternehen solcher Kinder werden wegen die besonderen Belastung geschieden. Es ging ein Ruck durchs Krankenhaus. Es wuchs ein Team wieder zusammen.
Doch die Kehrseite der Medaille war die finanzielle Verwaltung. Seit einigen Monaten ist das Hospital unter nationaler Verwaltung. Ein Hilfsfond für arme Patienten wurde erst einmal bis auf Weiteres abgeschafft. Selbst eine junge Patienten, die sozial versichert ist, wurde abgelehnt, weil sie selbst mehr bezahlen kann als die Sozialversicherung dem Hospital bringen würde. Sie hat eine einseitige Beckenumstellung, die es sonst in diesem Land nicht gibt, aus eigener Tasche bezahlt. Für die armen Patienten bezahlen wir aus eigener Tasche, aber auch da gab es Ärger. Geld oder Entlassung! Selbst da müssen wir persönlich bürgen und in diesem Moment unterschreiben. Man ist mit uns als Exmissionaren noch "großzügig".
Im Gegensatz zu früher ist es erniedrigend. Das Vertrauen ist hin.
Der Geist der Hilfe und des sozialen Engagements ist unter einheimischer Leitung aus diesem Missionskrankenhaus verschwunden. Den vielen Mitarbeitern auf Station, den Pastoren, dem OP-Team etc. etc. geht es ähnlich. Auch sie wissen um diese Änderung. Es scheint nur noch das Geld zu zählen.  Die Vorbesprechungen waren anders. Zwischendurch wurden die Regeln geändert. Es tut einfach nur weh. Wir hoffen dennoch, dass wir nächstes Jahr wiederkommen dürfen.
20 Jahre ist dieses Programm nun alt. In dem Moment, in dem endlich nationale Ärzte anbeißen und begeistert sind, merken wir, das der Geist der Missionare von einst das Gebäude verlassen haben. 

Donnerstag, 5. Februar 2015

Monokulturen in Gefahr

Ecuador ist ein Land mit viel Reichtum an fruchtbarem Boden und das in den Tropen. Folge ist, dass das Land zu einem Großteil von der Landwirtschaft lebt. Nicht umsonst ist Ecuador der Bananenexporteur Nr. 1 weltweit.
In den letzten Jahren hat sich der Anbau der Ölpalme riesig ausgeweitet. Es wurde eine Straße aus dem Hochland zur Nordküste Kolumbiens gebaut, eine der wichtigsten Straßen auch für den illegalen Transport von Kokain durch unser Land und per Schiff oder Flugzeug nach Nordamerika. Diese Straßen hatte lokal den Effekt, dass die bisher im Dornröschenschlaf befindliche Küste total umgestaltet wurde. Quadratkilometerweise wurden die Wälder abgeholzt - aller staatlicher Kontrolle zu Trotz und dafür wurde die afrikanische Ölpalme angepflanzt und das in riesigen Plantagen. Multinationale und nationale Konzerne produzieren dieses Öl für Margarineherstellung aber auch Öle bis hin zu Schmierfetten oder in die Kosmetikindustrie. Kaum jemand war gegen diese Industrialisierung des Urwaldes, denn die Menschen vor Ort hatten plötzlich Arbeit. Der Reichtum brach über Nacht herein mit allen positiven und negativen Begleiterscheinungen. Über 280.000 ha Land waren 2013 mit Ölpalmen bebaut mit  2, 6 Mio.. Tonnen jährlicher Ernte. Dieses Wachstum hat jetzt einen plötzlichen Knacks durch eine Krankheit bekommen. Diese Plage ist noch immer nicht geklärt. Sind es Bakterien oder Pilze? Es scheint auch mit dem Boden zusammen zu hängen und eigentlich ist die Krankheit schon seit mindestens 1964 im Kongo beschrieben worden. "Pudrición del ogollo" nennt sie sich auf Spanisch und beschreibt einfach nur, dass die Pflanze oben an der Spitze abstirbt. Manche wenige Bäume erholen sich, andere sterben komplett ab. So eine Krankheit ist bislang noch nicht zu beherrschen und so werden derzeit riesige befallene Plantagenflächen gerodet. Die Produktion der Ölpalmen in Ecuador sinkt.
Viele Plantagen stellen derzeit die Produktion um. Kakao ist der Renner.
Der Höhepunkt der afrikanischen Ölpalme ist hier wohl überschritten. Das Gleiche passiert derzeit aber auch in Kolumbien und Mittelamerika und zwar aus gleichem Grund.
Doch was wird die Folge sein? Die Banane hat ein ähnliches Problem. Die schwarze Fäule ist ebenfalls nur schwer zu bekämpfen. Dagegen gibt es aber Spritzmittel. Bei der Ölpalme nicht. Der Kakao ist wenig gefährdet, aber warum? Kakao bauen derzeit viele kleine Bauern auf ihren Feldern an, umgeben von anderen Früchten. Es gibt nur wenige große Kakaofelder. Deswegen sind sie geschützt. Wenn jetzt riesige Kakaoplantagen entstehen, werden wir mit Sicherheit in wenigen Jahren eine großes Kakaoproblem haben.
Wann werden große Agrargesellschaften endlich verstehn, dass das Heil nicht in riesigen Monokulturen besteht? Die Entwicklung schreit regelrecht nach Mischkulturen und Abwechslung, wie es das natürliche Vorkommen in der Vegetation ist. Dann können sich Krankheiten nicht flächenmäßig ausbreiten. Geld und rascher Gewinn macht eben blind.

Das staaliche Sozialsystem IESS

Dieser Tage wurden die neuen Prognosen für das hiesige staatliche Sozialwerk IESS veröffentlicht. In Ecuador ist es eine Institution, die sowohl das Thema Gesundheit als auch Renten, Arbeitsunfälle abdeckt und dabei auch und die Landarbeiter versichert.
5,71 % des Lohnes steuert der Arbeitgeber zu, bei der Rente 9,74 % sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer, 0,55 % der Arbeitgeber für Arbeitsunfälle. Zusätzlich geht 1% für den Versicherung der Campesinos, der Landarbeiter, wobei der Staat dort auch mit hilft, da diese ganz geringe Beiträge erreichten. Daneben kann man sich bei dieser Institution Stipendien etwa für die Universitätsausbildung ausleihen, Kredite für den Hausbau aufnehmen und anderes mehr. Es ist also eine vielschichtige Versicherung.

Unsere sozialistische Regierung hat große Anstrengungen unternommen, dieses System attraktiv zu machen. Die Qualität auf dem Gesundheitswesen ist enorm verbessert worden. Neue Krankenhäuser wurden gebaut, alte renoviert und besser ausgestattet. Auf der anderen Seite werden Verstöße gegen Beitragszahlungen als krimineller Akt geahndet, sprich die Einzahlung streng kontrolliert.

Doch so ganz funktioniert das System immer noch nicht wie auch in der Vergangenheit. Dieses Jahr wird im Gesundheitsbereich mit fast 1 Mrd.. Defizit gerechnet. Was ist die Ursache? Nun in erster Linie sind die medizinischen Leistungen gestiegen. Mehr Personal, mehr Leistungen kosten mehr Geld. Dazu sind in den letzten Jahren auch automatisch Kinder mitversichert, ohne dass die Quoten erhöht wurden.
Das Entscheidende aber ist der wenig effektive staatliche Apparat. Man setzt in der Medizin auf Spezialisten. Statt eines Hausarztes, bei dem die Fäden zusammenlaufen gibt es hochspezialisierte Fachärzte, die ihrerseits den Rat anderer Fachkollegen einholen müssen, bevor behandelt wird. Das bedeutet viel Zeit für den Patienten und viele Kosten. Es gibt wenige Allgemeinmediziner, die die Koordination übernehmen könnten und sollten. So verteuert sich das System automatisch.

Die Rentner zahlen wenig ein, verbrauchen aber einen Großteil der medizinischen Leistungen.

Und zuletzt hat der Staat die Rentenkasse geplündert. Ähnlich wie in den USA hat der Staat sich von dort mit Kredite bedient. Und da wird es schwierig werden. Bei einerseits den ehrgeizigen Investitionen in der Infrastruktur des Landes, andererseits dem niedrigen Ölpreis von unter 50 Dollar pro barrel ist die Rückzahlung problematisch. Die Rentner fordern schon seit einiger Zeit Verbesserungen und demonstrieren vor der Verwaltung in Quito.                                                                                                                                                                                                                                       

So hat die Regierung jetzt Pläne, die Beiträge der Sozialversicherung insgesamt zu erhöhen.

Als Resumee bleibt festzuhalten, dass eine staatliche Institution, die sich selbst kontrolliert ein Fass ohne Boden ist. Wir wissen von Diebstahl der Medikamente, von Geräten, die nicht funktionieren und die Patienten zum gleichen Arzt, der um das Hospital eine Privatpraxis besitzt, geschickt werden. Deswegen sehen wir auch über die vielen Jahre, die wir das Sozialnetz Ecuadors beobachten, auch wenig Verbesserung. Durch die Fortschritte der letzten Jahre aber sind die Menschen hier auch viel anspruchsvoller geworden. Das wird auch in Zukunft so bleiben.