Samstag, 12. Februar 2011

Ecuadors Exporte steigen

Ecuador hat derzeit vier große Bereiche, in denen die Exportwirtschaft wächst und es ist das wirtschaftliche Rückgrat des Landes. Denn insgesamt sind die Importe bei weitem stärker gestiegen und das Außenhandelsdefizit steigt besorgniserregend. Deswegen hat die Regierung jetzt einen Importstop für verschiedene Güter beschlossen. Einzelheit warten auf die Veröffentlichung. Es soll aber besonders die Konsumartikel treffen, was der einheimischen Wirtschaft helfen soll.
Nummer 1 und damit über die Hälfte der Exporteinnahmen stammen aus dem Erdöl. Diese Einnahmen schwankten stark von 7,5 Mrd Dollar 2007 über mehr als 10,5 Mrd. 2008 auf 6,3 Mrd. 2009 und fast 9 Mrd. Dollar letztes Jahr. Grund sind einerseits der schwankende internationale Ölpreis aber auch die zunehmende Übernahme der Ölquellen im Amazonastiefland durch die einheimische Petroecuador. Ausländer ziehen sich zunehmend zurück, Verträge wurden abgebrochen. So ist die Förderung insgesamt zurück gegangen, aber die Einnahmen für Ecuador gestiegen. Dieser Wirtschaftsbereich wird in den nächsten Jahren nicht weiter zunehmen, es sei denn, der internationale Ölpreis explodiert erneut. Ecuador lebt zu einem Großteil vom Öl und das macht bekannterweise einen die Menschen auf Dauer eher faul als ideenreich und fleißig. Öl ist der schnelle Reichtum ohne viel Anstrengungen.
12% des Exportanteils erwirtschaftet das Land am Äquator mit Bananen und ist damit weltweit führend. Das letzte Jahr brachte eine Steigerung und die 2 Mrd. - Grenze der Einnahmen wurde überschritten. Dabei kam die Weltwirtschaft der Küstenregion zu Hilfe, denn die Produktion war leicht gesunken. Wetterbedingte Missernten in Mittelamerika hatten den Weltmarktpreis in die Höhe getrieben. Die Kiste Bananen, normalerweise bei 5,40 Dollar, wurde für über 10 Dollar verkauft. Ecuador hatte viel weniger unter schwierigen Witterungsbedingungen zu leiden als andere Länder.
5% der Exporteinnahmen kommen aus der Krabbenindustrie, die 2010 auch kräftig zulegte. Für 828 Mio. Dollar exportierte das Land in alle Welt. Auch hier war der Weltmarktpreis überdurchschnittlich hoch, aber es kamen Konkurrenzvorteile durch Neuzüchtungen größerer Krabbenarten hinzu.
Weiter legten zu der Export von Kaffee, Fischprodukten und Säften und Fruchtkonserven. Diese Bereiche spielen volkswirtschaftlich allerdings eine untergeordnete Rolle. Zunehmende Bedeutung zeigt aber vor allem die Blumenindustrie des Hochlandes um Quito. Doch da liegen die offiziellen Zahlen leider noch nicht vor.
Unterm Strich zeigt sich in Ecuador eine positive Entwicklung seiner Wirtschaft ab. Das Petroleum ist zwar immer noch Haupteinnahmequelle, aber der Anteil sinkt langsam und stetig, ist hauptsächlich vom Weltmarkpreis bestimmt. Aber die Quellen sprudeln nicht ewig. Da ist der Höhepunkt überschritten. Das geringer werdende schwarze Gold wird aber mit Sicherheit in der Zukunft teurer verkauft werden. Viel wichtiger sind aber die arbeitsintensiven Wirtschaftsbereiche der Landwirtschaft: Blumen, Bananen, Krabben. Dort finden Menschen Arbeit, bemüht man sich um bessere und preiswertere Produktionsmethoden und passt sich den Wünschen der Kunden in aller Welt schnell an. Darin liegt die Zukunft und Ecuador ist damit auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig.

Samstag, 5. Februar 2011

Rosita läuft ohne Gehstützen


Eineinhalb Jahre ist es her, dass die damals 9 - jährige Rosita nach Schlangenbiss als Notfall zu uns ins Hospital kam. Sie war zu spät gekommen. Die Muskeln des Unterschenkels waren bereits abgestorben und wir mussten sie als lebensrettende Maßnahme amputieren. Das hat die ganze Familie in einen Schock versetzt. Besonders die Mutter reagierte damals hysterisch. Ihre Welt war zusammen gebrochen. Inzwischen haben sich natürlich alle daran gewöhnt. Es sind eineinhalb Jahre ins Land gegangen. Was ist in dieser Zeit passiert?
Die Familie hat den Urwald verlassen und wohnt in der Nähe von Shell. Wie so häufig sind es eine schwere Krankheit und die Zeit, die Menschen bis zur Genesung hier verbringen, um neue Kontakte zu knüpfen. Inzwischen sind die Eltern Hausmeister in einer Schule und wohnen in einem kleinen Haus am Rand des Schulgeländes. Der Vater ist ab und an zurück im Urwald, um Haus und Felder zu verkaufen. Die Familie hat einen neuen Lebensabschnitt angetreten. Und Rosita humpelte weiterhin auf einem Bein bzw. mit Gehstöcken auf dem Schulhof herum. Sie hat inzwischen ein sehr kräftiges gesundes Bei und massive Muskeln der Arme. Aber richtig laufen kann sie nicht.
Zwar gab es eine großangelegte staatliche Kampagne, behinderten Menschen zu helfen. Überall in den Medien wurden die Prothesen gezeigt, die Menschen kostenfrei bekamen, die Rollstühle, die verteilt wurden und tausende von Bürgern bekamen ihr Zertifikat als behinderte Menschen, was ihnen viele Erleichterungen im täglichen Leben verschafft. Doch an Indianern scheint die Aktion vorbei gegangen zu sein. Alle Versuche der Familie, eine Prothese für das Kind zu erhalten, scheiterten. Also waren wir wieder einmal gefragt.
Und so kam Rosita nach Neujahr mit nach Quito. Wir fanden eine Herberge für Indianer, wo sie geschützt versorgt werden. Andernfalls werden sie schnell Beute von Gaunern. Dann ging sie zusammen mit ihrem Bruder, der sie begleitete zu einer Stiftung. Dort wurde die Prothese angefertigt. Nach 3 Wochen war alles angepasst, die Krankengymnastin zeigte ihr das Gehen und stolz hat sie neue Schuhe und eine neue Hose getragen. Man merkt kaum, dass sie Schwierigkeiten beim Gehen hat. Zwei Wochen später rennt sie sogar schon mit anderen Kindern auf dem Schulhof herum. Die Gehstöcke stehen zu Hause für den Notfall.
Dank an alle, die uns bei solchen Projekten tatkräftig unterstützen. Wir treten da ein, wo andere die Not nicht sehen. Danke, dass wir da helfen konnten.

Beobachtungen

Wir sind jetzt viele Jahre in Ecuador und haben vielen Menschen heiraten sehen. Als Mitarbeiter in Gemeinden haben wir auch einen Einblick in die Vorbereitung zur Ehe und wir haben unsere Erfahrungen gemacht. Viele Ehen begleiten wir seit Jahren, andere sind längst auseinander gegangen und beide Partner sind eine neue Verbindung eingegangen. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um eine hohe soziale Schicht oder einfache Leute ohne große Schulbildung handelt. Am Stabilsten sind wohl die Ehen im Urwaldgebiet. Auf einen einfachen Nenner gebracht: In Lateinamerika werden Ehen recht schnell und ohne die genügende Vorbereitung geschlossen. Den Reifungsprozess machen die Eheleute in den ersten Anfangsjahren durch. Da kracht es dann mehrfach und gründlich. Meist sind dann auch schon Kinder da. Da zieht er aus oder sie geht zu ihren Eltern zurück. Und nach einigem Hin und Her finden dann beide zu einem modus vivendi.
Haupthinderungsgrund ist die Verbindung zu den Eltern. Frisch Verheiratete gehen in den ersten Jahren selbstverständlich am Sonntag zum Mittagessen zu den Eltern, besonders, wenn beide berufstätig sind. Vater und Mutter freuen sich und es bleibt wenig Zeit für ein Eigenleben der beiden. Wenn er beispielsweise auf Reisen geht, wohnt sie in der Zeit bei Mutti. Beim ersten Kind ist selbstveständlich die Mutter dabei und dirigiert diese Zeit. Da ist der Mann ein Fremdkörper. Und kommt es gar zu einer Auseinandersetzung der Eheleute, müssen oft die Eltern Schiedsrichter spielen.
Dabei spielt es keine große Rolle, ob die beiden Christen sind oder nicht. Natürlich wird den beiden die innere Trennung von den Eltern als Grundvoraussetzung für eine funktionierende Ehe erklärt. Doch was die Worte bedeuten: Der Mann soll Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen...!, das verstehen Latinos ganz anders als andere Kulturen. Manchmal meinen wir, sie verstehen es überhaupt nicht.
Ein zunehmendes Problem ist, dass Berufstätige keine Kinder mehr wollen. Der eine will, der andere nicht oder die Eltern einer der Partner machen so lange Druck, bis es zum Zerbruch kommt. Meist endet so eine Verbindung schon nach gut einem Jahr.
So sehen wir in den ersten Ehejahren ein heftiges Ringen, manchmal ein Verlassen und wieder Zusammenfinden der beiden. In dieser Zeit ist es wichtig, dass beide einen Gesprächspartner des Vertrauens haben, eine Person, bei der sie sich neutral ausheulen können und den Frust loswerden. Dann sind sie auch bereit zurück zu gehen und neu anzufangen. Wichtig ist, dass wir ihnen Mut machen, den Partner nicht zu verlassen. Wenn die ersten zwei - drei Jahre überstanden sind, wächst etwas zusammen und sind sie stabil. Dann werden das die vorbildlichen Ehen, die anderen Halt geben. So schickte etwa eine Mutter ihre pubertierenden Kinder einzeln zur älteren, verheirateten Schwester, damit sie "wieder normal würden". Dort haben sie entscheidende Anstöße bekommen. Oder aber, das Reinreden der Eltern und das ewige Schwiegermutterproblem nimmt gar kein Ende, dann ist alle 2 - 3 Monate "Holland in Not" und ein Seelsorger einige Stunden und Tage mit dem Kitten der Risse beschäftigt.
Eine Verlobungszeit, so etwas wie eine monatelange Vorbereitungszeit, das kennt man hier kaum. Viele heiraten schon wenige Wochen nach dem Kennenlernen. Also muss der Prozess später nachgeholt werden. Auch das ist Aufgabe von Missionaren, hier Blitzableiter zu spielen.